Silberband 081 - Aphilie
draußen im Gang ein Geräusch zu hören. Schlurfende Schritte näherten sich, dann betrat Trailokanat den Raum.
»Wie habt ihr euch entschieden?«, fragte er.
Sergio übermittelte ihm den gemeinsamen Entschluss.
»Ich verstehe euer Misstrauen«, antwortete der Thai, »versichere euch jedoch, dass es unangebracht ist. Trotzdem gehe ich auf die Bedingungen ein.«
Er ließ sich in einen Sessel fallen, der Sergio und Sylvia gegenüberstand. »Wollt ihr gleich beginnen?«, fragte er.
»Gibt es hier ein Aufnahmegerät?«
»Sicherlich.« Trailokanat lächelte. »Es läuft, seit ich den Raum betrat. Ihr könnt jederzeit anfangen.«
Sergio nahm den Blaster in die Hand und warf Sylvia einen auffordernden Blick zu. Die Frau lehnte sich in die weichen Polster zurück und schloss die Augen. Sekunden vergingen, dann begann sie zu summen. Es war dieselbe Melodie, die sie in der Nacht unter den Bäumen gesungen hatte.
Endlich fing sie an zu sprechen. »Nun aber hört. Da waren einst Menschen, die einander liebten …«
20. Juli 3540, alter Kalender, allgemeine Zeit.
Im Arbeitsraum des Großadministrators, Kernzone Imperium-Alpha, leuchtete ein Hologramm auf. Perry Rhodan las:
»An Exec-1 zur Kenntnisnahme: Aufgrund der lawinenartig überhand nehmenden Gesetzesübertretungen trivialer Art hat das Amt für innere Sicherheit von seinen Vollmachten Gebrauch gemacht und über alle Regionen mit einer Bevölkerungsdichte von mehr als fünfhundert Seelen pro Quadratkilometer das beschränkte Ausnahmerecht verhängt. Künftig sind Beamte der Ordnungstruppe berechtigt, verdächtige Bürger ohne Haftbefehl gefangen zu nehmen und dem Untersuchungsrichter zu überstellen, der innerhalb von vierundzwanzig Stunden darüber zu entscheiden hat, ob die Festnahme mit oder ohne Begründung geschah.
Nach Aufforderung des Amtes für innere Sicherheit tritt in wenigen Stunden der Justizausschuss des Senats zusammen, um über eine Vorlage zu entscheiden, nach der die gesetzlichen Mindeststrafen für Trivialvergehen drastisch erhöht werden sollen.
Das Amt für innere Sicherheit weist darauf hin, dass die Lage in der Bevölkerung überaus ernst ist. Einem weiteren Ansteigen der Zahl der Trivialvergehen muss so nachhaltig wie möglich Einhalt geboten werden, oder es ist für immer zu spät.
Gezeichnet Exec-4, Galbraith Deighton.«
Eine volle Minute lang starrte Rhodan auf den Text, bis die Schrift von selbst erlosch. Die Gedanken, die ihn jetzt bewegten, waren alles andere als freundlicher Natur. Es erschien ihm, als suche eine heimtückische Seuche ihre Opfer unter den Menschen. Plötzlich waren sie wie von einer Sucht besessen, ihren Nachbarn Schaden zuzufügen. Eine nie zuvor gekannte Gehässigkeit hatte sich ihrer bemächtigt. Die Ordnungsdienste waren überlastet und konnten kaum noch allen Beschwerden nachgehen, wenn jemand aus unerfindlichen Gründen eine Schlägerei begonnen, eine Ladeneinrichtung in sinnloser Wut zertrümmert oder Ware ohne Bezahlung bezogen hatte. Ein Ungeist war in die Menschen gefahren.
Angefangen hatte es vergleichsweise mild, und zunächst waren die Statistiker überzeugt gewesen, dass sie es nur mit einer kurzlebigen Erscheinung zu tun hatten. Aber die Zahl der Trivialvergehen, wie Galbraith Deighton die Vorfälle nannte, war unaufhörlich angewachsen.
Die Wissenschaftler waren ratlos. Zu Hunderten waren die Gesetzesbrecher von medizinischen und psychologischen Spezialisten untersucht worden. Ihnen fehlte nichts, sie waren durch und durch normale Menschen – nur dass ihnen ein gewisser Maßstab plötzlich abhanden gekommen war, die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.
Perry Rhodan aktivierte den Rundruf: »Exec-eins an alle Execs! Angesichts der bedrohlichen Lage berufe ich eine Sondersitzung des Exekutivrats ein. Wir treffen uns um achtzehn Uhr allgemeiner Zeit am üblichen Ort. Ich erwarte vollzähliges Erscheinen.«
Wenigstens einhundert Menschen sahen den Alten stürzen. Die Situation war nicht etwa gefährlich – er lag einfach da, und das Transportband trug ihn weiter mit sich fort. Wo es zu Ende war, würde es ihn mehr oder weniger sanft auf festem Boden absetzen.
So viel Geduld brachte der Alte aber nicht auf. Sei es, dass er überhaupt nicht bis ans Ende des Bandes wollte, sei es, dass ihm seine Lage unwürdig erschien. Jedenfalls versuchte er, sich aufzuraffen und wieder auf die Beine zu kommen.
Er mochte etwa einhundertundfünfzig Jahre alt sein, wirkte gebrechlich und
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