Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Winnington
Vom Netzwerk:
hatte fast alles aus dem Jeep ausgebaut, das kleine Elektronengehirn, die winzigen Radar- und Fotozellen, die Batterien und den photoelektrischen Energiewandler mit seinen Tausenden von Zellen. Meist hockte er auf dem Fußboden oder oben auf dem Pferd, von dem ganzen Krimskrams umgeben, und schnitt, montierte ein, lötete, und nicht gerade selten fluchte er. Ich langweilte mich natürlich schrecklich. Aber er wollte keine Minute vergeuden und mir womöglich jeden Handgriff erklären, gerade wenn er wie besessen bei der Arbeit war.
    Als ich ihn fragte, warum er sich soviel Mühe machte, da das Pferd ohnehin laufen könne, antwortete er: „Dies Tier ist eine Art Spielzeug, es ist gebaut, um sich auf ebener Erde vorwärts zu bewegen. Und das nützt uns herzlich wenig hier auf diesem felsigen Boden mitten in den Bergen.“
    Langsam, aber sicher verschwand die gesamte Ausrüstung im Bauch des Pferdes. Und eines Mittags eröffnete Vater mir, er sei fast fertig. „Da ist sowieso kein Platz mehr, nicht mal für eine Stecknadel. Silberhuf ist vollgestopft mit Transistorgeräten, einem Elektronenhirn, Speicherbatterien, Radar- und Fotozellen, einem Tonbandgerät und einer Sende- und Empfangsanlage.“
    Er klapste dem Pferd eins hintendrauf.
    „Meine größte Angst ist, ob die alten Bronzegetriebe dem ganzen Trubel gewachsen sind.“
    „Morgen werd ich es testen, bevor ich alles anschließe, und inzwischen kann es noch mal voll aufgeladen werden.“
    Er schuftete am nächsten Tag wie ein Irrer. Er testete alles und prüfte jeden Anschluß. Es war schon dunkel, als er endlich fertig war. Und zur Sicherheit klemmte er die Hauptleitung ab.
    Silberhuf stand mit gewölbtem Nacken und geblähten Nüstern da. Er sah sehr stolz aus. Wenn die Sonne in seine Topasaugen schien, sah man hinter dem einen die winzige Radarantenne und hinter dem anderen die Honigwabe der Fotozelle.
    Vater schlief hundsmiserabel, denn am nächsten Tag sollte seine große Stunde schlagen, in der sich entscheiden würde, ob er seine Zeit verplempert hatte oder nicht.
    Wir waren beide ganz früh auf den Beinen. Silberhuf war mit dickem glitzerndem Rauhreif bedeckt. Er war wunderschönanzusehen. Die Gelenke in seinem Körper waren so ausgeklügelt angebracht, besonders an seinem gewölbten Nacken, daß man sie kaum bemerkte. In einem Augenblick, an dem Vater an einem toten Punkt angekommen war, hatte er Silberhufs Hufe geputzt, jetzt funkelten sie matt durch den Rauhreif.

    Ich stellte draußen den Kocher auf und machte das Frühstück, während Vater, nervös bis zum äußersten, die Kabel wieder anschloß und alles startklar machte.
    „Jetzt frühstücken wir erst mal in aller Ruhe, Jack. Und dann, wenn die Sonne aufgeht und alles ein bißchen erwärmt hat, ist der große Augenblick da.“
    Dann schwärmte er wieder davon, wie wunderbar es sein würde, wenn wir dieses antike Bronzepferd nach London, Paris und New York bringen könnten.
    Wer weiß, vielleicht könnten wir es sogar in Moskau zur Schau stellen. Zuerst kämen all die Zeitungsartikel dran, und dann würde er ein Buch schreiben. Es würde natürlich ein Bestseller, und danach würde Silberhuf im Fernsehen und in Filmen auftreten.
    „Aber das sind natürlich nur die großen Rosinen im Kuchen, Jack“, murmelte er berauscht.
    „Aber danach, und zwar jahrelang, kann das Pferd auf Tournee gehen, durch die ganze Welt. Ein schreitendes Pferd, zweihundert Jahre alt. Wer würde kein Geld ausgeben, um das zu sehen?“
    Ich lauschte Vaters Worten, und dabei blickte ich Silberhuf an. Der Rauhreif an seinem edlen Kopf begann zu schmelzen, und während ich ihn beobachtete, sickerten ein paar glitzernde Tropfen herunter und sammelten sich in den Ecken seiner Topasaugen.
    Sie sahen aus wie Tränen.

Sechstes Kapitel
    Es sei weiter nichts mehr zu tun, sagte Vater, als den positiven Pol an der Brust des Pferdes zu erden, dann würde die ganze Anlage funktionieren. Silberhuf stand majestätisch da in seiner türkisgrünen Patina, und das Licht funkelte aus Tausenden von Augen in dem photoelektrischen Energiewandler.
    Ich hielt den Atem an, als die letzte Verbindung hergestellt war. Sobald der Motor anfing zu laufen, hörte ich ein schwaches Schwirren, nicht einmal so laut wie das Rauschen eines Tonbandes.
    Doch es geschah nichts.
    Vater grunzte. Er sah beunruhigt und verwirrt aus.
    Er lief um das Pferd herum und sagte: „Der Motor läuft, es muß sich bewegen.“
    Dann versetzte er Silberhuf einen leichten

Weitere Kostenlose Bücher