Silbermuschel
die Meinung«, sagte ich, »daß japanische Männer sich von ihren Frauen bedienen lassen.«
Er grinste.
»Bettphantasien! Geishas, Samurais und gelbe Patriarchen, so einer bin ich auch, ist dir das noch nicht aufgefallen? So, und jetzt dreh dich um!«
Er seifte mir den Rücken ein, dann die Achselhöhlen, dann die Brüste.
»Verwechselst du vorne und hinten?« fragte ich ironisch.
»Nur, wenn ich den Kopf verliere.«
Er nahm den Duschkopf aus der Halterung, drehte das Wasser an und duschte zuerst mich, dann sich selbst lauwarm ab. Ich drehte das Gesicht zu ihm hin, legte meine Wange auf seine nasse Schulter. Er neigte den Kopf; seine Lippen berührten mein Haar.
»Steig jetzt in die Wanne. Du wirst sehen, wie gut das tut.«
Zögernd trat ich an die Wanne heran. Ringsherum quoll der Dampf wie Nebelschwaden, und ich sah unsere Umrisse nur verschwommen. Das Wasser schien entsetzlich heiß. Vorsichtig stieg ich hinein.
»Langsam!« sagte Ken.
Der erste Hitzeschock verursachte mir seltsamerweise ein Gefühl prickelnder 195
Kälte. Behutsam stieg ich tiefer hinein, bis nur noch meine Schultern aus der Wanne schauten. Ken stieg neben mir ins Wasser, aber er tat es bedeutend schneller. Es war ein seltsames Gefühl; solange ich mich nicht bewegte, war die Hitze überhaupt nicht zu spüren.
»Du hast deine Uhr nicht abgenommen«, sagte ich.
»Macht ihr nichts.«
»Sie steht«, sagte ich.
»Ja, schon lange. Fühlst du, wie du dich entspannst?« setzte er hinzu.
»Ich bin überhaupt nicht entspannt, ich bin sehr erregt«, erwiderte ich. Er lachte leise und nahm meine Hand.
»Meinst du, ich nicht?«
Zwei oder drei Minuten rührten wir uns nicht. Dann sagte Ken: »Bleib nicht zulange im Wasser, du mußt dich erst daran gewöhnen.«
Er half mir, aus der Wanne zu steigen, und reichte mir das kleine Handtuch.
Meine Haut war krebsrot, aber ich fühlte mich auf wunderbare Weise gestärkt und erfrischt. Die Hitze auf meinem Körper verdunstete fast augenblicklich, so daß ich mich kaum abzutrocknen brauchte. Kens bloßer Körper schimmerte vor mir, straff und hellgolden. Ich konnte nichts sagen, nichts denken – ich stand nur wie gebannt.
Das Handtuch hing von meiner Hand herab. Plötzlich spürte er, daß ich ihn ansah, und wandte den Kopf. Unsere Blicke trafen sich. Und aus dem Funken des Wissens um den inneren Aufruhr, der in unsere Augen sprang, flammte unsere Leidenschaft offen auf, strahlte süß und heiß über unsere Leiber, brannte unsere Kehlen trocken. Ich warf mich gegen Ken im gleichen Atemzug, da seine Arme mich umfaßten, mich sanft niederzwangen. Mit einem einzigen Schwung kauerte er sich auf die Fersen, legte sich auf den Boden, hob mich auf sich, damit ich mir nicht weh tat. Der etwas glitschige Boden roch nach Seife, nach Feuchtigkeit, nach Desinfektionsmittel. Wir fühlten nicht einmal, daß die Fliesen hart waren.
Keuchend fielen wir übereinander her. Er war schon bereit, preßte meinen Körper nach unten, drang in mich ein. Ich erstickte einen Aufschrei, öffnete mich ganz, stieß nach ihm. Kens Haar bildete einen schwarzen Teppich auf den Fliesen. Sein Atem, sein Blick, der Duft seines pulsierenden Lebens hüllten mich ein. Ich stöhnte und schluchzte, während er mich mit beiden Armen an sich drückte, sich warm und hart in mir bewegte. Wolken erfüllten meinen weitgewordenen Leib, stiegen höher mit jedem Schlag meines Herzens. Wenn ich nur sterben könnte, jetzt! Vielleicht gelang es mir, vielleicht versagte mein Herz. Ich spürte es unter meinen Rippen aufhüpfen und zusammensinken, unregelmäßig und flatternd.
Sterben war ebenso natürlich wie leben, und wo sollte ich anders sterben als hier, in deinen Armen? Vergib mir. Ich will, daß du mich umbringst. Es kommt jetzt nur noch auf den Willen an. Ich spüre sie schon, diese Schwere in mir, dieses Auf und Nieder meines Brustkorbes, zu schnell und zu krampfhaft. Siehst du? Wenn du nur stark genug bist, wenn du nur lange genug durchhältst!
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»Weiter, bitte, weiter!«
Ich schluchzte, ich bettelte und flehte. Meine Lungen zogen sich krampfhaft zusammen, mein Herz hüpfte und pochte, bis schwarze Flecken sich unter meinen Lidern drehten. Mein Blut kreiste, verstopfte meine Venen. Ich dachte, wenn es mein Tod sein soll, so mag er in diesem Augenblick kommen.
Ich fühlte, daß Ken mich ansah, und zog mich in mich selbst zurück, richtete meinen Blick nach innen. Ich durfte ihn jetzt nicht ansehen, mein ganzer Körper tat mir weh vor
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