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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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wissen, wohin er will«, flüsterte ich. »Bleiben Sie unten!«
    Es war ein arthritischer Wagen, gezogen von einem asthmatischen Pferd und gelenkt vom ältesten Gärtner der Welt; ich vermutete, daß sie nicht sehr weit fahren würden.
    Wir hielten uns versteckt, bis wir einen Stall erreichten. Der alte Mann spannte das Pferd aus und stapfte nach Hause. Trotz der Brandgefahr ließ er eine tropfende Kerze zurück. Entweder er war völlig betrunken, oder das Pferd bekam im Dunkeln Angst.
    Wir waren allein. Wir waren in Sicherheit. Es gab nur ein Problem: als wir nach draußen sahen, stellte sich heraus, daß wir uns in einem öffentlichen Park befanden. Der Gitterzaun war zweieinhalb Meter hoch – und beim Weggehen hatte der Mann das Tor abgeschlossen.
    »Ich fürchte mich ohne meine Mutter«, flüsterte ich Helena zu. »Sie müssen über den Zaun klettern und Hilfe holen!«
    »Wenn wir nicht hinauskönnen, kann auch niemand herein …«
    »Ich gehe doch nicht mit einem Pferd zu Bett!«
    »Oh, Falco, ich dachte, Sie hätten Sinn für Abenteuer.«
    »Und ich dachte, Sie hätten Sinn und Verstand.«
    Wir gingen mit dem Pferd zu Bett.

XLVII
    Im Stall neben dem Pferd lag ein Haufen Stroh, von dessen Sauberkeit sich vor uns bereits diverse Zecken und Flöhe überzeugt hatten. Ich breitete meine Toga über alledem aus und entschuldigte mich im Geiste bei Festus. Aber dieser lustige Bruder hätte das Ganze bestimmt als großartigen Witz angesehen. Wäre ich in weniger respektabler Begleitung gewesen, hätte ich vielleicht selbst gekichert.
    Ich schnallte mir den Gürtel ab, schleuderte meine Sandalen beiseite, warf mich auf das Stroh und sah zu, wie Helena meine Schuhe sehr ordentlich neben ihre stellte. Sie trat ein paar Schritte zurück und zog sich, während sie mir den Rücken zuwandte, die elfenbeinernen Nadeln aus dem Haar, bückte sich und legte sie in einen ihrer Schuhe. Dabei löste sich das Haar und fiel locker nach hinten. Ich beschloß, die Hand nicht auszustrecken und nicht freundschaftlich daran zu ziehen. Man sollte eine Frau sehr gut kennen, bevor man sie an den Haaren zieht.
    Sie setzte sich und umschlang ihre Knie. Ohne ihren Umhang war ihr offenbar kalt.
    »Kommen Sie – aus unserer seltsamen Nationaltracht läßt sich eine hübsche Bettdecke machen. Kommen Sie her und wärmen Sie sich. Pst! Es erfährt doch niemand!« Ich zog sie neben mich und wickelte rasch die langen Enden meiner Toga um uns beide. »Ich war schon immer der Meinung, daß unsere Gründerväter, als sie das hier erfanden, vor allem ein Problem vor Augen hatten: wie wickelt man Frauen ein …«
    Die Tochter des Senators war in meinem zeremoniösen Kokon so gelandet, daß ihr Kopf gleich unter meinem Kinn lag. Sie fror so sehr, daß sie keinen Widerstand leistete. Ein Beben lief durch ihren Körper, dann lag sie steif wie ein Zaunpfahl. Sowie ihr klar geworden war, daß sie ohne größere Anstrengungen nicht mehr entkommen konnte, schlief sie diplomatischerweise auch schon ein. Sie haßt unnötige Aufregung.
    Ich lag wach; wahrscheinlich konnte sie hören, wie mein Hirn knirschte, während ich mir noch einmal die Ereignisse dieses Abends durch den Kopf gehen ließ. Ich nahm meine bevorzugte Denkerhaltung ein; ich hatte sie soeben entdeckt: die Wange an den Kopf einer friedlichen Frau geschmiegt; libysche Tänzerinnen zappeln zuviel.
    Nachdem Helena eingeschlafen war, entspannte ich mich langsam.
    Ich fühlte mich nicht beengt, und trotzdem konnte ich nicht vergessen, daß sie da war. Sie paßte so wunderbar in meine Armbeuge, und wenn ich den Kopf drehte, war da der Duft ihres Haars. Feines, glänzendes Haar, das sich der Brennschere widersetzte und schon bald wieder in sanfteren Windungen fiel, als den Zofen vornehmer Damen lieb war. Sie war wieder in Malabathron gehüllt. Ihr Mann, diese Ratte, mußte ihr einen gewaltigen Topf von dem Zeug geschenkt haben – es sei denn, dieses Mädchen, das für jede Überraschung gut war, hob es für mich auf … (Jeder hat seine Träume.)
    Ich war so erschöpft, daß ich mit dem Nachdenken nicht weiterkam, obwohl ich mich so wohl fühlte. Ich schmiegte mich an Helenas duftendes Haar und war nun auch bereit, einzuschlafen. Vielleicht seufzte ich noch einmal langsam und melancholisch, wie ein Mann, der sein Problem trotz angestrengten Nachdenkens nicht gelöst hat. Inzwischen schien es mir völlig natürlich, daß ich hier in einem Strohhaufen lag und Helena Justina im Arm hielt. Und da ich

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