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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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vorsichtig auf die Füsse. Mit dem linken Arm stützte er die unverletzte Seite, während er mit der freien Hand nach Mortens Tasche und dem Beutel mit den zerfetzten Kleidern langte. Heiðar wollte so schnell wie möglich zum Wagen gelangen, aber seine Beine gehorchten ihm einfach nicht. Er konnte immer bloss einen Fuss vor den anderen setzen, so als hätte er das Gehen verlernt. Ernsthaft verletzt zu sein war eine völlig neue Erfahrung. Er fühlte sich klein, schwach und ausgeliefert.

    „Rúnas Schuh.“ Er blieb stehen und wollte sich danach bücken. Ein brennender Schmerz fuhr durch den linken Arm bis zur Schulter. „Lass mich das machen.“ Fionn angelte mit der rechten Hand nach dem Pumps, ohne die Tasche oder den Beutel loszulassen, dann hob er seinen Sohn kurzerhand auf die Arme. „Nicht...“, wehrte Heiðar mit brüchiger Stimme ab. „Auf diese Weise sind wir schneller bei Rúna“, erwiderte Fionn sanft. Heiðar akzeptierte es, wie ein kleines Kind getragen zu werden. Was blieb ihm auch anderes übrig?

    Da Heiðar das Auto unverschlossen zurückgelassen hatte, öffnete Morten schon mal eine Tür im Fond, wo er die zitternde Rúna auf die Rückbank bettete und sich dann dicht neben sie setzte. „Mir ist kalt“, stammelte sie zähneklappernd. Ein Unsterblicher an der Seite eignete sich nicht unbedingt als Wärmespender. Morten rückte etwas von ihr ab. „Versuch ruhig zu atmen, Rúna. Gleich bist du zu Hause.“ Er hielt ihre Hand und strich sachte darüber.

    Mit Fionns Hilfe liess sich Heiðar auf den Beifahrersitz gleiten. „Aaah, verdammt!“ Es fühlte sich an, als würden George’s Zähne noch immer in seiner Schulter stecken und die Wunde weiter aufreissen. Während er mühsam seine Körperteile sortierte und eine annähernd bequeme Sitzposition suchte, war sein Vater längst um den Wagen herumgeflitzt und warf sich klatschnass ans Steuer. Er startete den Motor, stellte die Heizung auf Höchststufe und brauste los.

    „Erlaubst du, dass ich dein Telefon benutze? Mein Smartphone ist leider nicht mehr zu gebrauchen. Gevierteilt und ersäuft.“ Fionn langte in die Innentasche seines Jacketts und förderte einen Teil des zertrümmerten Displays zutage. Heiðar war nicht zum Lachen zumute, er brachte bloss ein angedeutetes Nicken zustande. Fionn schnappte sich Heiðars Telefon vom Armaturenbrett und wählte mit fliegendem Daumen eine Nummer. Nach dem zweiten Klingeln meldete sich eine angenehme weibliche Stimme: „Ja? Wer spricht da?“ - „Joséphine!“ – „Fionn! Wie schön, von dir zu hören!“ Er ging nicht auf das erwartungsvolle Gurren ein, sondern antwortete in geschäftsmässigem Ton: „Bist du so freundlich und holst George’s Wagen nach Hause? Er war leider nicht mehr imstande selbst zu fahren.“ - „Hat er mal wieder einen über den Durst getrunken? Der unvernünftige Teufel!“ – „Du sagst es, mein Liebes.“ – „Mach dir keine Sorgen, ich erledige das. Wo steht der Wagen?“ – „In der Nähe des Canada Tower.“ – „Kein Problem. Es soll doch alles seine Ordnung haben.“ – „Wunderbar, vielen Dank, Joséphine.“ – „Sehen wir uns, solange du in London bist?“ – „Ich fürchte nein. Ich muss mich um meinen Sohn kümmern, er hat hohes Fieber und darf keinen Besuch empfangen.“ – „Verstehe, wie bedauerlich. Richte ihm bitte meine besten Wünsche aus. Bis bald, Fionn.“ – „Bis bald, mein Liebes, und herzlichen Dank.“ Er beendete den Anruf und steckte Heiðars Telefon ganz selbstverständlich in die eigene Tasche.

    Obwohl Fionn sich einen Deut um die erlaubte Höchstgeschwindigkeit scherte, erschien es Heiðar, als irrten sie stundenlang durch die Londoner Strassen. Um sich von seinen Schmerzen abzulenken, lauschte er dem wilden Pochen und der keuchenden Atmung auf dem Rücksitz. Rúnas schlechte Verfassung trug nicht unbedingt dazu bei, dass er sich besser fühlte – im Gegenteil. „Bitte beeil dich. Wir müssen Rúna nach Hause bringen“, presste er schwach hervor und versuchte sich irgendwie nach ihr umzudrehen. Sie wurde in einem Fort geschüttelt, obwohl es bereits mollig warm war im Wagen. „Wir sind gleich da“, beruhigte Fionn und liess den Mercedes elegant durch die Kurven gleiten. Endlich erkannte Heiðar die vertrauten Strassenzüge von Mayfair. Da vorn war die Abzweigung, die zu Fionns Haus führte. Keine Minute später rollte der Wagen schnurrend vor das scheinbar verlassene Stadthaus. Bevor Fionn die Tür öffnete,

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