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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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bemerkte sie, um das angespannte Schweigen aufzulösen. Zur Bekräftigung nahm sie sich noch eines der süssen Teilchen und biss genussvoll hinein.

    Das liebevolle Lächeln kehrte zurück. Er nahm es ihr nicht übel, dass sie so unbedarft nach seinem Vater gefragt hatte. Sie unterhielten sich noch eine Weile ganz zwanglos über Musik und stellten fest, dass sie beide Fans von Bassi Húnn, Ljósaskiþti und Hnífur Blóm waren.

    Rúnas Bedenken waren weitgehend zerstreut. Heiðar schien es tatsächlich nicht darauf abgesehen zu haben, sie einfach ins Schlafzimmer zu zerren. So dicht neben ihm auf dem Sofa fühlte sie sich irgendwie beschützt. Es störte sie deshalb nicht im Geringsten, als er unauffällig noch etwas näher rückte, seine Hand ausstreckte und ihr eine Locke hinters Ohr strich, die sich gelöst hatte. Dann blickte er ihr tief in die Augen und berührte ihre Wange. Wenn er jetzt wieder ihren Hals streichelte, war sie ihm rettungslos ausgeliefert. Dann würde der Abend womöglich doch im Schlafzimmer enden. Sie wusste nicht, ob sie das wollte.

    Ihre Kehle liess er aus, nahm stattdessen ihre linke Hand, drehte sie um und strich zärtlich über die blauen Linien. Schob langsam den Ärmel ihres T-Shirts hoch und folgte der Vene bis zur Armbeuge und wieder zurück. Wie schön das prickelte! Sie hätte nichts dagegen, wenn er das noch weiter ausdehnte. Pustekuchen, er zog den Ärmel wieder ordentlich über ihren Arm, fasste dann erneut an ihre Wange. Sein Daumen liebkoste den geröteten Wangenknochen. Sie fühlte, wie er den Ringfinger neben ihr Ohr legte, wie die Fingerkuppe vorsichtig tastete, als suchte er etwas. Rúna hoffte einfach, dass er ihr nicht ins Ohr fasste. Das konnte sie nicht ausstehen, sie war nämlich kitzlig.

    Seine Zärtlichkeiten waren etwas ungewöhnlich, aber nicht minder schön. Und zum Glück harmlos. Sie begann sanft sein blasses Gesicht zu streicheln und kraulte seinen Nacken. „Deine Haut ist kühl.“ – „Ich hab tiefen Blutdruck.“ – „Dann hättest du kalte Hände. Aber deine Hände sind irgendwie anders. Es kribbelt, wenn du mich berührst, und es fühlt sich ziemlich warm an. Dein Gesicht und dein Nacken sind kühl.“ – „Das war schon immer so. Ich kann es nicht erklären.“ – „Okay. Vielleicht find ich ja noch raus, was es bedeutet.“ Rúna strich vom Nacken bis zur Schulter und weiter in Richtung seiner Kehle, um ihn dort zu liebkosen. So wie er es gestern bei ihr getan hatte. Blitzschnell zog er ihre Hand weg. „Was hast du?“ Er lächelte unsicher, wandte dann den Blick ab. „Nicht jetzt, sonst brauchen wir doch noch die Bratpfanne...“ Oops! Offenbar hatte das Berühren der Kehle auch auf ihn eine gewisse Wirkung.

    Er streichelte gedankenverloren ihre Hand und seufzte leise: „Es ist wohl besser, wenn ich dich nach Hause fahre.“ - „Oh, du möchtest mich loswerden? Hab ich zuviele unangenehme Fragen gestellt?“ Sie reckte herausfordernd das Kinn nach oben, er versuchte nicht an das pulsierende Blut in ihrer Kehle zu denken. „Ich möchte so vieles, aber ich möchte dich auf keinen Fall loswerden.“ - „Du könntest mir etwas vorlesen. Wenn du ein Buch hältst, sind wenigstens deine Hände beschäftigt...“ Die saphirblauen Augen blitzten empört. „Na hör mal, immerhin war es deine Hand, die ich wegziehen musste!“ Mit einem missbilligenden Schnalzen erhob er sich vom Sofa und ging rüber ins Arbeitszimmer. Er öffnete einige der Bücherschränke und schnupperte eingehend. Jene Bücher, die ihr Interesse geweckt hatten, nahm er heraus. Bei Hafstein Jónassons neuestem Roman „Duftspuren“ zögerte er. Ob sie das Buch bereits kannte? Mal sehen, er packte es obenauf und sauste ins Wohnzimmer. Rúna musterte mit offenem Mund den hohen Stapel (zwölf Stück!), den er kaum eine Minute später auf den Couchtisch legte. Hatte sie tatsächlich vergessen, die Bücher wieder zurückzustellen?

    Heiðar liess sich ohne eine Erschütterung neben ihr aufs Sofa fallen: „Such dir eins aus. Ich lese dir die ganze Nacht vor, wenn es sein muss!“ Sie wählte „Duftspuren“, eine Neuerscheinung, die sie bisher nicht gelesen hatte. In der Geschichte ging es um einen jungen Mann, der sein ganzes Dasein auf Düfte ausrichtete. Sie bestimmten, wo und wie er lebte, was er ass, wie er sich kleidete und wen er liebte. Seine übrigen Sinne liess er regelrecht verkümmern und wurde zum eigenbrötlerischen Einzelgänger, den niemand verstand. „Ich

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