Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln
Walters Augen blieben ausdruckslos. »Sie reden, als würden Sie Rhodan kennen, dabei sind Sie zu jung, ihn jemals gesehen zu haben.«
»Mir wurde viel Gutes von Rhodan berichtet«, antwortete Kalteen ausweichend.
Später, als die ersten Arbeitskommandos heimkehrten und die Rationen verteilt wurden, füllte sich der große Raum. Nach Stunden stellte sich heraus, dass eine Gruppe fehlte.
»Sie hatten Pech«, behauptete einer. »Ihr Wagen kippte in eine Spalte und kam nicht mehr flott. Auf ihren Notruf kam niemand zu Hilfe. Wir können sie also abschreiben.«
Kalteen beugte sich vor und schaute ihn ungläubig an. »Warum haben Sie nichts unternommen, wenn Sie es so genau wissen?«
»Ich?« Der Mann schüttelte verwundert den Kopf. »Ich musste meine Arbeitsnorm erfüllen, da blieb keine Zeit. Aber das werden Sie auch noch verstehen. Es ist die Aufgabe der Überschweren, auf uns aufzupassen.«
Kalteen lehnte sich wieder zurück. »Also ist jeder auf sich selbst angewiesen und niemand verpflichtet, anderen zu helfen. Das werde ich mir merken.«
Walter nickte ihm zu. »Bestimmt gibt es Ausnahmen«, murmelte er tonlos.
Am anderen Morgen wurden sie einer Gruppe von fünf Männern zugeteilt, die schon den Weg zu den Schwammgründen kannten. Wortkarg kam eine Vorstellung zustande.
Vor der Schleuse wartete ein schwerer Geländewagen mit Raupenketten, kein modernes Gleitfahrzeug. Die Kabine konnte nicht einmal hermetisch verriegelt werden, sodass die Helme der Schutzanzüge geschlossen bleiben mussten.
Langsam kroch das Fahrzeug auf die Schleuse zu, hinter der Saturns eisige Hölle wartete.
Kalteen nutzte die Zeit, sich die Schicksalsgefährten anzusehen. Der Mann ihm gegenüber hieß Coresan; er machte einen unsicheren und ängstlichen Eindruck. Neben ihm saß ein glatzköpfiger Hüne mit groben Zügen und Händen wie Schaufeln. Sein Nachbar auf der anderen Seite, ein schmächtiger Bursche, redete ihn mit ›Siral‹ an.
Das Innenschott der Schleuse schloss sich, dann glitt die Außenwand beiseite. Shmitten fuhr mitten hinein in die wirbelnden Eiskristalle eines Orkans, der den Wagen umzuwerfen drohte. Die Sicht betrug nur wenige Meter.
»Besonders schlimm heute«, schimpfte Shmitten. »Ich fahre die Abkürzung.«
»Nicht das!«, protestierte Coresan schrill. »Viel zu gefährlich! Ich nehme lieber kleinere Rationen in Kauf, als nicht zurückzukehren.«
»Coresan hat Recht«, pflichtete Siral bei. »Beim letzten Mal hatten wir schon verdammtes Glück, heil durch den Kristallwald zu kommen.«
Kalteen fragte: »Was ist das für ein Wald?«
»Keiner weiß es wirklich. Es sind wohl Kristalle, die wie Bäume aussehen, aber bei der leichtesten Berührung zerspringen. Wer sich dann in ihrer Nähe aufhält, ist erledigt. Vielleicht sind die Gewächse sogar mutierte Bäume. Die Überschweren wollten mit biochemischen Methoden die Oberfläche des Saturn kultivieren und Pflanzen züchten, die in der Hölle überleben können.«
»Können sie uns im Wagen gefährlich werden?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Dann soll Shmitten die Route wählen, die er für richtig hält.«
Rechter Hand wuchs ein höheres Gebirge auf, das den Sturm milderte. Die Eiskristalle wuchsen dafür umso dicker. Der Wagen dröhnte mühsam vorwärts.
»Wir können immer noch den sicheren Weg nehmen«, schlug Coresan vor.
»Eben«, knurrte Shmitten ungerührt. »Heute verwischen alle Markierungen.«
Unvermittelt gab die scheinbar feste Eisdecke nach. Der Wagen rutschte seitlich weg und blieb stecken. Shmitten schaltete sofort den Leerlauf ein.
»Mit dem Antrieb allein würden wir uns nur noch tiefer einbuddeln. Steigt aus und schiebt!«
Das Raupenfahrzeug lief Gefahr, in dem weißen Meer allmählich zu versinken. Je mehr Zeit verstrich, desto geringer wurde die Aussicht, wieder freizukommen.
»Wir müssen es versuchen!« Kalteen erhob sich und schauderte, als der Eissturm durch den geöffneten Ausstieg in die Kabine fegte. Zögernd folgten ihm die anderen. Bis zum Bauch versanken sie im Kristallschnee.
Mit fast übermenschlichen Kräften stemmte Siral sich seitlich gegen den Wagen, damit dieser nicht weiter abrutschen konnte, während er den anderen befahl zu schieben. Langsam fraßen sich die Raupenketten wieder durch den Schnee.
Ein wenig half auch der Sturm mit, dennoch verging fast eine halbe Stunde, bis das Fahrzeug flott kam. Shmitten fuhr im Kriechtempo weiter, bis alle eingestiegen waren. »Schöner Mist«, schimpfte Walter.
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