Silberband 107 - Murcons Vermächtnis
fremde Raumschiff zu suchen und Kontakt aufzunehmen?«
Man konnte Mudies ansehen, dass ihm eine nassforsche Antwort im Namen aller Beteiligten auf der Zunge lag. Aber auch, dass er sich im letzten Moment noch darauf besann, dass der Premier einer siganesischen Kolonie nicht nur von Demokratie reden, sondern sie auch praktizieren musste.
Nachdem alle Beteiligten ihre Zustimmung gegeben hatten, flog der Trupp weiter in Richtung Schlucht.
Baya Gheröl schloss die Augen, als ein glutendes Etwas vor der transparenten Wölbung des Kugelsegments vorbeihuschte. Das Heulen schwerer Triebwerke dröhnte heran.
»Eines der Raumschiffe hat unseren Kurs gekreuzt«, berichtete das Segment. »Dass es uns nicht angegriffen hat, spricht dafür, dass die Besatzung uns nicht als Feinde einstuft.«
Das Kugelsegment setzte seinen Flug fort, gefolgt von Segment Fünf. Ortungen bewiesen, dass der Kanal zwischen dem Urfur-Meer und dem Seehafen von Nagelia ausschließlich von Überwasserschiffen befahren wurde. Deshalb tauchten die Segmente weit vor der Küste ins Meer, schlichen unter Wasser an die Kanalmündung und drangen unbemerkt ein.
Schwieriger war es, den Seehafen an der stadtseitigen Kanalmündung zu verlassen. Das Kugelsegment lotete eine Verbindung zur Oberfläche aus: ein künstlicher, über breite Stufen fließender Wasserfall. Alle Hohlräume waren weit genug, um die Segmente des Helks durchzulassen. Da der Wasserfall nicht beleuchtet war und die Segmente kein für menschliche Augen sichtbares Licht benötigten, wurde es finster für Baya.
Geraume Zeit später schwamm das Kugelsegment tief im Wasser eines breiten Kanals. Es ragte nur so weit heraus, dass Baya die Umgebung betrachten konnte.
Zu beiden Seiten ragten zahlreiche wuchtige Bauten auf.
»Es ist fast wie auf Terra«, flüsterte Baya Gheröl. »Nur scheint dort nachts keine rote Sonne. Und die Häuser wirken hier so schwer und drohend.«
Das Kugelsegment tauchte aus dem Wasser empor. Es schwebte kurze Zeit über dem Wasser, bewegte sich dann durch die rote Dunkelheit und verharrte über einem verlassen wirkenden Gebäudeneubau.
Baya wollte das Segment fragen, warum es diese Richtung eingeschlagen hatte, doch sie erkannte die Antwort selbst. Rund hundert Meter entfernt wurde an der Abdichtung des Kanals gearbeitet, der dort über eine schief wirkende Brücke führte. Zahlreiche humanoide Lebewesen steuerten Maschinen, die tief im Wasser standen. Schäumend ergoss sich die Flut aus dem gebrochenen Kanal und konnte anscheinend nicht weiter abfließen.
Baya kniff die Augen zusammen. Auf den ersten flüchtigen Blick erschienen die arbeitenden Wesen wie Menschen. Aber dann verrieten ihr die überproportioniert breiten Schultern und die Sichelkammfrisuren, dass sie Ertruser sah. Die Nachkommen terranischer Siedler, die sich der unwirtlichen Umwelt ihres Planeten Ertrus angepasst hatten.
»Bebenfolge«, sagte das Kugelsegment und kam Bayas Frage nach der Ursache des Kanalbruchs zuvor. »Die rote Sonne verursacht regelmäßig Oberflächenverformungen.«
Baya wollte weitere Fragen stellen, doch sie kam nicht über den Ansatz hinaus, weil über den Straßen farbige Schallfeldprojektionen erschienen und eine Nachricht an die Bevölkerung durchgaben.
»… hier spricht Quopa Xucko, Kommandeur des Raumfahrtkommandos. Ich wende mich an alle. Geht bitte unverzüglich in eure Wohnungen und bleibt dort, bis gegenteilige Anweisungen bekannt gegeben werden. In Teilen von Nagelia ist eine Seuche ausgebrochen, die das Zentralnervensystem angreift und einen vorübergehenden Erinnerungsschwund bewirkt. Das hört sich harmlos an, ist es aber nicht. Bedenkt, was geschehen kann, wenn jemand mitten in der Stadt vergisst, wie ein Gleiter funktioniert oder ein Antigravlift!
Dennoch besteht kein Anlass zu Panik. Die Seuchenherde stehen unter Quarantäne. Unsere Mediziner, Biochemiker und andere Wissenschaftler haben bereits den ersten Erfolg verbucht. Sie konnten bei mehreren Schwerkranken den mutmaßlichen Erreger isolieren. Es handelt sich um einen Wucherpilz, der beim ersten Kontakt Niesreiz und Bindehautentzündung verursacht, später ins Gehirn gelangt und dort wahrscheinlich durch Absonderung bestimmter Substanzen die chemoelektrischen Wirkstoffe der menschlichen Datenspeicherung neutralisiert.
Es wird sicher nicht lange dauern, bis ein wirksames Gegenmittel entwickelt ist. Bis dahin müssen wir unsere gegenseitigen Kontakte auf ein Minimum beschränken. Die Seuche kann nur
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