Silberband 110 - Armada der Orbiter
muss man manchmal eine gewisse Narrenfreiheit gewähren.«
38.
Als die fünf kegelförmigen Roboter die sieben Flibustier aus dem Gebäude geleiteten, war es Nacht. Die Kälte schlug gleich einer eisigen Woge über den Gefangenen zusammen.
Genau acht Stunden waren ihnen geblieben, sich auszuruhen und Fluchtpläne zu schmieden. Pearl Simudden hatte sein faustgroßes Beutestück offenbart, und Axe hatte den anderen das Metallarmband gezeigt.
Während der rasenden Fahrt über eine Transferstraße sahen die Flibustier ununterbrochen Zubringerschiffe starten und landen.
Die Fahrt endete in einem gigantischen Gebäudekomplex. Im Innenhof ragte eine schwarze Kuppel kilometerhoch auf. Sie war bis zur oberen Rundung gut zu sehen, weil aus dem halb transparenten Bau ringsum wahre Lichtfluten nach draußen fielen und weil das obere Drittel der Kuppel von mehreren Kränzen heller Positionslichter umrandet wurde.
Die Gefangenen wurden in die Kuppel geführt. Zahlreiche transparente Etagen erstreckten sich über ihnen. Überall waren Orbiter, und viele von ihnen arbeiteten an ausgedehnten Schaltwänden.
Überrascht stellten die Flibustier fest, dass ihre Roboteskorte sie allein gelassen hatte. Die Orbiter, die an ihnen vorbeiliefen, bedachten sie höchstens mit gleichgültigen Blicken.
»Lasst uns abhauen!«, sagte Axe. »Günstiger wird es nicht.«
»Wir bleiben!« Kayna Schatten deutete in die Höhe. »Ich möchte mir ansehen, was dort vorgeht. Vielleicht ist die Kuppel eine Beobachtungsstation – nicht nur für ganz Churuude, sondern auch für andere Planeten und den Weltraum.«
»Und wennschon ...«, bemerkte Tobbon mürrisch. »Haben wir was davon?«
Durch die vielen Ebenen hindurch ließ sich vage erkennen, dass über ihnen ausgedehnte Bildprojektionen aktiv waren.
Kayna blickte den Epsaler nachdenklich an. »Wenn wir von Churuude fliehen wollen, müssen wir mehr über diese Stahlwelt wissen«, erwiderte sie. »Außerdem interessiert mich, wie viele Raumschiffe über dem Planeten beladen werden.«
»Es genügt, wenn wir uns nur ein Schiff unter den Nagel reißen und damit abhauen können«, sagte Brak. »Wie viele andere Schiffe im Raum herumschwirren, kann uns egal sein.«
Kayna Schatten hatte den Blick kurz durch ihr näheres Umfeld schweifen lassen. »Wir benutzen den nächsten Liftschacht!«, ordnete sie an, ohne auf Braks Bemerkung einzugehen.
»Also los!« Tobbon nickte. »Wenn Kayna sagt, dass es wichtig ist, einen Überblick zu bekommen ...«
Während sie nach oben schwebten, musterte Pearl Simudden die Orbiter, die ihnen aus der Höhe entgegenkamen. Immer noch verblüfften ihn die täuschend lebendig wirkenden Gesichter und die Perfektion der Nachbildungen. Die Ebenbilder trugen unterschiedlichste Fantasieuniformen oder Zivilkleidung, Kopfbedeckungen und Schuhe – und auch in Mimik und Gestik produzierten sie sich in ungeahnter Vielfalt.
Die Flibustier schwebten bis zur oberen Ebene ungefähr in der Mitte der Kuppel. Immer noch wölbte sich das Rund gut zwei Kilometer hoch über ihnen. Die stetig wechselnden Projektionen entlang der Rundung erweckten den Eindruck, als schwebte die Kuppel im Weltraum. Ein imposanter Eindruck ...
... doch was den Flibustiern wirklich den Atem verschlug, das war der Anblick der unüberschaubaren Armada keilförmiger Raumschiffe.
Man stelle sich ein Aquarium vor und darin dicht an dicht Wasserflöhe, immer nur Millimeter voneinander getrennt, dann wird man einsehen, dass ihre Anzahl für menschliche Begriffe aberwitzig groß ist. Genauso erging es den Piraten mit dieser gewaltigen Flotte.
Pearl Panika Simudden hatte das Gefühl, dass ihm eine unsichtbare Hand die Kehle zudrückte. Er wollte etwas sagen, brachte aber nicht mehr als ein heiseres Ächzen hervor.
Die Raumschiffe waren ständig in Bewegung. Unablässig formierten sich riesige Pulks und näherten sich dem Betrachter, was mit Sicherheit bedeutete, dass sie Churuude anflogen. Bei jedem Schiff erschienen Dutzende von Zubringern, dockten an und legten nach einiger Zeit wieder ab. Anschließend zogen sich die Pulks tiefer in den Raum zurück und vereinigten sich zu gewaltigen Flotten.
»Das ist Wahnsinn!«, sagte Josto ten Hemmings tonlos.
»Ein herrlicher Anblick!«, schwärmte Axe und klatschte begeistert in die Hände.
Simudden rang allerdings mit seiner Fassungslosigkeit, und das erst recht, als er zwei Orbiter in seiner Nähe reden hörte.
»Ob die Garbeschianer immer noch denken, ihre
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