Silberband 087 - Das Spiel der Laren
dass die beiden Männer, die Mentro Kosum und Senco Ahrat darstellten, die meisten Operationen und Gewebeverpflanzungen bekommen hatten. Da ihre Rollen nur von wirklichen Emotionauten gespielt werden konnten, es jedoch schwer war, Personen mit eben dieser besonderen Begabung zu finden, hatte Hotrenor-Taak notgedrungen auf Männer zurückgreifen müssen, die keine allzu große Ähnlichkeit mit Kosum und Ahrat besaßen.
Nach abgeschlossener Ausbildung hatten die Mediziner Ahrats Doppelgänger um acht Zentimeter kürzen müssen. Der falsche Kosum war dagegen um viereinhalb Zentimeter größer gemacht worden. Die meisten Schwierigkeiten hatten jedoch die Verhaltensweisen der beiden ausgeprägten Individualisten bereitet. Für Kosums Doppelgänger kam erschwerend hinzu, dass das Original für seine blitzartig aus bestimmten Situationen geborenen Knüttelverse berühmt-berüchtigt gewesen war. Er hatte lernen müssen, was man eigentlich nicht lernen kann.
Der falsche Lloyd grinste, als Kosums Doppelgänger einen solchen Knüttelvers vortrug.
»Die Sonne brennt auf den Verstand, ich glaub, sie hat ihn schon verbrannt!«, krächzte der Mann mit der Haarmähne, in der die grauen Haare infolge des hohen Alters überwogen. Seine Stimme bereitete noch Schwierigkeiten, die letzte Stimmbandkorrektur lag erst drei Tage zurück. In zwei Tagen würde er hoffentlich sprechen wie der echte Kosum.
Die Projektionen der Zentralebesatzung lachten. Eine Ausnahme bildete Senco Ahrat. Er drehte sich um und sagte verweisend: »Ich weiß nicht, wie Sie auch nur auf den Gedanken kommen, hier im Kommandostand würde die Sonne brennen, Mentro, aber ich weiß, dass Sie sich auf die nächste Linearetappe vorbereiten sollten, Sie beginnt in fünf Minuten.«
Der falsche Kosum deklamierte: »Das Gras grünt so grün, wenn an Bord die Veilchen blüh'n. Ich habe Milchstraßen durchmessen und kann die Tulpen nicht vergessen.«
»Zu poetisch!« mischte sich ein Lare ein. »Die Verse des echten Mentro Kosum waren niemals poetisch. Berücksichtigen Sie das!«
»Jeder Mensch verändert sich im Laufe der Zeit«, entgegnete das Double unwillig. »Zum Höllenstern, ich kann diese dämliche Art von Verseschmiederei nicht imitieren! Es dürfte doch einleuchten, dass der Emotionaut inzwischen ein Greis ist, der nicht mehr so schnoddrig wie in seiner Jugend reagiert, sondern weit mehr sentimental.«
»Diese Ausrede wird nicht akzeptiert!« erwiderte der Lare. »Sie wurden instruiert, dass wir von der Voraussetzung ausgehen, der echte Mentro Kosum wäre durch eine biomedizinische Sonderbehandlung, die nur wenigen Auserwählten zugestanden werden konnte, in der körperlichen und geistigen Frische eines Hundertjährigen erhalten worden. Ich fordere Sie auf, sich entsprechend zu verhalten! Jeder Kommentar ist überflüssig.«
Der falsche Kosum gab ein derbes Schimpfwort von sich. Anschließend ließ er die SERT-Haube wieder über seinen Kopf gleiten. Mit Hilfe der simultanen Emotio- und Reflex-Transmission bereitete er das Pseudoschiff auf die nächste Linearetappe vor.
Der Lare wandte sich an den falschen Lloyd: »Sie kennen das Kosum-Psychogramm ebenfalls, Lloyd. Was sagen Sie zu diesem Verhalten? Würde das Original auf die Art von Belehrung, wie ich sie gegeben habe, anders reagieren?«
Der falsche Lloyd wirkte distanziert. »Er hätte sogar dem echten Großadministrator das gleiche Schimpfwort an den Kopf geworfen wie Ihnen.«
»Aber seine Verse haben wenig Gemeinsames mit den so genannten Knüttelversen des Originals.«
»In der Beziehung kann niemand das Original erreichen. Ich würde die Erklärung akzeptieren, dass Mentro Kosum sich im Laufe der Zeit verändert hat. Absolute Perfektion ist nicht zu erreichen. Das sollte auch ein Lare begreifen.«
»War Ihr letzter Satz abfällig gemeint?« erklang es mit drohendem Unterton.
Der falsche Fellmer Lloyd winkte ab. »Er war so gemeint, wie er gesagt wurde. Wir Terraner wissen, dass ihr Laren Perfektionisten seid und dass ihr glaubt, nur die absolute Perfektion in der Planung, Vorbereitung und Durchführung eines Unternehmens garantiere den Erfolg. Aber ich denke dass dann, wenn die Umstände die perfekte Vorbereitung eines Details nicht zulassen, die Planung und Vorbereitung diesen Umständen angepasst werden muss.«
»Ihr Terraner habt die Auseinandersetzung mit dem Konzil seinerzeit verloren, weil ihr zu viel improvisiert habt. Ich denke nicht daran, mich mit Improvisation zu begnügen, wenn durch
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