Silberband 101 - Eiswind der Zeit
einen Schock und muss sofort behandelt werden«, erklärte er.
Während er mit den beiden Krankenschwestern die Klinik betrat, versklavte er sie. Zwischen ihnen und ihm war eine natürliche Psi-Affinität vorhanden, die sein Vorgehen erleichterte.
Als der Mediziner Dahman Konuna eintrat, lag Demeter schon auf einem Untersuchungstisch. Margor konzentrierte sich auf den Mann und machte ihn zu seinem Paratender.
»Ich will, dass diese Frau aufwacht! Vorher muss sie genau untersucht werden, damit ich Klarheit erhalte, welche Medikamente sie verträgt.«
Boyt Margor gab mit knappen Worten Erläuterungen. Konuna verstand, dass Demeter eine Außerirdische war. Er arbeitete sorgfältig und benötigte fast zwei Stunden bis zu einem abschließenden Ergebnis.
»Die Unterschiede sind nicht gravierend«, erklärte er endlich. »Ich habe mich vor allem auf Leber und Nieren, den Magen-Darm-Trakt und das Gehirn konzentriert. Die Nieren sind in jeweils zwei Einzelorgane aufgeteilt, die Leber besteht aus vier Organen. Alle haben die gleiche Funktion wie bei uns; die Frau wird allerdings bei gewissen Speisen vorsichtig sein müssen, weil sie nicht alle Proteinformen abbauen kann. Doch das hat nichts mit den Medikamenten zu tun, die sie jetzt benötigt.«
»Glauben Sie, dass Sie Demeter aufwecken können?«
»Ich hoffe. Es kommt entscheidend darauf an, dass es gelingt, das vegetative Nervensystem zu stimulieren und damit Atmung und Herzfrequenz zu verbessern. Vorläufig weiß ich noch nicht, wie der chemische Umsatz an den Nervenendfasern ist. Davon hängt ab, ob die Medikamente ansprechen oder nicht.«
Boyt Margor verstand immerhin, dass dem Arzt unklar war, wie die Befehlsimpulse von Demeters Gehirn übermittelt wurden. Konuna hielt einen medizinischen Vortrag, mit dem er versuchte, Margor die Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Der Mutant verlor jedoch die Geduld. »Wenn Sie meinen, es verantworten zu können, geben Sie endlich die aktivierenden Medikamente!«, forderte er.
Konuna gab Demeter eine Hochdruckinjektion.
Margor befahl danach, Demeter mit einem leichten Tuch zuzudecken und zum Gleiter zu bringen. »Sobald ich gestartet bin, werden Sie vergessen, was geschehen ist! Vernichten Sie alle Unterlagen, Analysen und Aufnahmen. Sie werden sich nie mehr daran erinnern, dass es diese Frau gibt. Geben Sie mir Medikamente, damit ich die Behandlung fortsetzen kann.«
Der Arzt gehorchte widerspruchslos.
Die Schwestern transportierten Demeter auf einer Antigravliege hinaus. Boyt Margor bemerkte, dass andere Patienten und Assistenten aufmerksam wurden, sah darin aber keine Gefahr. Niemand würde erfahren, wer da zu dem Gleiter gebracht wurde. Er achtete darauf, dass das Tuch nicht verrutschte, mit dem Demeters Gesicht verhüllt war.
Zutiefst enttäuscht, startete Margor und ging auf Nordostkurs. Er hatte damit gerechnet, dass Demeter unter der ärztlichen Behandlung aufwachen würde, aber das war nicht der Fall.
Nun beabsichtigte er, Demeter nach Taschkent zu bringen, wo er einen Unterschlupf mit zuverlässigen Helfern hatte. Er konnte nach Terrania City fliegen und mit Payne Hamiller sprechen, während die Göttin in Taschkent blieb.
Nach etwa einer Stunde Flugzeit fröstelte der Mutant. Etwas Eiskaltes schien über seinen Nacken zu kriechen. Es war wie ein Stück Eis, das sich in Wasser verwandelte. Unmittelbar darauf wurde ihm so heiß, dass er glaubte, an ein glühendes Eisen gekommen zu sein. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. Er lachte hektisch auf, doch schon nach Sekunden erstarb sein Gelächter in Schauern der Furcht.
Aus den Augenwinkeln sah er, dass Demeter sich aufrichtete. Sie stöhnte und schien Schmerzen zu haben.
Boyt Margor wollte sich umdrehen, doch die Muskeln gehorchten ihm nicht. Es war, als ob eine fremde Macht seine Nervenbahnen blockierte. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen das Fremde und behielt schließlich doch die Oberhand.
Demeter saß aufgerichtet auf der hinteren Sitzbank. Das Tuch verhüllte sie nach wie vor.
Boyt Margor streckte seine rechte Hand nach dem Tuch aus. Er zitterte leicht, als er es vom Kopf der Frau herunterzog.
Er hatte erwartet, dass sie ihn ansehen würde, doch ihre Augen waren nach wie vor geschlossen. Die Lider bebten wie unter Fieberschauern. Das schöne Gesicht war nicht mehr entspannt und friedlich, sondern stark entstellt. Der Mutant erkannte, dass Demeter unsägliche Qualen litt. Sie stöhnte.
Boyt Margor wandte sich wieder den Steuerelementen zu.
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