Silbernes Mondlicht, das dich streichelt
verwickelt, und ich konnte genügend Beweise sammeln gegen ihn und die
Schurken, mit denen er zusammenarbeitete, um sie für immer außer Gefecht zu
setzen. Oder zumindest glaubte ich das.«
Aus den Augenwinkeln sah sie, daß
Aidans Blick auf ihrer Kehle ruhte, und sie verspürte ein jähes, unerklärliches
Verlangen, sich dem dunklen Zauber hinzugeben, der aus seinen Augen strahlte. »Doch
nun sieht es so aus, als hätten sie beschlossen, mich für immer zum Schweigen
zu bringen«, schloß sie unsicher.
Mit verblüffter Geschmeidigkeit
stand er auf und entfernte sich von ihr. Wäre er ein anderer gewesen, hätte sie
jetzt vielleicht gedacht, daß er ihr gar nicht zugehört hatte. Aber sie wußte,
daß es nur sehr wenig gab, was Aidan Tremayne entging, ob er aufmerksam wirkte
oder nicht.
»Es wird einiges Nachdenken
erfordern — Ihr Problem, meine ich«, sagte er ernst und vermied es dabei, sie
anzusehen. »Machen Sie es sich bequem. In einigen Minuten werde ich den Wagen
vorfahren. Da ich ihn nur selten benutze, braucht der Motor eine Weile, um
warmzulaufen.«
Neely nickte. Der Gedanke, von ihm
getrennt zu sein, erfüllte sie mit Enttäuschung und Erleichterung zugleich.
»Vielen Dank«, sagte sie.
Aidan verließ den Raum.
Neely wartete eine Zeitlang, dann
stand sie auf. Ihre Knie zitterten noch immer, und die Schramme daran brannte
wie verrückt, aber der Brandy wirkte wohltuend auf ihre Nerven. All das jedoch
war nichts im Vergleich zu den Gefühlen und Sehnsüchten, die Aidan Tremayne in
ihr hervorrief.
Sie ging zu seinem Schreibtisch und
stellte das Cognacglas ab.
Eine Spieldose stand neben der
Schreibunterlage, die Neely in die Hand nahm, um ihre Gedanken von dem Besitzer
dieses unheimlichen alten Hauses abzulenken.
Außerdem besaß sie selbst eine
Sammlung solcher Spieldosen, die sich zusammen mit ihren Möbeln in einem
gemieteten Lagerraum befand.
Diese hier war zweifellos antik, aus
dem frühen neunzehnten Jahrhundert vielleicht. Das Gehäuse war aus feinstem
Rosenholz, winzige Waldtiere waren in den Deckel eingeschnitzt.
Als Neely ihn hob, erklangen die
leisen Töne einer uralten Weise. Sie begann zu zittern, ihr Herz pochte wie
verrückt.
Es war die gleiche Melodie, die sie
in ihrem Traum gehört hatte!
Mit einem unterdrückten Aufschrei
klappte sie die Dose zu und trat zurück.
»Ist Ihnen nicht gut?« fragte eine
unbekannte Männerstimme.
Neely wirbelte herum. Sie hatte den
Mann, der hinter ihr stand, noch nie gesehen; er war von imponierender Gestalt,
groß und stattlich, und wirkte sehr attraktiv mit seinem dichten, welligen
Haar und den verwirrend blauen Augen. Erschrocken legte Neely eine Hand an ihre
Brust.
»Ich habe Sie erschreckt.« Mit einem
freundlichen Lächeln beugte der Mann den Kopf. »Ich bitte um Verzeihung.«
Neely war zwar noch immer sehr
erschüttert, doch sie spürte, daß sie ihr inneres Gleichgewicht allmählich
wiederfand. Über die Spieldose konnte sie später nachdenken, und was das jähe
Erscheinen dieses Mannes betraf, nun, das war bestimmt nicht schwer zu
erklären. Aidans Hans war sehr groß, und er hatte nie behauptet, allein darin
zu leben. Es war etwas, was sie einfach angenommen hatte.
»Mein Name ist Valerian. Und Ihrer?«
»Neely«, sagte sie zögernd. Konnte
dieser Mann der gleiche sein, der sie im Wald verfolgt hatte? Nein — sie hatte
zuviel ferngesehen und zu viele Krimis gelesen, das war alles. Dieser Mann war
wohl kaum der Typ, der nachts durch einen verschneiten Wald lief, und am
Steuer eines Jeeps konnte sie ihn sich auch nicht vorstellen. »Neely Wallace.«
»Sehr erfreut«, sagte er und nahm
Neelys Hand. Sie entsann sich nicht, sie ausgestreckt zu haben. Wie ein kühler
Lufthauch glitten seine Lippen über ihre Haut, ohne sie jedoch tatsächlich zu
berühren.
Ein Erschauern durchzuckte sie,
teils aus Vergnügen, teils aus Angst. Ihr schwindelte ein wenig, als versuchte
jemand, sie zu hypnotisieren. Sie entzog dem Mann ihre Hand, und im selben
Augenblick kehrte Aidan in den Raum zurück und brachte den Geruch von frischem
Schnee und Wind mit sich.
Er schaute Valerian an, obwohl seine
Worte an Neely gerichtet waren.
»Der Wagen ist bereit«, sagte er. Es
klang seltsam gepreßt.
Neely nickte und zog hastig ihren
Mantel an, begierig, aufzubrechen und — wenn sie sich selbst gegenüber ehrlich
war mit Aidan allein zu sein.
Ein weißer englischer Sportwagen,
ein Triumph Spitfire mit abnehmbarem Verdeck und sehr viel Chrom, parkte vor
dem
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