Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
Tschubai teleportierten mit Professor Waringer und zwei weiteren Wissenschaftlern her. Rhodan hatte ihnen die Erlaubnis gegeben, weil keine unmittelbare Gefahr bestand und die Teleporter ihre Kräfte bis zu weiteren Einsätzen regenerieren konnten. Die anderen Mitglieder des Erkundungstrupps verteilten sich nach allen Seiten über das Plateau. Ras Tschubai kehrte zu den anderen Mutanten zurück, Gucky blieb bei Rhodans Gruppe. Der Großadministrator wagte sich an den Rand der Plattform heran, wich aber sofort wieder zurück.
»Die Planetenoberfläche liegt bestimmt sechstausend Meter tiefer«, behauptete Waringer, der ebenfalls einen Blick über den Rand riskierte. »Und die Felswand ist auf ihrer gesamten Länge, soweit man dies wegen der großen Distanz überhaupt erkennen kann, völlig glatt. Das kann unmöglich auf das Wirken der Eingeborenen zurückzuführen sein. Wenn dieser Fels überhaupt natürlichen Ursprungs ist, dann kann er nur mit modernsten technischen Hilfsmitteln geschliffen worden sein, und selbst das wäre eine Sisyphusarbeit.«
Rhodan sagte nichts darauf. Er ließ das Panorama dieser fremdartigen Landschaft auf sich einwirken. Es schien nicht so, als sei sie natürlich gewachsen. Es gab nur die hoch und steil aufragenden Felsgebilde in einer fast ebenmäßig verlaufenden Fläche. Das Flachland kannte keine Hügel und Täler und auch keine höheren ineinander fließenden Bodenerhebungen. Es gab keine Gebirgsketten, die die Ebene durchliefen, sondern nur die Felsgiganten, die untereinander nicht in Verbindung standen. Es sah fast so aus, als hätte ein Riesenbaby seine Bausteine achtlos über den Boden verstreut.
Von dem Hochplateau aus hatte Rhodan einen guten Überblick. Er sah viele der Felsgiganten, die von den Eingeborenen zu Festungen ausgebaut worden waren. Manche von ihnen waren dreitausend Meter hoch und höher – gelegentlich sogar bis fast sechs Kilometer hoch – und manchmal ebenso breit. Alle waren sie oben mehr oder weniger ebenmäßig abgeflacht, die Seitenwände durchweg steil und kaum ohne erhebliche Schwierigkeiten zu erklimmen.
Andere Felsen ragten nadelspitz in den Himmel, waren in den Flanken zerklüftet und zernarbt, und es boten sich nur verschwindend kleine Flächen für den Anbau von Getreide. Diese Felsnadeln wurden von den Mucierern für minderwertig erachtet. Stämme, die dort drinnen hausten, konnten sich kaum durch ihrer Hände Arbeit ernähren und lebten hauptsächlich von Raubzügen oder – wenn sie dazu zu schwach waren – von Frondiensten bei reicheren Stämmen.
Das wusste Rhodan durch die Aussagen der vier Mutanten, und so war für ihn ein klares Bild der Gesellschaftsordnung der Mucierer entstanden. Die breiten Felserhebungen, die durch weite und ausgedehnte Hochebenen abgeschlossen wurden, beherbergten die reichen Stämme, die zwangsweise auch mächtiger als alle anderen waren. Dieser Reichtum brachte ihnen aber auch Neid und Missgunst anderer Eingeborenenstämme ein, sodass sie auch viel gefährdeter waren.
»Da!«, rief Orana aus und deutete zum Himmel. »Sind das Vögel oder Mucierer?«
»Feuerflieger«, antwortete Gucky. »Aus ihren Gedanken spricht Angst. Sie sind vom plötzlichen Auftauchen der MARCO POLO tief betroffen. Die Neugierde treibt sie her, aber sie wagen sich nicht zu nahe heran. Etwas ist geschehen, was ihre abergläubische Furcht geweckt hat. Sie fühlen sich bedroht …«
»Du meinst, durch das Auftauchen der MARCO POLO?«, fragte Rhodan.
»Nein, es ist noch etwas anderes geschehen, was sie aber mit der MARCO POLO in Zusammenhang bringen«, sagte Gucky.
»Mit den Mucierern werden wir uns später beschäftigen«, sagte Rhodan. »Du kannst aber weiter in ihren Gedanken forschen, Gucky. Wir werden inzwischen die Lage sondieren.«
***
Sie schritten die Plattform ab, auf der die MARCO POLO gelandet war, und fanden heraus, dass es sich um eine exakt sechseckige Fläche handelte, deren Seitenlänge etwa 1.800 Meter betrug. Die sechstausend Meter hohen Seitenwände liefen nach unten konisch auseinander. Die Seitenlänge der Grundfläche wurde von den Technikern mit dreitausend Metern angegeben. Die wichtigste Entdeckung war jedoch zweifellos, dass es auf keiner der Seitenwände der Pyramide mit abgestumpfter Spitze eine sichtbare Öffnung gab. Man suchte sie mit stark vergrößernden Fernrohren ab, doch konnte man an ihnen nicht die geringste Unregelmäßigkeit feststellen.
Die Wissenschaftler kamen alle zu dem gleichen Schluss:
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