Silberband 104 - Raumschiff des Mächtigen
Kratzer hinterlassen – ebenso, wie er dies hier getan hatte. Die schräge Markierung diente als Wegweiser.
Als Tarmair zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, dämmerte ihm, was Cainstor beabsichtigte.
Mit Worten allein, das wusste der Alte, konnte er Tarmair nicht überzeugen. Wenn es ihm aber gelang, den Spötter über das Ende der Welt hinauszulocken und ihm die dort existierenden wunderbaren Dinge zu zeigen, dann konnte Tarmair ihn unmöglich mehr einen Fantasten und Ketzer heißen!
Tarmair stand im Begriff, in den Gleiter zu steigen, da hörte er hinter sich Geräusche. Er sah sich um und erblickte eine Schar von Jungen, die durch das Wäldchen auf ihn zukamen. Sie waren alle etwa zwölf oder dreizehn Jahre alt.
»Hinter wem bist du her?«, rief der vorderste Tarmair zu. »Hinter dem alten Mann oder der Frau mit dem Sack?«
Tarmair erschrak. Er wandte sich den Jungen zu. Keine der beiden Parteien dachte in diesem Augenblick daran, dass die Begegnung hier gegen das Gesetz des LARD verstieß.
»Welche Frau?«, fragte Tarmair. »Und was für ein Sack?«
Die Jungen waren aufgeregt. Der Tarmair angerufen hatte, schien ihr Wortführer zu sein.
»Seit Neuestem ist es an der Grenze ziemlich lebendig«, behauptete er. »Wir sind öfter hier und beobachten die verbotene Zone, weil wir hoffen, wir könnten von hier aus vielleicht das LARD sehen. Also – gestern, etwa gegen Mittag, kam ein Fahrzeug vorbei. Ein alter Mann landete an der Grenze. Dabei stieß er mit seiner Schüssel gegen die Säule, die seitdem schief steht. Er stieg aus und sah sich die Säule an, hantierte auch eine Zeit lang an ihr herum. Wenn du mich fragst, mit einem Messer. Sah so aus, als wollte er den Lack abkratzen. Dann stieg er wieder ein und flog davon – in die verbotene Zone hinein! Hast du so was schon mal gehört?«
Tarmair ging auf die Frage nicht ein. »Weiter!«, drängte er. »Was war mit der Frau?«
»Die kam gestern, als das Surquhaira gerade begonnen hatte. Das war natürlich ein großer Mist.«
»Warum?«, wollte Tarmair wissen. »Wieso war das ein Mist?«
Der Junge druckste herum. »Ja – siehst du – das ist so … Ich meine – wir alle haben schon eine Art Beruf. Jeder von uns hat sich eine Tätigkeit ausgesucht, der er gerne nachgeht. Tagsüber sollen wir arbeiten. Und wenn das Surquhaira anbricht, sollen wir mit den anderen den Feierabend begehen. Das liegt uns aber nicht. Wir sind lieber in dieser Gegend. Manchmal schlafen wir sogar hier; das ist gut, solange niemand davon erfährt. Deswegen waren wir froh, dass der alte Mann uns nicht zu sehen bekam. Mit der Frau allerdings war das eine andere Sache.«
»Sie sah euch?«
»Wir waren auf der Wiese, als sie mit ihrer Schüssel kam.«
»Hat sie mit euch gesprochen?«
»Sie wollte wissen, ob wir den alten Mann gesehen hätten.«
»Und? Was habt ihr geantwortet?«
»Wir schlossen einen Handel mit ihr ab«, antwortete der Junge altklug. »Wir sagten ihr, wohin der alte Mann geflogen war – in welche Richtung, meine ich. Und sie versprach uns dafür, dass sie uns nicht verraten würde.«
Tarmair war unruhig und voller Furcht. Bisher hatte er die Gefahr, die Cainstor von Nabalik drohte, völlig außer Acht gelassen. Er wusste selbst nicht, warum. Vermutlich hatte sein Unterbewusstsein einfach als gegeben angenommen, dass Nabalik die Spur des Alten niemals finden würde.
»Was war mit dem Sack?«, fragte er den Jungen.
»Er lag im Fahrzeug der Frau. Manchmal bewegte er sich ein wenig. Ich glaube, es war ein Tier darin.«
Tarmair sah seine Befürchtung bestätigt. Die Kinder hatten anscheinend keine Ahnung, was ein Asogene war und wie er aussah. Der Sack, von dem sie sprachen, konnte nur Raylto gewesen sein.
»Die Frau flog davon?«
»In die verbotene Zone hinein.«
Dem LARD musste wirklich daran gelegen sein, dass Cainstor zur Strecke gebracht wurde. Und ein Spötter überschritt die Grenze – das hatte es noch nie gegeben.
»Wenn euch so sehr daran liegt, dass niemand euch hier sieht, warum habt ihr euch mir dann freiwillig gezeigt?«, fragte Tarmair.
Die Antwort war voll kindlicher Einfalt. »Wir haben dich erst beobachtet. Du siehst aus wie einer, zu dem wir Zutrauen haben können. Wir dachten, wenn wir dich darum bitten, uns nicht zu verraten, wirst du es wahrscheinlich nicht tun. Und dann dachten wir, dass du der Frau vielleicht begegnest und uns auf dem Rückweg erzählst, ob du das LARD gesehen hast.«
Tarmair lachte unwillkürlich. »Du hast
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