Silberband 080 - Menschheit am Scheideweg
und sah den Mann mit dem Kapuzenmantel, der sich wie ein Wilder auf ihn stürzte.
Zuerst sah er nur das unterarmlange Vibratormesser in seiner Hand, dann erkannte er das wutverzerrte Gesicht Laptirs.
»Jetzt werde ich es dir heimzahlen!«, brüllte er in ungezügeltem Hass.
Aus einem der Kriechbäume sprang ein Wachtposten mit einem Paralysator. Doch noch bevor er auf Laptir schießen konnte, hatte dieser Kenson erreicht. Laptir stieß mit dem Vibratormesser nach ihm. Kenson wich aus, spürte einen brennenden Schmerz in der Seite und vernahm das leise Pfeifen, als die vibrierende Klinge den Stoff seines Gewands zerfetzte. Er schlug mit der Handkante nach Laptirs Waffenarm, woraufhin dieser das Vibratormesser mit einem Schmerzensschrei fallen ließ. Die Klinge tanzte über den Boden und bohrte sich dann in den Stamm eines Baumes.
Kenson wollte sich wieder auf seinen Gegner stürzen. Doch da war einer der Wachtposten da und bändigte ihn mit Ablonths Unterstützung.
»Los, bringt ihn hinein!«, verlangte der Mittelsmann, der sie hergebracht hatte. Laptir wurde unsanft durch das Tor gestoßen, das sich hinter ihm sofort wieder schloss.
»Was ist denn in dich gefahren Laptir?«, erkundigte sich Ablonth.
»Du hast mich angeschwärzt!«, schrie er ihn an. »Alle meiden mich, behandeln mich wie einen Aussätzigen. Und selbst Evargher tut, als sei ich gestorben. Das habe ich dir zu verdanken, Kenson. Dafür bringe ich dich um!«
»Dann wäre es wohl am besten, die Sache gleich zu bereinigen«, meinte Kenson.
»Was geht hier vor?« Thorg Evargher erschien am Eingang des Hauses. Er gab Ablonth und dem Wachtposten einen Wink, dass sie Laptir loslassen sollten. Dann ließ er sich in Stichworten erzählen, was vorgefallen war.
»Deshalb hat man dich nicht zu Hause angetroffen, Laptir«, sagte Evargher. »Habe ich dir nicht aufgetragen, dass du auf Nachricht von mir warten sollst?«
»Ich dachte …«
»Was auch immer, du hast falsch gedacht. Kommt jetzt ins Haus.«
Als sie in der schwach beleuchteten Halle waren, sagte Evargher zu Laptir: »Ich meine, dass du dich etwas ausruhen solltest, bis deine Erregung abgeklungen ist. Ich werde dir eine Beruhigungsspritze geben lassen. Wenn du wieder wach bist, werden wir uns über deine weitere Verwendung unterhalten.«
»Jawohl«, sagte Laptir und ließ sich widerstandslos fortbringen.
»Kommt«, wandte sich Evargher an Kenson und Ablonth. »Ihr müsst unbedingt die herrliche Aussicht genießen, die wir von hier haben.«
Die ›herrliche Aussicht‹ war ein Ausblick auf die keine zwei Kilometer entfernte Pyramide, über der gerade ein kleinerer Verband von SVE-Raumern schwebte, um die Anzapfungs-Polungsblöcke aufladen und justieren zu lassen. Als der Energieschlauch von der Pyramidenspitze zu einem Larenschiff zum ersten Mal aufleuchtete, wandten sie sich geblendet ab und verließen die Aussichtsplattform.
Sie fuhren mit einem Antigravlift in die Tiefe. Die Fahrt dauerte überraschend lange.
»Ist der Lift so langsam, oder warum sonst fahren wir so lange?«, fragte Kenson.
»Ist das so schwer zu erraten?«, fragte Evargher lächelnd zurück.
Der Lift hielt an, eine Öffnung tat sich in der Schachtwand auf. Sie kamen in eine Höhle.
»Ach so«, meinte Kenson. Er blickte Evargher fragend an. »Wie tief unter der Oberfläche sind wir hier?«
»Fünfhundert Meter«, antwortete Evargher. Er ging tiefer in die Höhle hinein, die verlassen schien. In einer Ecke stand ein Atomreaktor, der genug Energie lieferte, um einen ganzen Stadtteil von Baretus zu versorgen.
»Ist es nicht gefährlich, einen Reaktor so nahe bei den Laren zu betreiben?«, fragte Ablonth. »Ich meine, bei ihrer Technik müsste es ihnen ein Leichtes sein, seine Energieemission anzupeilen.«
»Wir sind weit genug vom Schuss«, behauptete Evargher. »Wir haben alles von langer Hand geplant, glaub mir. Außerdem haben wir an exponierten Stellen überall Entstörungs- und Störgeräte eingebaut. Erzieff Brison hat uns das Material geliefert. Er hat es aus aufgelassenen USO-Stützpunkten geholt. Nein, die Laren fürchte ich nicht. Laptir macht mir mehr Sorgen. Ich habe eigentlich gedacht, dass er schneller darüber hinwegkommen würde, dass du ihn einen Feigling genannt hast, Wargor.«
»Ich kenne ihn besser«, sagte Kenson. »Er wird das nie vergessen. Und wenn er sich an mir nicht rächen kann, wird er seine Wut an unserer Organisation auslassen.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, meinte Evargher.
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