Silberband 066 - Kampf der Paramags
Von der Stadt war nicht mehr viel übriggeblieben; sie war ein einziges Ruinenfeld, und nur vereinzelt waren noch ganze Räumlichkeiten erhalten.
Dennoch konnten sich die Mutanten ein ungefähres Bild von der Stadt machen. Sie fanden heraus, daß keines der Gebäude höher als zweigeschossig gewesen sein konnte, daß es so etwas wie Verbindungsstraßen oder Plätze nie gegeben haben konnte, sondern daß die Häuser wie in einem Bienenstock aneinandergereiht waren.
Ishibashi hatte sich zu einer der Ruinen begeben, in der noch ein einzelner Raum erhalten war.
»Der Größe nach zu schließen, könnten die Paramags die Erbauer dieser Stadt gewesen sein«, meinte der Suggestor. »Der Zugang ist so niedrig, daß ein Asporco nicht aufrecht durchgehen kann. Auch der Raum erscheint mir für einen ausgewachsenen Asporco zu klein geraten. Er ist höchstens zwei mal drei Meter groß.«
»Es scheint, daß keiner der Räume größer war«, fügte André Noir hinzu. »Das beweist aber höchstens, daß die Asporcos nicht die Erbauer der Stadt gewesen sind, keineswegs jedoch, daß die Paramags einst hier gewohnt haben. Ich glaube sogar eher, daß die Paramags nichts mit dieser Stadt zu tun haben.«
»Und woraus schließt du das, André?« erkundigte sich Betty.
»Daraus, daß sich in dem Material, aus dem die Stadt erbaut wurde, überhaupt keine Spuren von PEW-Metall finden«, antwortete Noir. »Die Paramags aber, die das PEW-Metall für die Paratransdeformation benötigen, hätten sich bestimmt Verbindungsleitungen geschaffen, um schneller von einem Punkt der Stadt zum anderen gelangen zu können.«
»Diese Stadt muß schon seit vielen tausend Jahren verlassen sein«, sagte Betty. »Vielleicht waren die Paramags, als sie hier wohnten, noch gar nicht PEW-abhängig und beherrschten noch gar nicht die Paratransdeformation, sondern bewegten sich konventionell vorwärts.«
Noir schüttelte den Kopf. »Für aufrechtgehende Wesen haben sie einen denkbar ungünstigen Körperbau. Und daß sie sich auf allen vieren fortbewegt haben, dagegen sprechen ihre feingliedrigen Hände.«
»Selbst wenn die Paramags schon immer auf der Basis einer biomateriellen Symbiose gelebt haben, brauchten sie für den Bau ihrer Stadt kein PEW-Metall zu verwenden.« Betty hob beide Arme ihres Asporcokörpers und blickte Noir aus ihren Facettenaugen an. »Kannst du die Ausstrahlung der Paradox-Intelligenz wahrnehmen, André? Sie ist hier überall im Höhlengestein, rund um uns. Also gibt es in dieser Höhle genügend PEW-Adern, die die Paramags für die Paratransdeformation benützen könnten. Sie brauchten sich nicht erst künstliche Verbindungswege zu schaffen.«
»Das alles scheint mir im Augenblick gar nicht so wichtig«, warf Ralf Marten ein. »Ist euch nicht die besondere Anordnung der Stadt aufgefallen? Sie wurde nicht nur auf dem Boden, sondern auch über die Wände hinauf und entlang der Decke gebaut.«
»In der Tat, das ist eine recht eigenwillige Bauweise«, gab Betty zu und blickte sich um. Die ganze Höhle – selbst die Wände und die Decke – war von den Ruinen übersät. »Worauf willst du hinaus, Ralf?«
»Sieht es nicht ganz so aus, als sei diese Stadt einst den Gesetzen einer Hohlwelt unterworfen gewesen?« antwortete der Teleoptiker. »Es könnte sein, daß in dieser Höhle die Schwerkraft früher von allen Seiten gewirkt hat, so daß für die Paramags die Höhlenwandung immer ›unten‹ gewesen war.«
»Das ist ein Trugschluß«, ließ sich Wuriu Sengu hören. Er hatte die ganze Zeit über wie meditierend abseits von den anderen gesessen; jetzt kam er zu seinen Kameraden. »Die künstliche Schwerkraft hat schon immer, auch damals, als diese seltsame Stadt erbaut wurde, nur von einer Seite gewirkt. Das habe ich mit einem Blick durch die Mauern der von der Höhlendecke hängenden Gebäude festgestellt. Die Anordnung der Verbindungsgänge und die Öffnungen zwischen den einzelnen Räumlichkeiten beweisen, daß die Schwerkraft auch schon damals aus der gleichen Richtung gewirkt hat wie für uns jetzt. Was wir als ›unten‹ empfinden, war schon immer ›unten‹. Auch während der Landung auf Asporc und während des jahrtausendelangen Aufenthalts.«
Die acht Second-Genesis-Mutanten durchstreiften das Ruinenfeld, ohne irgendwelche Anhaltspunkte über die Vergangenheit des Magnetvolks zu finden. Die Zeit hatte alle Spuren der Kultur und Technik – soweit sie stadtintern waren – verwischt. Zurückgeblieben waren nur Ruinen, die
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