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Silbermuschel

Silbermuschel

Titel: Silbermuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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ihm ein Heiligtum errichtet.«
    Er schaute auf die Uhr und entschuldigte sich: Er hatte eine Verabredung. Wir sollten in Ruhe unseren Kaffee austrinken. Franca war ja für mehrere Tage hier, 65
    und er stellte sich für die Fortsetzung dieses Gesprächs zu einem anderen Zeitpunkt zur Verfügung. Ferner würde er dafür sorgen, daß wir Einladungskarten für das Abschlußdinner im Imperial-Hotel bekämen.
    Wir standen auf. Dann kamen wir mit einem kleinen, lebhaften Dicken ins Gespräch, Inhaber einer Luzerner Firma für Büromaschinen. Er überreichte uns mit der emsigen Gebärde eines Taschenspielers seine Karte, auf der sein Name, Joseph Leuenberger, und seine Funktion, »Managing Direktor«, in schwarzgoldenen Buchstaben sowie in japanischen Schriftzeichen gedruckt waren. Joseph (Jo) Leuenberger hatte ein vergnügtes Gesicht voller Sommersprossen. Franca schaltete ihr Tonband ein und wollte wissen, wie die Aussichten seiner Firma auf dem japanischen Markt standen. Jo Leuenberger wirkte keineswegs unglücklich.
    »Krise hin oder her, nicht übel! Leider fehlt uns der japanische Hang zum Optimismus. Morgen wird sicher besser als heute, lautet hier die Parole. Dazu kommt, daß unsere Preise hoch liegen und wir sie nur mit zusätzlichen Leistungen kompensieren können.«
    »Kriegen wir das hin?« fragte Franca.
    »Wir tun, was wir können. Aber wir sind noch zuwenig flexibel.«
    Der kleine Mann gefiel mir. Er hatte etwas Fröhliches an sich. Er reichte mir bis ans Kinn, so daß ich immer nur seinen rosa Schädel vor Augen hatte.
    »Dazu kommen meine persönlichen Probleme. Als biederer Computerfachmann aus dem Luzerner Hinterland hätte ich die größte Mühe, mich beim Anblick sanfter Mandelaugen und kirschroter Lippen auf die Systemanalyse zu konzentrieren. Die Japaner offenbar nicht. Da sitzen Herren im besten Alter, brav wie Schulkinder, und lassen sich von holden Schönheiten über die magnetischen Störungen in der Übermittlung digital codierter Daten belehren.«
    »Das paßt auch nicht zu unserem Klischee der fügsamen Japanerin«, meinte Franca mit einem Seitenblick auf Charles.
    Leuenberger lächelte vielsagend, als ein Mitarbeiter ihm in breitestem Schweizerdeutsch mitteilte, ein Kunde warte auf ihn. Leuenberger zeigte sich sofort geschäftseifrig, rückte seine Krawatte zurecht und stürzte davon. Franca schaltete ihr Mikrofon aus und spulte ihr Tonband zurück.
    »Die Japanerinnen haben es ihm angetan.«
    Ich mußte plötzlich lachen.
    »Er hat seinen Ehering abgenommen. Man sieht es.«
    »Ohne Sex läuft auf solchen Messen gar nichts. Die Ehefrauen kommen ja nicht mit.« Charles sah auf die Uhr. »Wollen wir nicht essen gehen? Ich habe einen Tisch reserviert. Michael kommt um halb eins.«
    Michael? Ich runzelte die Stirn. Wer war Michael? Ach so, der Amerikaner, der ein Buch über Japan schrieb.
    Das Restaurant befand sich in einer der kleinen Nebenstraßen. Wir traten durch eine Schiebetür ein, zogen unsere Schuhe aus und ließen sie am Eingang zurück.
    66
    Der Eßraum, mit Binsenmatten ausgelegt, war durch Schiebewände aus leichtem Holz und durchscheinendem Reispapier in Nischen eingeteilt. Die Gäste, vorwiegend Messebesucher oder Angestellte aus den nahen Büros, saßen um niedrige Tische. Stimmengewirr erfüllte den Raum.
    Eine Frau in lilarotem Kimono – offenbar die Besitzerin – kam uns entgegen und verneigte sich. Sie lächelte, zweifellos rein berufsmäßig, aber mit überzeugendem Charme, und geleitete uns in eine der Nischen. Wir ließen uns auf flache, baumwollene Kissen nieder, Franca und Charles ziemlich umständlich im Schneidersitz, während ich es vorzog, nach japanischer Art zu knien. Gelenkig wie ich war, fand ich diese Stellung bequem. Charles erklärte uns, daß wir uns in einem Tempura-Restaurant befänden. Der Name dieses Gerichts stamme aus dem portugiesischen »Tempora« und verweise auf den Freitag, an dem kein Fleisch gegessen werden durfte.
    Eine Kellnerin, ebenfalls im Kimono, kam mit einem Lacktablett. Sie kniete nieder und stellte vor jeden ein Glas Wasser mit Eiswürfeln. Dazu brachte sie in einem zierlichen Bambuskörbchen drei »O-Shibori«, kleine, in Zellophan gewickelte heiße Frotteetücher.
    »Die vermisse ich in Europa!« sagte Franca erfreut.
    Sie riss das Zellophan auf und tupfte mit dem Tuch ihr Gesicht ab. Ich drückte behutsam das Tuch auf mein Gesicht. Der wohltätige Hitzeschock ließ mich blinzeln.
    »Oh, das tut gut!« seufzte ich.
    Charles, der

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