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Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Augenblick schwieg der Kannibale. Dann nickte er.
    „Abgemacht, kleine Fledermaus.“
    Vielleicht hatte er Schatten unterschätzt.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Goth die kleine Fledermaus während des Fluges. Mit Sicherheit war jetzt nicht viel an ihm dran, aber das konnte sich ändern … mit Fleisch würde er wachsen.
    Schatten hatte Recht. Er brauchte ihn wirklich. Wenn sie nicht bald nach Hibernaculum kamen, würde Throbb sicher sterben. Nicht dass Goth diesem Schwächling, diesem fliegenden Leichnam nachtrauerte. Aber auch er fühlte den Ansatz einer unangenehmen Taubheit in den Flügelspitzen. Er brauchte Wärme.
    Und Schatten könnte ihm unter Umständen lebendig nützlicher sein, als wenn er tot war. Vielleicht konnte er ihm helfen, die Silberflügel dazu zu überreden mit in den Dschungel zu kommen. Für Schatten sollte sich das auszahlen. Er konnte ihm besondere Vorrechte einräumen. Und er wäre sicher ein nützlicherer Begleiter als Throbb. Er war scharfsinnig, dieser Knirps. Er war vielleicht kein großer Kämpfer, noch nicht, aber in seinen Augen spiegelten sich Intelligenz und Ehrgeiz. Er wollte wirklich Macht haben, und Goth musste das respektieren.
    War er wirklich entschlossen, seine eigene Verwandtschaft zu opfern? Und auch Marina? Zunächst hatte er daran seine Zweifel, aber nach einer Weile begann er zu glauben, dass Schatten die Wahrheit sagte. Der kleine Knirps war schließlich schlau.
    Er war zur Einsicht gekommen.
    „Da ist er“, sagte Schatten plötzlich zu Goth. „Der letzte Orientierungspunkt.“ Er deutete mit der Flügelspitze auf einen hohen Berg am westlichen Horizont.
    Goth schaute hin. „Du hast nie etwas von einem Berg gesagt.“
    „Aber ich wusste, ich würde mich erinnern, wenn ich ihn sehe. Ich hatte einfach diesen Teil in der Karte meiner Mutter vergessen. Wir verlassen den Fluss und fliegen über den großen Berg, und dann sollte es nicht mehr weit sein. Glaube ich jedenfalls.“
    Er schätzte für sich die Entfernung ab. Ihm wurde übel. Ein Flug von nur noch einer Nacht, höchstens zwei, und sie würden diesen Berg erreichen.
    „Gut“, sagte Goth. „Hier lang!“, rief er Throbb und Marina zu. „Schatten hat sich schließlich doch entschlossen, mit uns zusammenzuarbeiten.“
    Marina schaute sich über den Flügel nach ihm um. Ihre Blicke trafen sich nur für einen Moment, lange genug, dass er den Abscheu in ihren Augen erkennen konnte.
    Dann musste er wegsehen.
    „Es wird langsam hell“, sagte Goth. „Wir essen hier und suchen ein Lager für den Tag. Bleibt auf der Lichtung, wo wir euch beobachten können.“
    Vorsichtig flatterte Schatten zu den Baumwipfeln hinab. Sie hatten in letzter Zeit keine Eulen oder anderen Vögel getroffen, aber er hielt dennoch ein wachsames Auge und Ohr offen.
    „Was tust du?“, zischte Marina, während sie vor ihm herjagte.
    „Was spielt das für eine Rolle?“, antwortete er kalt.
    Er konnte sehen, wie Goth niedrig über ihnen kreiste und sie beobachtete, und er wusste, wie scharf sein Gehör war.
    „Du führst sie nicht wirklich nach Hibernaculum.“
    Er schwieg.
    „Sag mir’s, wenn du das tust, denn dann versuche ich allein zu entkommen.“
    „Würde ich nicht machen.“
    „Nein?“
    „Sie schnappen dich.“
    „Wie kannst du uns das nur antun? Deiner eigenen Kolonie? Und mir?“
    Er schaute sie angestrengt an, wollte mehr als alles andere sprechen. Aber er konnte nicht. Sie flog weg von ihm, um allein zu jagen.
    Sein Herz war schwer wie ein Stein. Er aß, ohne es zu merken, suchte dort, wo Marina es ihm beigebracht hatte. Er flatterte an einem Busch vorbei und suchte nach Insektenpuppen, da sah er die Blätter. Er starrte sie lange an. Sie hatten etwas Vertrautes. Ja, er erkannte ihre Form wieder, die Oberfläche mit den dunklen Adern. Aber wo …?
    Im Turm der Kathedrale!
    Zephir hatte dieses Blatt zerkaut und den Saft in Schattens Maul geträufelt. Das Blatt, das ihn eingeschläfert hatte.
    Schatten wimmerte beinahe vor Dankbarkeit.
    Vorsichtig blickte er hoch zu Goth und Throbb. Sie hatten sich auf einer Baumspitze niedergelassen, um ihn und Marina zu überwachen. Schatten landete auf dem Busch, immer noch gut sichtbar. Er fand einen Beutel Grilleneier und verschlang ihn hungrig. Während er kaute, griff er vorsichtig mit einer Kralle nach einem dunkelgeäderten Blatt und riss es vom Zweig ab. Langsam krumpelte er es eng am Körper zusammen und versteckte es tief unter dem Flügel in einer Hautfalte.
    Er blickte

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