Silberband 079 - Spur des Molkex
uns abgefeuert hatte. Sie war dicht an uns vorübergegangen. Der Frachter beschleunigte weiter. Auf mich achtete in diesen Augenblicken niemand mehr. Ich stand bereit, beim nächsten Angriff des Laren an Bord seines Schiffs zu springen und im Kommandostand Verwirrung zu stiften, damit der Terraner entkommen konnte.
Ein paar bange Minuten vergingen. Der Lare stieß zum dritten Mal auf das terranische Raumschiff zu. Der Frachter verfügte über ein schwaches Schirmfeld, das inzwischen voll angefahren war. Gegen einen Volltreffer bot es keinerlei Schutz.
»Fertig zum Linearsprung!«, gellte die Stimme des Kommandanten.
»Sprungmanöver eingeleitet!«, antwortete eine zweite Stimme.
Mir kamen fast die Tränen. Ein uraltes Raumschiff, in dem Kommandant und Kopilot sich noch Informationen zuschreien mussten. Eine verbeulte Sardinenbüchse, in der die kritischen Manöver noch manuell eingeleitet wurden! Und dieses Museumsstück im Kampf gegen ein Kriegsschiff, das aus den Werkstätten der höchstentwickelten Technologie stammte.
Der Lare war heran. »Sprung in drei Seku…«
Der Rest erstarb im Tosen des Treffers. Ich hatte gesehen, wie sich der kleine, aber grelle Lichtpunkt des larischen Raumschiffs in eine lodernde Fackel verwandelte. Ich blickte direkt in das Mündungsfeuer des larischen Schwergeschützes. Unter mir hob sich der Boden. Ich hörte das Geräusch von reißendem Metall. Qualm erfüllte die Luft. Der Frachter schlingerte, und ich stürzte zu Boden. Alle Gedanken an einen Sprung zu dem Laren hinüber waren vorerst vergessen. Zunächst musste ich mich darum bemühen, nicht von den Aggregaten erschlagen zu werden, die überall aus ihren Halterungen rissen und auf mich zu stürzen drohten.
Ich erinnere mich nicht, wie lange ich so gegen das Chaos ankämpfte. Ich weiß nur, dass es plötzlich totenstill war. Ich richtete mich auf. An Bord herrschte wieder die gewohnte, irdische Schwerkraft. Um mich herum häuften sich die Trümmer von schweren Aggregaten. Die Luft war von Qualm erfüllt. Ich konnte kaum zwei Schritte weit sehen.
Da kam aus dem Dunst eine müde Stimme: »Wer noch lebt, soll sich melden …«
Da wusste ich, dass wir das Schlimmste hinter uns hatten. Der Linearraum hatte uns gerettet.
Ein Teil der Besatzung beschäftigte sich damit, die Trümmer aus dem Weg zu räumen und Reparaturen durchzuführen. Der Rest bemannte die Linearraumspürer und hielt nach dem Laren Ausschau. Es war durchaus möglich, dass er uns in das Zwischenkontinuum hinein verfolgte und dort zu Ende führte, was er im Einstein-Raum begonnen hatte. Wahrscheinlich war dem Kommandanten des larischen Schiffs inzwischen längst aufgegangen, dass Hotrenor-Taak mit seiner Beschuldigung, ich sei ein terranischer Mutant, doch Recht gehabt hatte. Er musste mich an Bord des terranischen Fahrzeugs vermuten. Wahrscheinlich war es die Wut des Betrogenen, die die beiden Angriffe gegen den Frachter ausgelöst hatte. Es sah fast so aus, als sei der Lare inzwischen wieder zur Besinnung gekommen. Er verfolgte uns nicht in den Linearraum. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist – ob er die Fahrt zum Hauptquartier des Hetos fortsetzte oder sofort nach Zabrijna zurückkehrte. Die Chronik meldet nichts von dem larischen Raumschiff, das unter so geheimnisvollen Umständen die Kriegswelt des Ersten Hetrans der Milchstraße verließ und Laafnetor-Breck mit sich nahm, auf dass er hinfort im Dienste der verhassten Terraner arbeite.
Nach einer knappen Stunde stand fest, dass der altersschwache Frachter zwar ziemlich schwer beschädigt, aber vorläufig noch uneingeschränkt raumflugtauglich war. Man würde ihn nach dem Auftauchen aus dem Linearraum in die nächste Werft bringen müssen; aber das scherte mich nicht. Ich war sicher, dass ich nicht allzu lange an Bord bleiben würde. Als sich die Lage einigermaßen normalisiert hatte, beschäftigte sich der Kommandant des Fahrzeugs von neuem mit mir.
Ich hatte den Kommandostand nicht verlassen. Es gab noch Leute, die mich misstrauisch betrachteten. Aber im Allgemeinen hatte man sich an den Gedanken gewöhnt, dass ich – ob Lare oder nicht – wahrscheinlich keine Gefahr bedeutete.
Der Kommandant fing die Sache recht geschickt an. »Ich bin Neyman Rugocsak«, sagte er, weiter nichts, und hatte damit das Recht erworben, nun auch meinen Namen zu erfahren.
»Ich heiße Tako Kakuta«, antwortete ich.
Er sah mich an, als hätte er eine ähnliche Antwort erwartet. Auf seiner Stirn bildete sich
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