Silberband 090 - Gegner im Dunkel
aber ich setze mich nicht der Wirkung einer aufputschenden Droge aus«, erwiderte Dobrak. »Ich begreife sowieso nicht, warum logisch denkende Intelligenzen ihren Körper mit allen möglichen Giften überschwemmen.«
»Es ist eine Frage der Dosis, Dobrak«, erklärte der Hyperphysiker. »In geringen Mengen schadet Kaffee dem Organismus nicht, sondern regt ihn an und klärt den Geist – und gerade das brauche ich, nachdem Sie sich fünf Stunden lang bemüht haben, mir zu verdeutlichen, was ein siebendimensionaler Rasterplan ist.«
»Ich bin beschämt, dass meine unzureichenden Bemühungen erfolglos geblieben sind«, sagte der Kelosker.
»Das brauchen Sie nicht.« Waringer nippte an dem dampfenden Gebräu. »Sie können bestimmt nichts dafür, dass der menschliche Geist unfähig ist, die siebendimensionale Mathematik zu begreifen.«
Er blickte auf die Kommunikationsanlagen des Rechenverbunds aus der terranischen Hyperinpotronik SENECA und dem keloskischen Supergehirn Shetanmargt. Vielleicht, so überlegte er, gehörte SENECA-Shetanmargt – zumindest was seine Qualifikation anging – bereits zur nächsten Evolutionsebene.
»Achtung!«, meldete sich in dem Moment SENECAs volltönende, perfekt modulierte Stimme. »Wir empfangen ungewöhnlich starke Hyperfunksignale, die offenbar aus sehr großer Entfernung über eine Relaiskette nach Xumanth weitergeleitet wurden.«
Waringer stellte seinen Becher ab. »Welche Informationen enthalten die Signale?«, erkundigte er sich.
»Bis jetzt konnte der Kode noch nicht ausgelesen werden«, teilte der Rechenverbund mit. »Anscheinend handelt es sich um eine überwertige Verschlüsselung.«
Waringer wusste, was der Rechenverbund mit ›überwertig‹ meinte, nämlich eine n-dimensionale Kodierung, deren Schlüssel sich nicht rechnerisch ermitteln ließ.
»Den Hyperfunksignalen werden Bildsignale angelagert!«, meldete sich der Rechenverbund erneut. »Ich versuche, sie wiederzugeben.«
Geoffry Abel Waringer sah, dass die Holoschirme flimmerten. Er rechnete nicht damit, brauchbare optische Signale vorgesetzt zu bekommen.
Sekunden später zeigten die Schirme, wenn auch verschwommen, eine Sonne, die von zwei Planeten umkreist wurde.
Waringer hatte jäh das Gefühl, dass seine Beine nachgaben. »Dobrak!«, stieß er hervor. Mehr konnte er nicht sagen, denn die Erregung schnürte ihm die Kehle zu. Er starrte auf das verschwommene Bild. Sonnen wie diese gab es viele, aber er kannte nur einen Planeten, der aus dem Weltraum so aussah wie eine der beiden abgebildeten Welten. Dieses intensiv leuchtende tiefe Blau mit den schneeweißen Wolkenfeldern, die deutlich das System der planetaren Winde widerspiegelten …
Die Erde – der Blaue Planet!
Waringer stöhnte, als das Bild erlosch.
»Was hat Sie so erregt?«, fragte Dobrak.
Der Hyperphysiker rang um seine Fassung, dann stieß er tonlos hervor: »Einer der abgebildeten Planeten kann nur die Erde gewesen sein – Terra, die Heimat der Menschheit!« Er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Rechenverbund, hast du die Hyperfunksignale dekodieren können? Vor allem: Was besagt die Auswertung der Bildsendung?«
»Die Hyperfunksignale konnten wegen überwertiger Kodierung nicht dechiffriert werden«, antwortete der Rechenverbund. »Anhand der Hyperbildimpulse war jedoch eine Kurzanalyse der gezeigten Sonne möglich. Die Auswertung ergibt eine weitgehende Übereinstimmung mit den Daten, die über die Sonne Medaillon vorliegen, allerdings mit der Einschränkung, dass jene Strahlungskomponente fehlt, die den so genannten Waringer-Effekt hervorrief.«
»Keine Aphiliestrahlung?«, flüsterte Waringer. »Dann kann es nicht Medaillon gewesen sein – und dann sahen wir auch nicht die Erde und Goshmos Castle. Oder doch? Können diese Planeten die Erde und Goshmos Castle gewesen sein?«
»Die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß, aber nicht so groß, dass sich diese Frage mit Sicherheit beantworten lässt«, antwortete der Rechenverbund.
»Die Antwort war nicht exakt«, wandte Dobrak ein. »Ich habe den Eindruck, du verschweigst uns etwas, Rechenverbund.«
»Die Antworten ergaben sich aus den beschränkten Analysemöglichkeiten und wurden von dem Grundsatz bestimmt, als endgültig einzustufende Informationen nur bei absoluter Sicherheit zu geben«, erklärte SENECA-Shetanmargt.
Waringer blickte den Kelosker an. »Das klingt, als sollte uns eine Information vorenthalten werden in der Annahme, sie könnte uns physisch
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