Silberband 079 - Spur des Molkex
Männer starrten sprachlos auf die Stelle, an der er sich eben noch befunden hatte. Dann stieß Paratü Hoplong mit meckernder Stimme hervor: »Einfach weg! Ich begreife das nicht …«
Der Klang seiner Worte schreckte Oberst Krohl aus der Starre auf. »Der Mutant hat die Kontrolle übernommen!«, stieß er hervor. »Kakuta ist Teleporter!« Er hob das Armbandvisiphon an den Mund und berührte einen Kontakt. »Alarmstufe eins!«, brüllte er. »Hier spricht Krohl! Alarmstufe eins!«
Die Alarmsirenen heulten auf. Krohl hastete den schmalen Decksgang entlang, Paratü Hoplong im Schlepptau, und erreichte in einem wilden Endspurt den Hauptantigravschacht, der die zentrale Achse des Raumschiffs bildete. Wenige Augenblicke später stand er auf dem Mitteldeck. Die Alarmsirenen schwiegen. Dafür befand sich die Mannschaft in heller Aufregung, denn noch wusste niemand, warum Krohl auf so dramatische Art verlangt hatte, Alarm schlagen zu lassen.
Im Kommandostand trat ihm der Erste Offizier entgegen. »Sir, wir sind startbereit«, sagte er. »Ich nehme an, das ist …«
»Hat jemand Kantenberg gesehen?«, fiel Krohl ihm ins Wort.
»Nein, Sir«, antwortete der Offizier verwundert.
»Er ist verschwunden«, knirschte Krohl, »vor meinen Augen! Es muss da eine Komplikation zwischen ihm und dem Bewusstsein des Mutanten gegeben haben.« Er gönnte sich ein paar Sekunden zum Nachdenken. Dann stand sein Entschluss fest.
»Zwei Dinge«, erklärte er. »Lassen Sie das Schiff nach Kantenberg durchsuchen. Wir müssen wissen, ob er sich noch an Bord befindet. Und schleusen Sie Ortersonden aus. Ich muss wissen, wo sich die pariczanischen Einheiten befinden, vor denen uns das Hauptquartier gewarnt hat. Sie sind startbereit, sagten Sie?«
»Jederzeit, Sir!« Das Gesicht nahm einen zweifelnden Ausdruck an. »Wollen Sie etwa trotz der Anweisung des Hauptquartiers …?«
»Auf Quinto-Center hat man keine Ahnung, was hier vorgeht«, unterbrach ihn Krohl. »Ich muss meine Entschlüsse auf eigene Faust treffen. Kantenberg steht im Verdacht, ein Agent im Dienste des Gegners zu sein. Wenn es ihm gelingt, sich die Fähigkeiten des Teleporters anzueignen, dann bedeutet er für uns eine ungeheure Gefahr.«
Der Erste Offizier wurde um eine Nuance blasser. Plötzlich erinnerte er sich an etwas. »Sie wurden übrigens dringend gesucht, Sir. Von einem Mitglied Ihrer Gruppe, einer Frau.«
»Zabel«, überlegte Krohl. »Das muss warten. Ich habe jetzt keine Zeit mehr …«
»Es klang äußerst dringend, Sir.«
»Gut, ich kümmere mich darum. Sorgen Sie dafür, dass das Schiff abgesucht und die Ortersonden ausgeschleust werden.«
Der Erste Offizier erteilte seine Befehle. Einige Männer machten sich daran, unterstützt von der Positronik, das Schiff mit Hilfe der überall installierten Überwachungskameras zu durchsuchen. Ein wenig unschlüssig stand Krohl an der Peripherie des Kommandoraums, neben ihm Paratü Hoplong, und ließ die hektische Aktivität der Besatzung an sich vorbeirauschen. Da hörte er plötzlich seinen Namen rufen. Zabel hatte den Kommandoraum von der anderen Seite her betreten und kam direkt auf ihn zu.
»Oberst!«, rief sie schon von weitem. »Etwas Entsetzliches ist passiert!«
Er ahnte, was sie auf dem Herzen hatte. Plötzlich wusste er, warum sie so dringend mit ihm hatte sprechen wollen.
»Was gibt es denn?«, fragte er.
»Kantenberg!«, stieß sie hervor. »Er ist ein Verräter!«
Krohls trauriges Lächeln brachte sie völlig aus dem Gleichgewicht.
»Wir wissen es«, sagte er ernst. »Aber wie sind Sie dahinter gekommen, Zabel?«
»Ich habe vor ein paar Tagen mit ihm gesprochen, in der Messe. Ich wollte ihn aus seiner Abgeschlossenheit herauslocken. Es war keine besonders ermutigende Unterhaltung. Er wurde anzüglich …«
»Kantenberg …?«, machte Hoplong überrascht.
»Eben«, beteuerte Zabel. »Ich war maßlos enttäuscht – von ihm selbst ebenso wie von meiner Menschenkenntnis, die mich anscheinend völlig im Stich gelassen hatte. Aber … Sie kennen meinen Fall, Oberst? Ich meine, die latente Psi-Fähigkeit …« Krohl nickte gelassen. »Ich glaube nicht, dass sie in dem Augenblick, in dem ich mit Kantenberg sprach, aktiv war. Aber später einmal muss sie für kurze Zeit erwacht sein. Ich rekapitulierte unsere Unterhaltung, und mir fiel auf, dass Kantenberg wahrscheinlich gar nicht hatte anzüglich werden wollen. Viel weiter kam ich nicht. Das psionische Licht ging wieder aus. Erst vor ein paar
Weitere Kostenlose Bücher