Silberband 070 - Gehirn in Fesseln
Das Lächeln, das der Sterbende in den letzten Sekunden seines dahinschwindenden Lebens sah, war unwirklich und erschütterte den Arkoniden. Niemand sonst war nahe genug heran, um diesen Ausdruck zu sehen, der über Rhodans Gesicht gehuscht war.
Atlan schrie über die Entfernung von zehn Metern: »Perry! Bist du wahnsinnig?«
Markhor de Lapal krümmte sich. Seine Finger schienen sich in Klauen zu verwandeln, als sich die Nägel in die Handballen bohrten. Der letzte Blick traf Perry Rhodan. Noch immer war im Gesicht des Mannes, der eine Sekunde später starb, ein Ausdruck fassungslosen Erstaunens zu sehen. Dann breitete sich die Ruhe des Todes über die hageren und verzerrten Gesichtszüge aus. Markhor de Lapal war tot.
»Ich bin nicht wahnsinnig, Atlan!« erwiderte Rhodan.
Der Gleiter sank zu Boden. Die Landetruppen der USO schlossen den Ring und waren jetzt nur noch hundert Meter von der kleinen Gruppe entfernt. Die Sonne strahlte senkrecht auf den weißen Beton und verwandelte die Landschaft in eine surrealistische Szene.
»Warum hast du ihn getötet?« wollte Atlan wissen. Seine Stimme zitterte vor schlecht verborgener Wut.
»Weil es keine andere Möglichkeit gab. Er wäre uns immer wieder entkommen!« antwortete Rhodan.
Atlan riß die Waffe aus dem Gürtel, vollführte eine halbe Drehung und deutete nacheinander auf die sieben Paralysegeschütze, die er sehen konnte.
»Hier«, schrie er wütend. »Ich habe einen schweren Paralysator. Der nächste Schuß hätte ihn getroffen! Und dort – schwere Strahler. Er wäre keine zwanzig Schritte weiter gekommen. Warum hast du ihn mit der Hochenergiewaffe töten müssen?«
Rhodan zog die Schultern hoch. »Soll ich das etwa als Kritik an meinen Handlungen auffassen, Freund Atlan?« brüllte er in sinnlosem Zorn. Sein Gesicht überzog sich mit verdächtiger Röte.
»Meinetwegen! Ich habe einen lebenden de Lapal haben wollen. Nur ein Lebender konnte uns sagen, was wirklich vorgefallen ist!«
»Ich weiß es ebenso gut, wie er es wußte!« beharrte Rhodan und schaltete seinen Minikom ein.
»Aber er hätte uns wertvolle Auskünfte geben können! Hinweise von unschätzbarem Wert!«
Rhodan hob die Schultern und bohrte seinen Blick in das Gesicht des Arkoniden. »Jetzt ist es zu spät. Er ist tot!« Er winkelte den Arm an.
»Du bist«, sagte Atlan leise, als er sich Rhodan genähert hatte, »ein verdammter Narr! Zuerst erlaubst du dir eine Langmut, die uns allen die Tränen in die Augen getrieben hat, und dann, wenn es ernst wird, übertreibst du wie ein … wie ein … Mir fehlen die Worte. Ich glaube, dir ist ein Stück Felsen auf den Kopf gefallen, vor einigen Tagen, in der Antarktis!«
Rhodans Lächeln war kalt und unbeteiligt. »Das alles sind Dinge, die wir hier nicht diskutieren sollten, Atlan. Er ist tot, und das allein zählt.«
Atlan widersprach laut und deutlich. Er scherte sich nicht darum, daß mindestens zwei Dutzend seiner Leute und die ausgestiegene Besatzung des Gleiters jedes seiner Wörter hörten.
»Was allein zählt, du Barbar, ist, daß wir niemals erfahren werden, was eigentlich wirklich passiert ist. Und zwar von dem Augenblick an, da dieser Mann den Planeten Terra betreten hat.«
Rhodan warf Atlan einen ablehnenden Blick zu und sagte in das Mikrofon des Armbandgerätes: »Wir gehen, nachdem wir uns zurückgezogen haben, wie besprochen vor. Sämtliche Wissenschaftler werden verhaftet. Der gesamte Komplex der Industrie und der Nullzeitdeformator werden erbarmungslos vernichtet. Macht diese Anlage hier dem Erdboden gleich!«
Atlan schrie mit kalkweißem Gesicht: »Das ist alles, was dir einfällt?«
»So ist es. Ich kann mich nicht erinnern, daß der Großadministrator dir verantwortlich wäre. Ich habe angeordnet, daß du diesen Mann ungehindert hierherkommen lassen sollst. Dich kümmern meine Befehle nicht!«
Atlan zuckte zurück.
Er steht noch immer unter Schock. Sein Verstand scheint ernsthaft gelitten zu haben! sagte der Logiksektor.
»Ich bin immerhin Chef der USO und am Wohlergehen der Menschheit ebenso interessiert wie du!« sagte Atlan leise. »Ich jedenfalls bin der Überzeugung, daß du einen gewaltigen Fehler gemacht hast. Nimm zur Kenntnis, daß ich diesen außerordentlich merkwürdigen Zug deines Charakters bis heute nicht kennengelernt habe. Nur der Umstand, daß du durch den Schock des detonierenden Nullzeitdeformators teilweise nicht mehr Herr deiner selbst bist, kann verhindern, daß ich mich mit dir ernsthaft
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