Silberband 106 - Laire
den Fall eines Konflikts für Kapitulation. Wenn sich die Kampfhandlungen erst auf die Planeten verlagern, hätten wir sowieso mehr zu verlieren als die Loower.«
»Das sind Binsenwahrheiten«, sagte Adams. »Und ich sehe, worauf du hinauswillst: Wenn wir bei einem Krieg Imperium-Alpha gegen die Loower halten wollten, müssten wir dafür Millionenverluste in der Bevölkerung in Kauf nehmen. So etwas werden wir uns gut überlegen. Ich glaube, es wäre wirklich ein tragbares Risiko, Goran-Vran Informationen über Imperium-Alpha zukommen zu lassen.«
Tifflor nickte. »Ich gebe Thaty grünes Licht. Wir werden sehen, wie Goran-Vran das aufnimmt.«
Lank-Grohan betrat die Türmerstube auf dem Mars. »Es ist so weit«, sagte er schlicht. Das Schweigen des Türmers wertete er als Aufforderung, sich näher zu erklären.
»Baya hat raschere Fortschritte gemacht, als ich in meinen kühnsten Träumen zu hoffen wagte …«, begann er, wurde aber sofort unterbrochen.
»Träume sind ein Teil des hypothetisch-deduktiven Denkens und werden bei den Menschen im Unbewussten geboren«, sagte Hergo-Zovran widerstrebend. »Loower denken auf beiden Geistesebenen bewusst, daher sind Träume uns fremd. Oder willst du mir sagen, das terranische Mädchen hätte dir das Träumen beigebracht?«
»Das war nur eine Redewendung, die ich von Baya angenommen habe, Türmer«, entschuldigte sich Lank-Grohan. Der Einwand hatte ihn verunsichert. Für einen Moment fragte er sich ernsthaft, ob er durch den Umgang mit Baya verändert war. Ohne Zweifel hatte er einiges von dem terranischen Kind angenommen, aber er hatte keineswegs die Übersicht verloren und traute sich ein objektives Urteil über sich selbst zu.
»Ich musste Baya irgendwie entgegenkommen, aber dabei hat sie viel mehr von der Entelechie partizipiert als ich von der terranischen Denkweise«, sagte er erklärend. »Ich habe einen gesunden Kompromiss geschlossen.«
»Du bist also der Meinung, dass das Mädchen einer diplomatischen Aufgabe von dieser Bedeutung gewachsen wäre?«
»Unbedingt. Sie denkt und handelt wie eine Loowerin. Im philosophischen Sinn ist sie sogar eine Loowerin in einem menschlichen Körper. Sie ist die erste und einzige geglückte Synthese unserer Geisteswelt mit einer fremden.«
»Du brauchst deine Verdienste nicht so stark hervorzuheben«, ermahnte der Türmer den Wissenschaftler.
»Ich will gar nicht eitel sein«, erwiderte Lank-Grohan. »Baya hat selbst mehr zu ihrer Reifung beigetragen als ich.«
Warum verfiel er so schnell von einem Extrem ins andere? Vom Eigenlob zur Selbstkritik – das war nicht entelechisch, sondern übertriebene Gefühlsäußerung und eines Loowers unwürdig. Aber immerhin hatte sich Lank-Grohan um das Mädchen große Verdienste erworben, und wenn er erst wieder von ihr getrennt war, würde er schnell zu sich selbst zurückfinden.
»Ich werde ihre Entsendung als Botschafterin der Entelechie in die Wege leiten«, stimmte Hergo-Zovran zu. »Mein Stellvertreter Fanzan-Pran wird die Vorbereitungen treffen, damit wir schnell eine Delegation zur Erde schicken können. Vorher will ich noch herausfinden, welche Stimmung bei den Terranern herrscht.«
Hergo-Zovran wartete, bis der Psychologe die Türmerstube verlassen hatte, dann stellte er die Verbindung zu Goran-Vran her. Die Terraner hatten noch nicht entdeckt, dass Goran in einer seiner Körperplatten einen Sender versteckt hatte.
Momentan war Goran-Vran allein in seiner Unterkunft in einem gut abgesicherten Sektor von Imperium-Alpha. Die Terraner hatten ihm noch nicht gestattet, sich frei in den Tiefbunkeranlagen zu bewegen. Das nährte den Verdacht des Türmers, dass die Menschen einiges zu verbergen hatten.
Hergo-Zovran musste eine beachtliche Weile warten, bis etwas geschah. Er nutzte die Wartezeit, indem er sich Aufzeichnungen zum wiederholten Male ansah, um die Verhaltensweise der Terraner im Umgang mit Loowern zu studieren. Nur wurde er daraus nicht klüger.
Der Erste Terraner besuchte Goran-Vran in seiner Unterkunft. Hergo-Zovran schloss daraus auf eine bevorstehende Entscheidung.
»Schicken Sie mich endlich zum Mars zurück?«, erkundigte sich Goran-Vran, als Julian Tifflor eintrat. In der Begleitung des Terraners befanden sich Ronald Tekener, die Frau Jennifer Thyron und der Psychologe.
»Sie müssen sich noch gedulden, Goran«, sagte der Erste Terraner. »Die Zeit ist noch nicht reif.«
Goran-Vran richtete seine Sehorgane demonstrativ auf Tekener. »Das habe ich ihm zu
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