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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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niemand ihn beobachten kann.«
    Marcone hatte sich inzwischen in eine Ecke zurückgezogen und hielt sein Handy ans Ohr. Er sagte etwas mit hartem Blick und wirkte dabei, als hörte er nicht richtig hin, sondern gäbe nur Befehle. Ich versuchte zu lauschen, aber die Kapelle und die plaudernden Gäste im Ballsaal waren zu laut.
    »Warum?«, fragte Susan. »Er hat die Mittel und die Möglichkeit, aber aus welchem Grund will er das Grabtuch kaufen?«
    »Wenn ich das wüsste.«
    Susan nickte. »Auf jeden Fall ist er nicht erfreut, dich hier zu sehen.«
    »Allerdings. Irgendetwas hat ihn überrascht, er ist fürchterlich erschrocken. Hast du sein Gesicht beobachtet?«
    Susan schüttelte den Kopf. »Was meinst du?«
    »Eine Reaktion während des Gesprächs. Ich bin sicher, dass ich es richtig erkannt habe. Meine Antworten haben ihn überrumpelt, und das hat ihm nicht gefallen.«
    »Du hast ihn erschüttert?«
    »Vielleicht.«
    »Stark genug, um ihn dazu zu bringen, vorschnell zu handeln?« Auch Susan beobachtete Marcone, der das Handy jetzt zuklappte und mit Gard und Hendricks im Schlepptau einen Nebeneingang ansteuerte. An der Tür blieb er stehen, redete mit einem rotuniformierten Wachmann und blickte in unsere Richtung.
    »Wir sollten uns in Bewegung setzen«, sagte ich. »Ich brauche einen Augenblick, um mit der Stoffprobe einen Spruch zu wirken und das Grabtuch zu finden.«
    »Warum hast du das nicht längst getan?«
    »Die Reichweite ist äußerst begrenzt«, erklärte ich, »und der Spruch hält nicht lange. Wir müssen in der Nähe des Grabtuchs sein, damit es funktioniert.«
    »Wie nahe?«
    »Vielleicht dreißig Meter.«
    Marcone verließ den Raum, und der Wachmann hob das Funkgerät an den Mund.
    »Mist«, fluchte ich.
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Susan, doch auch ihre Stimme klang angespannt. »Hier sind die oberen Zehntausend von Chicago versammelt. Die Wachmänner werden keinen Ärger machen.«
    »Stimmt«, sagte ich und setzte mich in Richtung Tür in Bewegung.
    »Langsam.« Susans Lächeln war wieder da. »Überstürze es nicht.«
    Ich versuchte, es nicht zu überstürzen, obwohl uns der Wachmann bereits ansteuerte. Aus den Augenwinkeln konnte ich beobachten, wie sich überall rote Jacken bewegten. Wir gingen langsam und anmutig weiter, wie man sich eben auf einer Party bewegt, und Susan lächelte so strahlend, dass es für uns beide reichte. Als wir den Nebeneingang erreichten, tauchte eine andere rote Jacke auf und versperrte uns den Weg. Ich erkannte den Mann – es war der Killer, der uns im Parkhaus am Fernsehstudio aufgelauert und beinahe Vater Vincent und mich erledigt hätte. Als er mich erkannte, riss er die Augen weit auf und schob eine Hand in die Jacke, unter der vermutlich eine Waffe im Schulterhalfter steckte. Seine Körpersprache war deutlich: Benimm dich, oder du wirst erschossen.
    Ich sah mich zu den anderen Gästen, der Tanzfläche und den Wachmännern um. Die Kapelle spielte jetzt ein schnelleres Stück mit einem lateinamerikanischen Rhythmus, und mehrere jüngere Paare, die bisher nicht getanzt hatten, näherten sich der Tanzfläche.
    »Komm mit«, sagte ich und führte Susan hinüber.
    »Was hast du vor?«, fragte sie.
    »Ich will etwas Zeit herausschinden, damit wir da drüben zum anderen Ausgang gelangen können«, erwiderte ich. Dann drehte ich mich zu ihr herum, legte eine Hand an ihre Hüfte, fasste ihre andere Hand und vollführte ein paar simple Tanzschritte. »Folge mir einfach.«
    Schockiert und mit offenem Mund starrte sie mich an. »Ich dachte, du kannst nicht tanzen.«
    »Nicht in der Disco«, erwiderte ich. Sie folgte mir leichtfüßig, und ich wurde etwas lockerer. »Mit Rockmusik komme ich nicht klar. Ein Ballsaal ist etwas anderes.«
    Susan lachte, und ihre dunklen Augen blitzten, doch gleichzeitig hielt sie Ausschau nach roten Jacken. »Dies und der Smoking – allmählich bekommst du Klasse. Wo hast du das gelernt?«
    Wir arbeiteten uns weiter hinüber, trennten uns, hielten uns nur noch an den Händen und tanzten dann wieder enger. »Gleich nach meinem Umzug nach Chicago. Damals hatte ich mehrere Nebenjobs, bis ich Nick Christian von Ragged Angel Investigations kennenlernte. Einer der Jobs bestand darin, als Tanzpartner in einem Seniorenclub auszuhelfen.«
    »Also hast du das Tanzen von kleinen alten Damen gelernt?«
    »Es ist gar nicht so einfach, mit einem Hexenschuss Tango zu tanzen«, erwiderte ich. »Das erfordert große Geschicklichkeit.«
    Ich wirbelte Susan

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