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Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Stadt.
    „Marina!“, rief er.
    „Hier!“ Ihr glänzendes Fell hob sich ab von der dunklen Nacht.
    „Haben wir sie abgehängt?“ Er blickte zurück in den Himmel, wo der Berg als ein riesiger Schatten die Sterne verdeckte.
    Von hoch oben kam ein schwaches pfeifendes Geräusch, das sich schnell zu einem ohrenzerreißenden Kreischen verstärkte.
    „Nein …“, murmelte er ungläubig.
    Die Riesenfledermäuse fielen aus dem Himmel – mit ausgebreiteten Flügeln, um den Fall zu bremsen. Und dieses Geräusch, dieses schreckliche kreischende Geräusch!
    „Komm weiter!“, rief Marina ihm zu.
    Er hatte das Gefühl, mit langsamen und schweren Flügeln wie durch Wasser zu rudern. Marina deutete mit dem Kopf auf die Lichter vor ihnen.
    „Wenn wir’s bis dahin schaffen, können wir dort ein Versteck finden.“
    Es gab hier keine hohen Türme, nur Reihen niedriger Gebäude der Menschen, zwischen denen ein paar Maschinen laut hin und her rollten. Hinter Schatten und Marina kam das dämonische Pfeifgeräusch. Er bildete sich ein, er könne sie riechen, ihren heißen, faulen Atem.
    Über einer breiten Straße, die von Drähten und Lichtern und erleuchteten Gebäuden flankiert wurde, schwenkten sie plötzlich ein. Schatten blickte zurück und konnte Goths Augen in der Helligkeit funkeln sehen. Throbb scherte seitwärts weg – er würde in einem Bogen zurückkommen, um ihnen den Weg abzuschneiden.
    „Runter!“, schrie Schatten Marina zu.
    Er stürzte sich hinab auf die Straße zu.
    „Wohin sollen wir?“, fragte Marina.
    Er war so außer Atem, dass er nicht antworten konnte. Aber Marina folgte ihm, als er hinunterjagte. Er hatte keine Idee, was er tun sollte. Er kurvte um ein Bündel Drähte herum, schwenkte um einen schmalen Metallkasten mit runden leuchtenden Lichtern. Eine Maschine rollte vorbei und spuckte Lärm und Rauch nach oben.
    Der Boden raste auf ihn zu und er machte sich bereit, schnell hochzuziehen, vielleicht in die Lücke zwischen zwei Gebäuden abzubiegen …
    Dann sah er den metallenen Rost am Rande der Straße. Durch einen der schmalen Schlitze lief ein Regenrinnsal. Sekundenschnell maß er ihn mit dem Klang-Sehen ab. Vielleicht, nur vielleicht …
    „Flügel anlegen!“, rief er.
    Ohne langsamer zu werden fiel er kopfüber auf das Gitter zu und im letzten Augenblick zog er die Flügel an und tauchte unter die Erde hinab.
    Tief drinnen in dem tropfenden Schacht blickte Schatten hoch zu Goth, der den Metallrost mit den Zähnen gepackt hatte und hochzuheben versuchte. Throbb steckte seine Klauen durch einen der Schlitze und zerrte mit aller Kraft. Besorgt blickte Schatten Marina an.
    „Glaubst du, sie können es bewegen?“, flüsterte er.
    Marina schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht.“
    Ein metallisches Klunk beantwortete die Frage. Schatten zuckte alarmiert zusammen. Goth und Throbb war es gelungen, den Metallrost hochzuheben, nur ein paar Millimeter, nur für eine Sekunde, bevor er wieder herunterschepperte.
    „Wir sollten besser einen anderen Ausgang suchen“, zischte Marina.
    Schatten wollte nicht tiefer hinunter. Er war nie gern unter der Erde gewesen, wo das ganze Gewicht des Bodens über ihm hing. Aber welche Wahl hatten sie denn schon? Mit Marina flatterte er zögernd zum Grund des Schachtes. In zwei Richtungen erstreckte sich dort ein langer Tunnel.
    „Ich denke, es spielt wirklich keine Rolle“, sagte Marina und blickte nach beiden Seiten. „Es muss einen anderen Schacht geben, der wieder nach oben führt. Stimmt’s?“
    „Ja doch, stimmt“, sagte Schatten und versuchte zuversichtlich zu klingen.
    Der Tunnel war weit genug, sodass sie vorsichtig fliegen und dem öligen Schlamm ausweichen konnten, der am Boden entlangsickerte. Es stank hier unten nach brackigem Wasser, nach verbrauchter Luft, nach menschlichem Abfall.
    „Der Pfeil hat ihn doch getroffen“, murmelte Schatten. „Ich habe es gesehen.“
    „Vielleicht hat er ihn rechtzeitig herausgerissen.“
    „Sie haben kein Recht noch am Leben zu sein.“
    Vor ihnen gab es einen hellen Lichtschein an der Decke des Tunnels.
    „Ich glaube, da ist es“, sagte Marina hoffnungsvoll. „Da ist ein zweiter Schacht.“
    Schatten flog zum Licht hin, wollte gerade nach oben abbiegen und …
    Zähne. Das sah er als Erstes. Nur gebleckte Zähne, die sich zu ihm hinabreckten und zuschnappten. Er schrie auf und zuckte zurück, ruderte rückwärts und stieß beinahe mit Marina zusammen.
    Zwei sehnige Ratten baumelten an ihren Krallen von

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