Silberband 080 - Menschheit am Scheideweg
ein derart wertvolles Vermächtnis der Erde, dass es fast ein Verbrechen gewesen wäre, es aus der momentanen Begeisterung für Paradise heraus verkommen zu lassen. Spätere Generationen konnten unter Umständen darauf angewiesen sein.
Der Kommandant eilte in die Hauptleitzentrale zurück und verriegelte die Schleusen. Dann erst rief er Pelpto Papp an. Mit knappen Worten unterrichtete Danzien Germell ihn über die drohende Gefahr.
»Wir haben noch kein schlechtes Wetter auf Paradise erlebt, Pelpto. Wir sollten vorsichtig sein.«
»Ich werde eine Warnung hinausgehen lassen.«
»Denken Sie vor allem an die Leute, die weiter unten beim Fluss wohnen. Es könnte sein, dass er über seine Ufer tritt.«
»Warum so pessimistisch, Danzien?« Pelpto Papp lächelte breit. Er war von der Sonne tief gebräunt und sah gesünder aus denn je zuvor. »Sie zweifeln doch wohl nicht an unserem Paradies?«
»Ein wenig, Pelpto.«
Papp wollte etwas erwidern, doch das Donnergrollen eines heraufziehenden Gewitters lenkte ihn ab. »Das klang nicht gut«, gab er zu. »Ich muss mich beeilen. Ich melde mich später wieder.«
Er schaltete ab. Germell blickte zum Panoramaschirm hinauf, der ihm ein übersichtliches Bild der gesamten Szenerie bot. Er hatte ein ungutes Gefühl. Die Siedler waren allzu begeistert von Paradise. Sie waren leichtsinnig geworden. Niemand konnte sich vorstellen, dass dieser Planet auch seine Schattenseiten hatte.
Es begann zu regnen. Damit verschlechterte sich die Sicht. Zu Anfang sah noch alles harmlos aus, aber dann öffnete der Himmel seine Schleusen, und eine wahre Wasserflut stürzte über Paradise City herab. Oberst Germell konnte kaum noch etwas erkennen. Er hielt es nicht mehr in der Zentrale aus. Er eilte zur Peripherie des Schiffs und stieg in einen Kampfgleiter. Die schwere Hochleistungsmaschine raste in den Regen hinaus, ohne von ihm beeinträchtigt zu werden. Doch schon bald verringerte der Oberst die Geschwindigkeit. Er konnte nichts mehr sehen. Der Gleiter flog durch eine Wasserwand. Etwas Vergleichbares hatte Germell nie zuvor gesehen. Er hatte das Gefühl, mitten in einen Wasserfall hineingeraten zu sein.
Allmählich tastete er sich an die ersten Häuser der Stadt heran. Und dann sah er, welche Katastrophe das Unwetter auslöste. Die Häuser waren auf einem Untergrund errichtet worden, der einer derartigen Regenschwemme nicht gewachsen war. Er wurde ausgewaschen, und die Gebäude rutschten auf den Fluss zu.
Germell landete neben einem Mann und zwei Frauen, die sich verzweifelt durch einen morastigen Boden kämpften, der langsam und stetig unter ihnen weg zum Fluss hin rutschte.
»Kommen Sie hierher!«, schrie der Kommandant und stieß die Türen auf. Der Gleiter schwebte Zentimeter über dem Matsch. Germell sprang hinaus. Er versank sofort bis zu den Oberschenkeln im Dreck. Mühsam arbeitete er sich zu den beiden Frauen vor. Er schleppte sie zum Gleiter zurück. Dann half er dem Mann, der bereits vollkommen erschöpft war.
Germell ließ sich auf seinen Sitz sinken. Er wusste nicht, wohin er die Geretteten bringen sollte. Es wäre sinnlos gewesen, zum Raumschiff zu fliegen, denn zur gleichen Zeit waren vermutlich Tausende von Menschen in ähnlicher Gefahr.
Er zögerte. »Wissen Sie einen Ort, der hoch genug liegt, um sicher zu sein?«, fragte er. Die Geborgenen antworteten ihm nicht. Eine der Frauen war ohnmächtig geworden. Der Mann lag apathisch in einem Sitz.
Jetzt endlich begriff Germell, dass nur eine groß angelegte Rettungsaktion wirkliche Hilfe für Paradise City bringen konnte. Die Gefahr war weitaus größer, als er bisher angenommen hatte. Das Unwetter ließ keineswegs nach. Der Regen fiel eher noch dichter. Die Stadt würde nicht überleben, wenn er nicht die ganze Macht der MEBRECCO ins Feld warf. Die Erkenntnis dieser Tatsache war ein Schock für ihn. Sie vernichtete alle bisherige Begeisterung für den Planeten, machte schlagartig klar, dass diese Welt nicht ohne Schattenseiten war.
Germell riss den Gleiter herum und beschleunigte mit Höchstwerten. Innerhalb weniger Minuten jagte er zum Raumschiff zurück. Der Autopilot lenkte ihn sicher in die erste Schleuse hinein. Der Oberst sprang aus der Maschine, ohne sich um die Geretteten zu kümmern. Er rannte zur Hauptleitzentrale und aktivierte die Roboter des Schiffs. Danach erweckte er Hunderte von Gleitern zum Leben. Die Maschinen flogen zusammen mit den Robotern aus den offenen Schleusen und senkten sich über der Stadt hinab,
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