Silberband 061 - Terra im Brennpunkt
Wald antrat. Rechts und links der endlosen Kolonne marschierten bewaffnete Roboter, entweder vorprogrammiert auf ihre Aufgabe oder von Kommandostellen aus direkt ferngesteuert. Jedenfalls reagierten sie unverzüglich, wenn einer der Gelben Eroberer dem Rand der fast fünfzig Meter breiten Straße zu nahe kam: Sie jagten ihn in die Marschkolonne zurück.
Atlan und Ras – beide unsichtbar und ständig ihren Standort verändernd, um nicht durch Zufall geortet werden zu können – taten die armen Geschöpfe leid, obwohl es nicht so aussah, als bestünde Gefahr für ihr Leben. Sie waren ein Stück vorausteleportiert und sahen weit in der Ferne die Spitze des seltsamen Zuges. Er kam nur langsam voran.
»Was halten Sie davon, Ras?«
»Jede Vermutung wäre in diesem Fall so gut oder schlecht wie die andere«, gab der Afroterraner zurück. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was geschehen soll. Die Gebäude, bei denen die Straße endet, sind von dieser Stelle aus noch vier Kilometer entfernt. Es wird dunkel sein, wenn die ersten dort ankommen. Ich habe Flutscheinwerfer gesehen, also wird nachts keine Pause eintreten. Aber wenn Sie mich fragen, was dort geschehen soll … Ich weiß es nicht.«
»Jedenfalls scheint man es eilig zu haben. Die armen Gelben werden ständig angetrieben, so als habe man keine Zeit. Zeit – wofür?«
»Vielleicht wissen wir es bald«, hoffte Ras.
Sie warteten, bis die Spitze des Zuges sie erreichte und langsam vorbeizog. Mancher Roboter ging so dicht an den unsichtbaren Männern vorbei, daß diese unwillkürlich ein Stück zurückwichen. Zum Glück erfolgte keine Ortung.
Die Geschwindigkeit, mit der sich die Gelben Eroberer in der Art von Schnecken voranbewegten, betrug etwa einen Kilometer pro Stunde. Das bedeutete für die bedauernswerten Geschöpfe eine große Anstrengung – und vielleicht war auch das beabsichtigt.
Atlan und Ras kehrten in ihr Versteck in den Bergen zurück, wo die Empfangsanlage inzwischen einwandfrei funktionierte. Der Verlauf des Marsches durch den Wald ließ sich nun auf den Bildschirmen verfolgen. Auf einem anderen Schirm war der rätselhafte Gebäudekomplex zu erkennen.
Zum Erstaunen Atlans gingen dort einige Veränderungen vor sich. Sie hatten zweifellos mit der bevorstehenden Ankunft der Gelben Eroberer zu tun.
Dächer glitten in Verschalungen und legten riesige Hallen frei, in denen ovale Becken sichtbar wurden, zu denen mächtige Rohrleitungen führten. Alle diese Rohrleitungen endeten in einem runden Gebäude, dessen Inneres jedoch vorerst den Blicken der Beobachter noch verborgen blieb.
Draußen neben der Straße verschwand plötzlich ein Stück der natürlich erscheinenden Landschaft und machte einem runden Fleck mit betonierter Oberfläche Platz. Der Durchmesser betrug etwa drei Kilometer. Ohne Zweifel handelte es sich um einen Raumhafen, der nach Belieben getarnt werden konnte.
»Was soll das bedeuten?« fragte Gucky verblüfft. »Erwarten sie vielleicht noch mehr Wabenraumer hier?«
Atlan schüttelte den Kopf. »Die sind zu groß dafür«, erinnerte er den Mausbiber. »Vielleicht wartet man auf ein anderes Schiff. Wir werden ja sehen …«
Der Abend begann zu dämmern, als die ersten total erschöpften Gelben Eroberer das Ende der Straße erreichten …
4.
Das Licht flammte auf. Obwohl sie alles nur auf dem Bildschirm beobachteten, mußten sie geblendet die Augen schließen. Aber es war nicht das Scheinwerferlicht selbst, das sie blendete, sondern die Reflexion von den schimmernden Dächern der Gebäude. Allmählich jedoch gewöhnten sich ihre Augen an die Helligkeit, und dann konnten sie alles noch viel besser sehen als in dem Dämmerlicht des sinkenden Tages.
Roboter trieben die gelben Schneckengeschöpfe in den Komplex hinein und teilten sie in verschiedene Marschkolonnen auf, von denen jede eine andere Richtung einschlug. Ausnahmslos jedoch verschwanden sie in fünf gleichartig aussehenden Hallen, deren Dächer nicht durchsichtig waren.
Die Eile, mit der das geschah, ließ Atlan sagen: »Der Wabenraumer hätte viel früher hier eintreffen müssen. Die Verzögerung scheint einer Katastrophe gleichzukommen, zumindest aber könnte sie eine herbeiführen. Wenn ich das Geschehen weiter zurückverfolge, könnte die Ursache in unserem Eingreifen bei den Geburtsvorgängen liegen. Wir haben ihren Plan durcheinandergebracht, ihr Konzept gestört. Ein Konzept, das vielleicht schon seit Jahrmillionen seine Gültigkeit besitzt
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