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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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gab
viel, was Aidan nicht über Vampire wußte, trotz seiner zweihundert Jahre langen
Karriere als solcher. Aber schließlich hatte er in all dieser Zeit unaufhörlich
gegen sein Schicksal rebelliert ...
    Endlich strich sich die archaische
Kreatur in der Mitte der Ältesten den weißen Bart und murmelte: »Es gibt kein
Gesetz, das uns die Erschaffung neuer Vampire untersagt, ob mit Zustimmung des
Opfers oder ohne. Ich persönlich würde gern die Ergebnisse des Experiments
sehen, über das wir hier verhandeln, und aus diesem Grund stimme ich dafür, es
zu gestatten.«
    Aidan setzte zum Sprechen an, aber
der Älteste brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. »Der Prozeß ist äußerst
schmerzhaft«, warnte er, »und ungemein gefährlich. Es ist zum Beispiel möglich,
daß die Silberkordel, die Ihren Geist mit Ihrem Körper verbindet, während der
Transformation zerstört wird. Falls dies geschieht, werden Sie weder Vampir
noch Mensch sein, und das könnte sich als schlimmeres Schicksal erweisen als
das Jüngste Gericht.«
    Ein Raunen ging durch den Saal, denn
dies war etwas, was jeder Vampir, Magier oder Geist mehr fürchtete als irgend
etwas anderes.
    Aidan erhob sich langsam, geschwächt
von der langen Befragung. Er wagte nicht, an Neely zu denken, obwohl ihr Bild
sicher in seinem Herzen verborgen war und ihm Kraft und Mut vermittelte, die
gnadenlose psychische Fragerei der Ältesten zu ertragen.
    »Wie?« flüsterte er. »Wie wird es
geschehen?«
    »Setzen Sie sich«, befahl einer der
Ältesten scharf.
    »Nein«, entgegnete Aidan
entschlossen. »Ich habe Ihre Fragen bereitwillig beantwortet. Ich habe Ihnen
meine Gedanken und meinen Geist geöffnet und sie von Ihnen prüfen lassen. Jetzt
müssen Sie mir sagen, wie ich wieder ein menschliches Wesen werden kann!«
    Noch mehr Geraune folgte, dann stand
ein weiteres Mitglied des Ältestenrats auf und kam um den Tisch herum. Er trug
eine Mönchskutte, die bei jedem seiner Schritte leise raschelte, und hatte
langes, rotes Haar und ein stolzes Gesicht mit aristokratischen Zügen.
    »In den frühen Zeiten von Atlantis«,
sagte er, »wurden bedeutende medizinische Experimente ausgeführt. Wissenschaftler
entdeckten das Geheimnis der Unsterblichkeit durch eine Veränderung der
Blutzusammensetzung — und wir, die ersten Vampire, wurden durch ein spezielles
System der Blutübertragung geschaffen. Während wir anfangs noch glaubten,
unser ... Hunger könne durch intravenöse Übertragungen befriedigt werden,
mußten wir schon bald feststellen, daß dies nicht der Fall war. Entweder
tranken wir das Blut lebendiger Wesen, oder wir verhungerten.«
    Er machte eine kurze, bedeutsame
Pause. »Einige von uns zogen dieses Schicksal der Jagd auf Menschen vor, andere
ließen sich von der Sonne zu Asche reduzieren«, fuhr er ruhig fort. »Die
meisten von uns beschlossen jedoch, weiterzuexistieren, weil es schließlich
das ewige Leben war, das wir von Anfang an gesucht hatten.«
    Aidan lauschte gespannt.
    »Aufgrund unserer einzigartigen
Macht entgingen wir der Katastrophe und konnten einen Teil unseres Wissens mit
uns nehmen, unglücklicherweise jedoch ging auch sehr viel davon verloren. Es
existierte ein Gegenmittel für das, was Sie den Fluch nennen und was für
uns ein Segen ist. Man erhält eine Transfusion von Blut, das zuvor mit
verschiedenen Chemikalien und Kräutern behandelt wurde. Die schreckliche
Katastrophe, die unseren geliebten Kontinent ereilte, setzte unseren
Experimenten ein Ende, aber einige Dinge sind uns schon bekannt — daß die
Prozedur ungemein schmerzhaft ist, zum Beispiel, wahrscheinlich sogar genauso
qualvoll, wie in der Sonne zu verbrennen.«
    Aidan blieb ungerührt. Kein Leiden
konnte schlimmer sein als das, was er bereits erlitt. Er liebte eine
menschliche Frau und wagte es nicht, sich ihr zu nähern, und er war gezwungen,
Blut zu trinken, um zu überleben. Er war ein Ungeheuer, eine Verirrung der
Natur, ein Teufel.
    »Das ist mir egal«, sagte er nach
langem Schweigen heiser. »Ich würde alles riskieren und jeden Schmerz ertragen,
um wieder ein Mensch zu sein!«
    Der Vampir, der zuletzt gesprochen
hatte — keiner von ihnen, außer Tobias, hatte sich dazu herabgelassen, Aidan
seinen Namen zu nennen — stieß einen Seufzer aus und starrte seine Kameraden
einen langen Moment schweigend an. Dann richtete er den Blick wieder auf Aidan.
    »Bedenken Sie, daß Sie wieder ein
ganz gewöhnlicher Mensch sein werden, falls dieses verrückte Unternehmen
gelingt. Sie

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