Silbernes Band (German Edition)
sprang geschmeidig auf Heiðar zu, und sie prallten heftig aufeinander. Der dunkelhaarige Fiesling war um einige Zentimeter kleiner als der schwedische Schrank und bei weitem nicht so muskulös. Heiðar hatte ihn deshalb als schwächer eingestuft, was sich leider als Trugschluss herausstellte. Der Aufprall auf den kalten Körper fühlte sich an wie ein Sprung in eine Betonmauer. Ob George gar stärker war als Fionn? Es spielte keine Rolle. Heiðar fürchtete sich nicht und war wild entschlossen, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Hoffentlich verhalf ihm seine Wut zu mehr Kraft, damit er eine Chance hatte, seinen übermächtigen Gegner zu besiegen. Er musste sich auf seine Stärken besinnen, um die gefährlichen Angriffe zu parieren.
George versuchte ihn mit seinen Zähnen zu erwischen. Dank seiner Wendigkeit gelang es Heiðar immer wieder geschickt auszuweichen. Verdammt, was für einen kräftigen Griff dieser miese Kerl hatte! Nach mehreren Versuchen konnte er sich endlich aus der schraubstockartigen Umklammerung winden. Er wich flink einige Meter zurück, um sich gleich wieder abzustossen und George erneut anzuspringen. Wäre es ein spielerischer Kampf, lägen sie längst kabbelnd am Boden und würden sich zum Schein an die Kehle gehen. Das durfte auf keinen Fall passieren, er konnte sich keine Schwäche erlauben.
George fauchte wutentbrannt und stürzte sich mit weitgeöffnetem Kiefer auf den Angreifer. Heiðar hob reflexartig den linken Arm, um ihn abzuwehren. Der Kiefer schnappte zu. Scheisse! Heiðar fühlte einen stechenden Schmerz im Unterarm, als sich die spitzen Eckzähne tief in seine Haut bohrten, den Stoff der Kleidung zerfetzten und seinen Arm aufrissen. Geistesgegenwärtig rammte er George das Knie in den Magen, damit der endlich den Kiefer aus seinem Arm löste. Er lachte dreckig, dann leckte er sich genüsslich die blutverschmierten Lippen: „Du schmeckst nicht schlecht. Ich sollte dich aussaugen, statt mich mit dir zu prügeln.“ Heiðar ignorierte die brennenden Schmerzen, so gut es ging, und konzentrierte sich darauf, seine Kehle zu schützen und den kräftigen Klauen zu entkommen.
Rúna versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Heiðar war gekommen, um sie zu retten. Er kämpfte mit George, was sie aber nicht wirklich mitverfolgen konnte. Die Bewegungen der beiden waren zu schnell, sie sah bloss undeutliche Schatten im Schein der Beleuchtung, hörte wütendes Knurren und Fauchen und das dumpfe Geräusch, wenn zwei Körper heftig aufeinanderprallen. Hoffentlich kam Fionn ihnen bald zu Hilfe! Heiðar war nicht so stark wie George, er hielt nicht mehr lange durch. Die Panik hatte sie fest im Griff, und sie konnte gar nicht mehr aufhören zu zittern.
Heiðar gelang es, sich mit der rechten Faust von George’s Schulter abzustossen und sich loszureissen. Er sprang aus der Gefahrenzone, um kurz Atem zu schöpfen. Warmes Blut floss aus der Bisswunde am Unterarm und tränkte den Ärmel seines Hemdes. Der verletzte Arm pochte vor Schmerz, dennoch musste er gleich wieder angreifen, um George von Rúna fernzuhalten. Er holte nochmals Anlauf, stiess sich mit wütendem Knurren vom Boden ab und hoffte, George’s Kehle endlich zu erwischen. Vielleicht, wenn er näher ran ging? Im nächsten Sekundenbruchteil war ihm bewusst, dass er zuviel riskiert hatte. So dicht an seinem Gegner konnte er seine Wendigkeit nur noch eingeschränkt einsetzen. „Gut so. Komm in meine Arme.“ Er wurde brutal gepackt und mit unheimlicher Kraft fixiert. George wollte ihm an die Kehle. Heiðar gelang es im letzten Moment, etwas Schwung zu mobilisieren und sich abzuwenden. Leider zuwenig, das todbringende Gebiss schlug sich tief in sein Fleisch. Ein ungeheurer Schmerz schoss durch seinen ganzen Körper und liess ihn aufheulen. Die messerscharfen Zähne bohrten sich wie eiserne Haken ins Gewebe, der starke Kiefer drückte zu und zerfetzte die linke Schulter. Er wand sich hilflos zappelnd, kriegte endlich irgendwie seine Arme frei. Die rechte Hand konnte Georges Kopf wegstossen, dabei rissen die Eckzähne seine Schulter weiter auf. Er wurde erneut gepackt, brutal durch die Luft geschleudert und krachte hart zu Boden. Noch mehr warmes Blut, das ihm über Brust und Rücken lief, dazu die höllischen Schmerzen, die sich von den Bisswunden ausgehend wie ein Lauffeuer über seinen ganzen Körper ausbreiteten und ihn fesselten. Die Verletzungen schwächten ihn, er fühlte, wie seine Kraft ihn mehr und mehr verliess.
Er musste
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