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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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jeden Preis entziehen. Ich nahm sie fester in die Arme.
    »Helena Justina«, begann ich langsam, »was soll ich denn tun? Wenn ich sagen würde, daß ich dich liebe, wäre das für uns beide eine Tragödie. Ich bin unter deiner Würde, und du bist für mich unerreichbar –«
    »Ich bin eine Senatorentochter, und du stehst zwei Stufen unter mir. Es ist nicht verboten; aber man wird es auch nicht gestatten –« Sie wollte sich von mir befreien, aber ich ließ sie nicht los. »Für uns gibt es keine –«
    »Mag sein! Du denkst doch genauso über die Welt wie ich. Wir werden tun, was wir tun müssen, aber du darfst nicht an mir zweifeln. Ich habe dich gewollt und sehnsüchtig begehrt; ich habe dich seit langem gewollt – so, wie du mich gewollt hast!« Ich sah, wie ihr Blick unruhig wurde. Plötzlich hoffte ich und bildete mir ein, sie hätte nicht erst seit der letzten Nacht, sondern vielleicht schon seit langem eine bessere Meinung von mir, als ich immer geglaubt hatte. Ich klammerte mich an diese Hoffnung und wußte doch – aber es war mir gleichgültig –, daß ich ein Dummkopf war. »Und jetzt …«
    »Jetzt?« wiederholte sie. Ein winziges Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel. Mir wurde klar, daß sie auf ein Lächeln von mir antwortete; sie war also doch noch bei mir. Ich kämpfte um ihre Freundschaft und sah, wie sie in die Nähe zurückglitt, die wir in der vergangenen Nacht so unerwartet entdeckt hatten. Ich liebkoste die Stelle an ihrem Nacken, wo ich viele Stunden zuvor den Verschluß ihrer Halskette geöffnet hatte. Diesmal spürte ich, wie ihre Haut unter meiner Berührung bebte. Diesmal wußte ich, daß sie spürte, wie mein Körper sie mit jeder Nervenfaser wahrnahm.
    Zum zweiten Mal sagte ich ihr eine Wahrheit, von der sie schon wissen mußte.
    »Und jetzt will ich dich noch einmal.«

XLIX
    Nachher spürte ich voller Bestürzung, wie sich ihre Spannung, die ich in den Umarmungen der letzten Nacht gar nicht recht wahrgenommen hatte, in einem halben Dutzend Schluchzer löste. » Marcus! «
    Ich sank in Schlaf, ließ alle meine Sinne fahren, nachdem sie meinen Namen endlich ausgesprochen hatte.
    Ich hatte sie Liebste genannt. Jeder Ermittler, der etwas auf sich hält, weiß, daß man so etwas nie tun soll. Aber wir waren in dem Augenblick, als es mir herausrutschte, beide ziemlich beschäftigt gewesen, und ich sagte mir, daß sie es wahrscheinlich gar nicht mitbekommen hatte. Im tiefsten Inneren hoffte ich aber das Gegenteil.
    Als das Tor schließlich geöffnet wurde, schlenderten wir an einer Gruppe von Gärtnern vorbei, die uns unter den Schlapphüten auf ihren Holzköpfen verwundert nachstarrten. Dabei war es bestimmt nicht das erste Mal, daß sich ungeladene Gäste in ihrem Reich eingenistet hatten. Bevor ich Helena nach Hause brachte, spendierte ich ihr ein Frühstück, etwas Warmes an einer Bude, einer Würstchenbude. Das Schicksal vergebe mir, aber Sie haben es mit einem Mann zu tun, der einmal in seinem Leben einer Senatorentochter eine Kalbfleischboulette in einem Lorbeerblatt spendiert hat. Das Schicksal vergebe auch der Senatorentochter, denn sie aß die Boulette – mitten auf der Straße!
    Auch ich aß meine Boulette, aber verschämt, denn meine Mutter hat mir beigebracht, wie man mit Anstand ißt – nämlich drinnen.
    Über den Tiber spannte sich der Morgenhimmel, schon stand im Osten eine bleiche Sonne. In unserer ruinierten Abendgarderobe setzten wir uns auf eine Kaimauer und sahen den Bootsleuten auf dem silbrigen Wasser zu. Wir unterhielten uns lang und freundschaftlich über die Frage, ob es ein weiteres Beispiel für meine Vorurteile gegenüber anderen Menschen war, daß ich alle Gärtner für Holzköpfe hielt … Wunderbare Düfte von getrocknetem Fisch und frischgebackenem Brot umschwebten uns. Ein schöner Tag brach an, obwohl die Luft zwischen den Hütten am Ufer noch kühl war. Mir war, als würde hier mehr als nur ein schöner Tag anbrechen.
    Wir sahen aus wie zwei schauerliche Desperados; so wollte ich sie nicht zu Hause abliefern. Ich fand ein kleines Badehaus, das schon geöffnet hatte. Wir gingen zusammen hinein; außer uns war niemand da. Zu einem horrenden Preis kaufte ich ein Fläschchen Öl, und da nirgendwo eine Badesklavin zu sehen war, rieb ich Helena selbst damit ein. Ihr schien es zu gefallen; daß es mir gefiel, wußte ich. Dann rieb sie mich mit einem Strigil ab, den wir geliehen hatten. Das machte noch mehr Spaß. Später, als wir nebeneinander im Dampfbad

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