Silbernes Band (German Edition)
musste er ihm zu Hilfe eilen, damit sie George gemeinsam zur Strecke bringen konnten. Gleichzeitig überprüfte er die Umgebung auf sich nähernde Sterbliche. Ein halbes Ohr lauschte nach Rúnas Herzschlag, um rechtzeitig reagieren zu können, falls sie zusammenklappte. Dabei war er die Ruhe selbst, kippte etwas Jod auf ein paar Wundauflagen und wischte notdürftig die Blutspuren von Heiðars Haut. „Ich gebe dir etwas gegen die Schmerzen und ein Antibiotikum. Hattest du schon mal Medikamente?“ Heiðar schüttelte mühsam den Kopf. „Ich dosiere zurückhaltend, da ich nicht weiss, wie dein Organismus darauf reagiert.“ Morten zog eine Spritze auf, desinfizierte Heiðars Armbeuge und setzte die Nadel an. „Deine Haut ist ziemlich widerstandsfähig, ich kriege die Kanüle kaum in die Vene. Verzeih mir, wenn ich dir wehtun muss.“ Dank Mortens unsterblichen Kräften gelangte das Medikament doch noch an seinen Bestimmungsort. Heiðar zuckte kurz, als die Nadel endlich in seinen Arm glitt. Die ganze Zeit hielt er seine Rúna fest, das war das Wichtigste. Dass sie lebte. Sie wurde noch immer von Weinkrämpfen geschüttelt und hörte nicht mehr auf zu zittern. Er roch den feinen Blutgeruch, der von ihren Knien und ihren Händen ausging. „Es ist alles gut. Alles gut... Ich halte dich. Beruhige dich, Rúna. Es geht vorbei, gleich ist es vorbei.“
George hatte nicht damit gerechnet, dass Fionn ihn aus dem Untergrund angreifen würde. „Kannst du nicht warten, bis du an der Reihe bist? Ich mag es gar nicht, wenn man mich unterbricht“, maulte er, rappelte sich blitzschnell wieder auf und ging dann wie ein Berserker auf Fionn los, der seinen Angriff mit wutglühendem Blick erwartete. „Und ich mag es nicht, wenn man meine Familie bedroht“, knurrte er mit gebleckten Zähnen und sprang hoch in die Luft, wo die beiden schonungslos aufeinanderkrachten. Sie versuchten sich gegenseitig festzunageln, die gefährlichen Kiefer schnappten ein ums andere Mal durch die Luft. Bei der Landung auf dem schwarzglänzenden Asphalt versetzte Fionn George einen gewaltigen Hieb mit dem Ellbogen, der ihn durch die Luft katapultierte. Mit wütendem Fauchen rollte George sich auf der Erde ab, sprang gleich wieder auf die Füsse und schoss erneut auf seinen Kontrahenten zu. Sie packten einander, bewegten sich in einem mörderischen Tanz über den weitläufigen Platz. George gelang es, Fionn in die Nähe der U-Bahnstation zu treiben. „Riechst du das? Ich hab ihn gebissen. Wer weiss, ob er das überlebt, du kennst meine Beisskraft.“ Fionn versuchte, sich durch die fiesen Worte nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, doch der starke Blutgeruch tat ein Übriges. Für den Bruchteil einer Sekunde liess er sich von der Sorge um seinen Sohn ablenken. George nutzte die Unachtsamkeit, liess sich fallen und griff blitzschnell nach seinen Beinen, um ihn von den Füssen zu reissen. Fionn krachte unsanft auf den Rücken und blieb in einer Pfütze liegen. Heiðars Blut stach ihn in der Nase, dazu kam der schwache Hauch von Rúnas Verletzungen.
„Räum schon mal deinen Sessel im Rat! Gleich findest du den endgültigen Tod, mein Freund. Sei nicht traurig, deine Lieben leisten dir dabei Gesellschaft.“ Fionn sah George’s drahtigen Körper auf sich zufliegen. Das Grossmaul wollte sich auf ihn stürzen und ihm den tödlichen Kuss verabreichen. Diesen Gefallen würde er ihm auf keinen Fall erweisen, also brachte er sich mit einer eleganten Rolle aus dem Gefahrenbereich. Er musste sich unbedingt zusammenreissen, wenn er diesen Kampf für sich entscheiden wollte. George landete auf allen Vieren in der Pfütze. Fionn schüttelte sich fauchend und stiess sich aus seiner kauernden Haltung vom Boden ab. George sprang ebenfalls auf und wollte sich nach ihm umdrehen. Bevor das gelang, krallte sich Fionn in George’s Rücken. Der versuchte nun mit allen Mitteln, die blonde Raubkatze abzuschütteln, doch Fionn liess nicht locker, fiel elegant auf die Füsse, riss George mit sich und fixierte ihn mit eisernem Griff. „Wer findet den endgültigen Tod?“, raunte er ihm ins Ohr. Der Festgehaltene mobilisierte sämtliche Kräfte, um seine nun ungeschützte Kehle von ihm abzuwenden. Vergeblich. Mit einem scharfen Fauchen, das von Genugtuung troff, schlug Fionn brutal seine Zähne in den verzweifelt zuckenden Hals. George’s Schrei hallte über den einsamen Platz. Ein gezielter Biss riss die Kehle heraus, der Schrei wurde zum hilflosen Gurgeln. Fionn spuckte
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