Silberband 056 - Kampf der Immunen
weiß, meine Bemerkung war nicht angebracht. Trotzdem möchte ich dich bitten, daß du mich nicht bedrängst, bevor meine Bedenkzeit abgelaufen ist.«
Er küßte sie zärtlich. »In Ordnung, ich werde bis morgen warten.«
Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, bemerkte er aus den Augenwinkeln einen Schatten über sich. Ohne zu überlegen, zog er seinen Paralysator und schoß nach dem Ding, das im Zickzackkurs den Korridor hinunterflog. Aber er verfehlte sein Ziel.
Torston konnte sich denken, worum es sich bei dem fliegenden Etwas gehandelt hatte. Er starrte zu der Tür, hinter der die Kabine des Cheborparners lag, und überlegte sich, ob er ihn zur Rede stellen sollte. Er hatte gute Lust, dieser Karikatur eines Ziegenbocks klarzumachen, daß er das Leben seines siganesischen Freundes gefährdete, wenn er ihn als Spion auf ihn ansetzte.
Da Torston noch mehr als eineinhalb Stunden bis zur Lagebesprechung blieben, nahm er sich vor, Kelvin Armstrong in der Psychiatrischen Klinik aufzusuchen. Torston hatte herausgefunden, daß man den Verdummten ersten Grades nach der mißglückten Revolte in der Ezialistischen Abteilung zur Behandlung in die Psychiatrische Klinik gebracht hatte. Der Mann, der durch die Bildungslehrgänge einen Großteil seiner früheren Intelligenz zurückgewonnen hatte, war für seine weiteren Pläne noch von Wichtigkeit. Deshalb nahm er das Risiko einer Entdeckung auf sich und setzte sich mit ihm in Verbindung.
Auf dem Weg zur Psychiatrischen Klinik begegnete er einigen USO-Spezialisten aus der Mannschaft von Quinto-Center. Er war ihnen kein Fremder mehr, denn durch die von Torston betriebene Flüsterpropaganda wußten sie, daß er jederzeit gerne bereit war, über die Pläne der Paradiessucher zu diskutieren. Die meisten von ihnen grüßten ihn, einige freundlich, der überwiegende Teil jedoch zurückhaltend.
Torston erreichte die Psychiatrische Klinik auf einigen Umwegen. Er hatte den Weg durch abgeschlossene Sektionen und über konventionelle Aufzüge gewählt, um den Siganesen an einer Verfolgung zu hindern.
Wenige Minuten später hatte er durch harmlos wirkende Gespräche mit Verdummten ersten Grades, die hier einfache Hilfsdienste verrichteten, herausgefunden, in welcher Zelle man Kelvin Armstrong untergebracht hatte. Er erfuhr sogar, daß eine Visiphonverbindung zu ihm bestand.
Torston begab sich in einen der vielen unbenutzten Räume, in denen sich ein Bildsprechgerät befand, und wählte die Nummer von Armstrongs Zelle. Torston hütete sich, die Bildsendung einzuschalten – ihm war es lieber, wenn er am anderen Ende der Leitung nicht gesehen werden konnte. Immerhin bestand die Möglichkeit, daß man die Zelle überwachte.
»Hier spricht ein Freund, Kelvin«, begann Torston, kaum daß die Verbindung bestand. »Ich habe gehört, daß man Ihnen arg mitgespielt hat.«
»Wer ist dort? Was wollen Sie?« fragte Armstrong.
»Ich bin ein Freund und möchte Ihnen helfen.«
»Dann holen Sie mich hier raus, damit ich es diesen Übergescheiten zeigen kann.«
»Ich werde Sie herausholen«, versprach Torston. »Aber noch nicht jetzt. Vielleicht morgen. Das hängt davon ab, wie sich die Dinge entwickeln.«
15.
Vierundzwanzig Stunden waren seit dem Eintreffen der ZAMORRA-THETY in Quinto-Center inzwischen vergangen. Man schrieb den 21. Oktober 3441.
Im Hauptquartier der USO herrschte eine spannungsgeladene Atmosphäre.
Ein Großteil der Paradiessucher hielt sich in den Freizeiträumen auf. Sie trieben sich in den Messen, den Kasinos, den Stadien, dem Erholungsgebiet mit Naturlandschaft und künstlicher Sonne und in den Hobbyräumen herum. Anfangs hatten sie sich den Spezialisten, die aus eigenem Antrieb zu ihnen gekommen waren, zur Diskussion gestellt.
Die Paradiessucher versprachen sich davon, daß die USO-Spezialisten ihnen in Scharen zuströmen würden. Doch der gewünschte Erfolg blieb aus. Die Versprechungen waren zu nebulös – die Schwärmereien über eine neue Zukunft auf einem Paradiesplaneten nicht genügend realitätsbezogen. Wo liegt die Paradieswelt? Wir werden sie suchen. Wie sieht eure Weltordnung aus? Wir werden eine gänzlich neue Ordnung schaffen. Auf konkrete Fragen wurden nur ausweichende Antworten gegeben. Das befriedigte die USO-Spezialisten nicht.
Als Admiral Cadro Tai-Hun von seinen Leuten erfuhr, daß sie nicht weiterkamen, gab er das Zeichen für den aktiven Einsatz.
Damit erloschen die Freundlichkeit und die Geduld der Paradiessucher. Um Punkt 22 Uhr
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