Silberband 110 - Armada der Orbiter
können wir uns hoffentlich vernünftig unterhalten. Also – einen Ausweg gibt es hier nicht. Dass wir wenigstens einen Versuch zur Flucht unternehmen müssen, dürfte jedem klar sein. Wie stellen wir es an?«
Brush Tobbon stand immer noch neben dem Faktotum. Er beugte sich langsam zu ihm hinab und legte seine Hand auf Axes Brust. Als er sich wieder aufrichtete, stand das Entsetzen in seinem Gesicht.
»Da stimmt etwas nicht!«, flüsterte er. »Axe müsste schon wieder zu sich gekommen sein.«
Kayna sprang so hastig auf, dass sie mit ten Hemmings zusammenstieß, der sich ungläubig vorbeugte. Sie gab dem Mann einen Stoß und war mit wenigen Schritten bei Axe und Tobbon. Der Epsaler betastete in fieberhafter Eile Axes schlaffen Körper.
»Nimm deine ungeschickten Pfoten weg!«, herrschte Kayna ihn an.
Tobbon schrak zurück. »Aber das wollte ich doch nicht«, stammelte er. »Ich habe gar nicht so stark zugedrückt ...«
Simudden eilte heran, und Dezibel kniete sich neben Axe, der in diesem Moment zu sich kam und entgeistert in die besorgten Gesichter starrte. Axe setzte zum Sprechen an, da beugte sich Kayna tief zu ihm hinab. Axe war nur noch imstande, atemlos zurückzustarren.
»Er lebt!«, stellte Kayna fest. »Aber ich fürchte, er wird es nicht mehr lange machen, wenn nichts geschieht.«
Axe stammelte etwas Unverständliches, weil Kayna sich noch tiefer zu ihm herabbeugte. Dezibel grinste anzüglich. Manche von Axes geheimsten Wünschen waren eben doch nicht ganz geheim geblieben.
»Weck Treffner auf!«, fuhr Tobbon den Akonen an. »Mach schon!«
»Der Ara kann auch nichts mehr für ihn tun«, flüsterte Kayna, und sie sah Axe dabei an, als wollte sie ihn hypnotisieren. »Nur die Roboter könnten noch helfen!«
Axe war zwar nicht der Klügste, aber er besaß eine gehörige Portion Bauernschläue und das Talent, sich blitzschnell in eine Rolle einzudenken. Bevor er zu den Flibustiern stieß, hatte er sich gern als bedauernswertes Opfer larischer Experimentierfreudigkeit ausgegeben und sogar hartgesottene Männer fast zu Tränen gerührt, wenn er lallend und stammelnd von den überstandenen Qualen berichtete. Solche Vorführungen hatten einen praktischen Wert, und dasselbe galt für die Rolle, in die er nun schlüpfen musste. Axe liebte Unternehmen, deren Wert er auf Anhieb erkennen konnte.
Also schloss er die Augen und ließ den Unterkiefer schlaff hinabsinken. Wie er es anstellte, blieb sein Geheimnis, aber sein dunkles Gesicht wurde graubleich, und seine Wangen wirkten eingefallen. Er sah erschreckend aus, ein Mensch, der dem Tode näher schien als dem Leben.
Tobbon wandte sich abrupt ab und stapfte zur Tür. Mit beiden Fäusten hämmerte er gegen das Metall und schrie, dass den anderen die Ohren klangen. Panika Simudden und Dezibel bemühten sich unterdessen, den Ara auf die Beine zu bringen, die anderen versuchten, Axe bei Bewusstsein zu halten.
Simudden zerrte den Ara hoch, als er endlich die Augen aufschlug. »Schnell, Markon!«, keuchte er. »Axe stirbt. Tu etwas für ihn!«
»Warum macht der Koloss so einen schrecklichen Lärm?«, beschwerte sich Treffner wehleidig und zeigte auf Tobbon.
»Er versucht, die Roboter zu alarmieren«, erklärte Simudden grob. »Sie könnten Axe bestimmt retten – aber offenbar ist es ihnen egal, ob ihnen eines ihrer Versuchskaninchen verloren geht.«
Treffner stolperte über die eigenen Füße, als er begriff. Simudden zog ihn hastig weiter zu Axe.
»Kümmere dich um ihn! Du bist schuld, wenn es schiefgeht, vergiss das nicht. Deinetwegen musste Tobbon ihn schließlich betäuben.«
Der Ara untersuchte Axe hastig und richtete sich dann schwerfällig auf. »Ich kann nichts für ihn tun. Ich habe auch gar nichts bei mir ...«
Simudden zog ihn an den Schultern hoch, drehte ihn zu sich herum und schlug ihn ins Gesicht, nicht so hart, wie es für einen außen stehenden Beobachter aussehen mochte, aber immer noch so, dass Treffner es spürte. Sekundenlang trat blanker Hass in den Blick des Aras, dann hatte er sich gefangen.
Wo blieben die Roboter? War es ihnen gleichgültig, ob einer ihrer Gefangenen starb? Oder hatten sie das Spiel durchschaut?
Irgendwann hörte Tobbon auf, in hilfloser Wut gegen die Tür zu trommeln, er ließ die Stirn gegen das kühle Metall sinken. Es wurde still in dem großen Raum.
Wenn die Roboter nicht kamen, mussten die Flibustier dafür sorgen, dass wenigstens der Schein gewahrt blieb – und das bedeutete, dass Treffner ein Wunder zu
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