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Silbermuschel

Silbermuschel

Titel: Silbermuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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hat mich kürzlich als ›Mann mit beschränkter Haftung‹ bezeichnet. Aber Geldverdienen war für mich nie ein Lebenszweck. Und was die Liebe betrifft, nun, ich schlafe nicht mit Frauen, um mich selbst zu bestätigen.«
    »Bruno will keine Scheidung, da müßte er ja seine Fehler einsehen.« Ich gab mir Mühe, Paul die Dinge ruhig und unpersönlich darzulegen. »Er stellt mich lieber als hysterisch dar.«
    »Du solltest dir einen Anwalt nehmen.«
    »Bruno sitzt am längeren Hebel und hat überall Beziehungen. Nein, nein, das Risiko gehe ich nicht ein! Solange wir nicht offiziell geschieden sind, muß er für mich aufkommen.«
    »Eine bequeme Lösung«, sagte Paul mit spöttischem Unterton.
    »Manchmal wundere ich mich, wie ich das aushalte. Aber ich habe keine Energie mehr. Etwas Neues anfangen? Wozu?«
    »Wir sind alle ein wenig feige«, meinte Paul gelassen.
    »Ein wenig? Es gibt Tage, wo ich mich hasse! «
    Jetzt lachte er.
    »Ich finde das ein bißchen zu übertrieben. Es sollte doch genügen, daß du dich nicht magst.«
    Sein Arm lag hinter mir über dem geblümten Kissen. Der Gin brannte mir in der Kehle und in der Brust. Ich trank selten und fühlte mich etwas beschwipst, mit 28
    weichen, schweren Gliedern. Ich lehnte den Kopf zurück. Paul stellte seinen Becher auf den Tisch. Er neigte sich zu mir und spielte mit seinen Fingern in meinem Haar. Dann senkte er seinen Mund auf meine Lippen. Ich zuckte kurz zusammen. Bruno hatte ich schon jahrelang nicht mehr auf den Mund geküßt. Ich spürte meinen Herzschlag und schnupperte an Paul wie ein scheues Kind. Hätte mich auch nur eine Spur seines Geruchs an Bruno erinnert, wäre ich sofort aufgesprungen. Doch Paul roch nach Sauberkeit, ein wenig nach Gin, und sein Rasierwasser duftete leicht nach Vanille. Er merkte sofort, wie verkrampft und ungeschickt ich war, ließ seine Lippen über meine Haut wandern, fand die Gesten, die mich beruhigten. Er bewegte mich dazu, mich auszustrecken, und über mich gebeugt flüsterte er: »Hab keine Angst! Ich will nichts weiter als das, was du mich nehmen läßt.«
    Und so ließ ich ihn gewähren, noch etwas bange, mit unbewegtem Gesicht und geschlossenen Augen. Meine Ängste und Hemmungen legte ich ab, Stück für Stück, mit den Kleidern. Meine nackte Brust preßte sich an seine warme, elastische Haut, meine Lippen öffneten sich und spielten mit seiner Zunge. Ich war glücklich, in den Armen eines Mannes zu liegen, der sanfte Hände hatte, der sich Zeit nahm, mein Gesicht zu streicheln, mich auf Lider und Nasenspitze zu küssen. Ein Mann, der nicht nur an sich selbst und an seine eigene schnelle Befriedigung dachte. Paul wollte ein Präservativ verwenden, aber ich vertraute ihm und sagte nein. An jenem Abend kam ich ihm langsam entgegen, spürte, daß ich mich von ihm umarmen lassen konnte, ohne unter seinem Gewicht zu einem Eisblock zu erstarren. Und obwohl ich noch zögerte und zweifelte, obwohl meine Hände linkisch waren und zitterten, entdeckte ich doch meine Fähigkeit, Lust zu geben und zu empfangen.
    Aber noch während er in mir war, fiel mein Kopf auf die Seite. Müdigkeit beschwerte meine Muskeln wie Blei. Ich fühlte, wie meine Augäpfel sich verdrehten, und schlief sofort ein.
    Später, als wir entspannt unter der Decke lagen, fragte Paul: »Wie alt warst du eigentlich, als du zum erstenmal mit einem Jungen geschlafen hast?«
    Die Frage klang locker, nicht einmal neugierig. Er wollte nur ein Schweigen überbrücken. Mich hätte er ebensogut in den Magen boxen können. Ein plötzlicher Schweißausbruch, ein flatterndes Gefühl im Bauch.
    »Ich…«, begann ich und biß mir hart auf die Lippen. Sei ruhig! dachte ich. Sei ruhig, und er wird dir nichts anmerken. Aber es half alles nichts. Wortlos stand ich auf, taumelte die Treppe hinab. Vor mir war die kleine Klotür. Meine Hand tastete nach der Klinke. Ich beugte mich über die Kloschüssel. Mir kam sofort der Magen hoch. Als ich mich erbrochen hatte, trank ich etwas Wasser. Ich wartete, bis sich mein Atem beruhigt hatte, dann ging ich wieder nach oben. Paul lag auf der Koje und blätterte die Zeitung durch.
    »Ist dir nicht gut?«
    »Ach«, sage ich gleichmütig, »ich glaube, ich habe etwas gegessen, das mir 29
    nicht bekommen ist. Nicht weiter schlimm.«
    Er faltete die Zeitung zusammen und rückte auf die Seite, um mir Platz zu machen. Ich legte mich neben ihn, und er sagte:
    »Ich bringe dir das Segeln bei. Wenn ich mit einer Frau auf See bin, soll sie wissen,

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