Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
vieles anders geworden. Es gab NATHAN mit seinem schier unerschöpflichen Datenschatz, und von Gäa hatten die Rücksiedler nicht nur Daten mitgebracht, sondern echte Kostbarkeiten wie Bücher und Bilder. Jede Siedlergruppe, die im Rahmen von »Unternehmen Pilgervater« nach Terra zurückkehrte, trug das Ihre dazu bei, dass die geistigen Reichtümer der Menschheit nicht in Vergessenheit gerieten. Und immer noch fand man, oft an den merkwürdigsten Orten verborgen, Bilder, Bücher, Schmuck und vieles mehr. Offenbar hatten sehr viele Menschen den Gedanken nicht ertragen können, dass diese Kleinode Laren und Überschweren in die Hände fallen sollten. Ehe sie das zuließen, hatte sie ihre Schätze lieber vergraben – sogar um den Preis, dass sie selbst keinen Nutzen mehr daraus ziehen konnten. Auf diese Weise und dank der Tatsache, dass in den Datenspeichern vieler Raumschiffe und Stationen eine Menge Wissen archiviert worden war, war Terra auf intellektuellem Gebiet alles andere als ein armer Planet.
Dass niemand sich entsinnen konnte, von den Horden von Garbesch schon einmal gehört zu haben, bedeutete überhaupt nichts. Dass NATHAN nichts mit der Bezeichnung anzufangen wusste, war schon etwas beunruhigender, aber NATHAN war ein vergleichsweise junges Gebilde. Wissenslücken in Bezug auf Vorgänge, die möglicherweise Jahrhunderttausende zurücklagen, musste man dem Mondgehirn wohl verzeihen.
Vielleicht wussten die Blues mehr über die geheimnisvollen Horden von Garbesch. Oder die Akonen im Blauen System. Denkbar auch, dass in arkonidischen Speicherkristallen ein Heldenepos schlummerte, das von einem Garbeschianer handelte.
Und wie stand es mit den Orbitern? Der Name mochte eine ganz und gar fremde Bedeutung haben. Gab es eine Sprache, in der Krieger oder Soldaten als Orbiter bezeichnet wurden?
Julian Tifflor wusste es nicht, aber es war auch keineswegs seine Aufgabe, solche Kenntnisse an den Tag zu legen. Darum empfand er fast so große Enttäuschung wie die Wissenschaftler selbst, als einer nach dem anderen aufgab.
»Es hat keinen Sinn«, sagte ihm einer der Historiker. »Ich bin mit meinen Möglichkeiten am Ende. Vielleicht weiß Kihnmynden etwas.«
»Wer ist Kihnmynden?«, wollte Tifflor wissen.
»Ein Arkonide.« Der Historiker verzog das Gesicht. »Ein merkwürdiger alter Kauz. In jungen Jahren war er wirklich ein heller Kopf.«
Tifflor lächelte diskret. »Wie Sie das sagen, gehört es sich für Sie und wahrscheinlich auch für Ihre Kollegen nicht, über Kihnmynden zu reden.«
»So ist es«, bestätigte der Historiker.
»Warum haben Sie ihn nicht selbst gefragt, ob er diese Begriffe kennt?«
»Ich wollte es tun. Von einem arkonidischen Kollegen erfuhr ich, dass er sich auf den Planeten Durgen zurückgezogen hat. Aber dort ist er nicht erreichbar, und angeblich kennt ihn auch niemand.«
Tifflor entsann sich, dass er von Kihnmynden doch schon gehört hatte. NATHAN hatte diesen Namen genannt.
Wenig später sah er sich NATHANS Auskunft noch einmal an. Tatsächlich war von Kihnmynden die Rede. Auch das Mondgehirn schien der Ansicht zu sein, dass der Arkonide vielleicht über Informationen verfügte, die nirgends sonst zu finden waren.
Tifflor war es schleierhaft, warum nicht längst einer der Experten versucht hatte, Kihnmynden zu erreichen. So weit durfte die Ablehnung eines Außenseiters nicht reichen. Oder waren noch andere Dinge ausschlaggebend? Wer war Kihnmynden?
Der Erste Terraner setzte sich mit NATHAN in Verbindung. Die Antwort studierte er sorgfältig, ehe er Ronald Tekener und Jennifer Thyron zu sich rief.
»Ich möchte, dass ihr einen alten Mann aufsucht. Er heißt Kihnmynden, ist Arkonide und lebte zuletzt auf dem Planeten Durgen im Durg-System. Es scheint, dass er spurlos verschwunden ist.«
»Hm«, machte Tekener.
»Ihr müsst ihn finden. Sollte er tot sein, seht zu, dass ihr an seine Erben herankommt.«
»Was ist mit diesem Kihnmynden?«, wollte Jennifer wissen.
»Es könnte sein, dass er etwas über die Horden von Garbesch weiß.«
»Ich dachte, die Suche wäre endgültig abgeschlossen.« Tekener seufzte. »Jedenfalls soweit es die für solche Geschichten zuständigen Eierköpfe betrifft. Tiff, wir sollten diese sogenannten Orbiter härter anfassen. Davon verspräche ich mir mehr, als wenn wir jetzt in der Milchstraße herumschwirren und alte Leute suchen, die vielleicht in ihrer Jugendzeit ein paar Märchen zu viel gehört haben.«
»Das wäre sinnlos, Tek. Wenn nicht einmal
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