Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
nicht häufig so, aber in Hungersnöten und Zeiten großer Armut,
oder wenn das Kind missgebildet war, fügte man sich in die Notwendigkeit. Bloß
Borglind sagte nichts, ließ nur weiterhin der jungen Mutter schüsselweise
Fleischbrühen und guten Eintopf bringen, bis Bera sich endlich fragte, ob die
ihr denn wirklich so feindselig gesinnt sei, wie sie ja anfänglich gemeint
hatte.
    Bera tat, was
sie konnte, um dies Geraune zum Verstummen zu bringen; aber das ständige
Kindergeschrei ging auch ihr auf die Nerven. Doch als sie sich bei dem Gedanken
ertappte, es wäre vielleicht doch besser, wenn eines der beiden stürbe – bekam
sie doch einen Schreck.
    »Erschreckt
dich das, weil du sie zur Welt gebracht hast?«, fragte Groa. »Ich habe vielen
mit auf diese Welt verholfen, und manche blieben am Leben, andere nicht. Das
fällt nicht auf dich zurück.«
    »Aber sie sind
alle beide kerngesund! Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass eines nicht am
Leben bleibt. Doch wenn auch ich ihr Geschrei schier unerträglich finde, muss
ich mich da nicht fragen, ob nicht jemand vom Hof … vielleicht um die Gunst der
Herrin zu erringen … ihnen etwas antun könnte?«
    Nun legte Groa
das Halstuch, das sie bestickt hatte, in den Schoß und musterte sie
nachdenklich. »Ich habe hier Gerdis als Hilfe. Du bist eine erwachsene Frau,
Bera, und hast das meiste von dem, was ich dir beibringen kann, schon gelernt.
Wenn du also diese Leibeigene pflegen willst, hast du meine Erlaubnis dazu.«
    Bera stammelte
ihr »Danke! Danke!« – aber das Vertrauen der Völva in ihr Können mehrte ihre
Angst eigentlich noch. Groa hätte sie von ihren Pflichten doch nicht entbunden,
wenn sie nicht ihr Gefühl teilte, dass es Anlass zu Befürchtungen gab. Wenn nur
Halvor zurückkäme!
    Aber der Herr
des Hofes kam nicht nach Hause. Statt seiner kam Borglind, die Stirn sichtlich
mitfühlend gerunzelt, am neunten Tag ins Gesindehaus, um Devorgilla zu
sprechen, die, hoch aufgestützt und das Haar wie eine Flamme über das grobe
Linnen gebreitet, in ihrem Kastenbett lag.
    »Es ist mir zu
Ohren gekommen …«, begann sie und ließ einen Blick über die beiden Kleinen in
ihren Körbchen huschen, der Bera erstarren ließ, »dass deine Kinder nicht recht
gedeihen. Sie weinen ständig, heißt es, und seien schwach und dünn.«
    Da verzog das
Bübchen, wie um das zu bestätigen, das dunkle Gesicht und fing zu schreien an …
Bera nahm ihn gleich hoch und bettete ihn an ihre Schulter. Das kleine Mädchen
jedoch, mit seiner bleichen, fast durchsichtigen Haut, lag so ruhig und still
und musterte sie alle mit seinen unergründlich grauen Augen.
    »Das ist ja
normal, dass sie in den Tagen nach der Geburt vom Fleisch fallen. Aber sie
legen wieder zu, sobald meine Milch kräftiger fließt!«, protestierte
Devorgilla. Doch die Herrin hieß sie mit einem Blick schweigen.
    »Tatsächlich,
wie du sagst, waren sie bei der Geburt gesund und munter«, versetzte Borglind.
»Ich will deinen Kindern ja nichts Böses … wenn sie denn deine Kinder sind …«
    Eine Stille
voll bohrender Blicke trat ein. Auf den Vorwurf, das seien gar nicht Halvors
Kinder, war Bera gefasst gewesen – aber das! Worauf wollte dieses Weib jetzt
hinaus?
    »Ich habe sie
ja selbst zur Welt gebracht«, mischte sie sich ein, »und schwöre bei Thors
Ring, dass sie die ihren sind.«
    »Sicher, du
hast ihre Kinder auf die Welt gebracht«, sprach Borglind. »Aber sind die es da
denn noch? Es geht jetzt das Gerücht um im Hof, das seien Wechselbälge!«
    »Unmöglich!«,
fuhr Bera auf. »Wir haben doch Eisen übers Bett gehängt und haben Devorgilla
nie allein gelassen.«
    »Mag sein,
dass du das hast, aber ich sehe es da nicht mehr«, erwiderte Borglind und
zeigte zum Bett, und in der Tat: Die Schnur, an der der Eisenbarren gehangen
hatte, war zwar noch da, er selbst aber nicht mehr. »Habt ihr nach der Geburt
etwa nicht geschlafen, du und Devorgilla, als das restliche Gesinde bei der
Arbeit war und ihr beide allein wart?«
    Ja, das war
wohl wahr. Doch Bera hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als das zuzugeben.
»Frau, zweifelst du an meinem Wort?«, fuhr sie dafür auf – ganz wie sie es bei
Groa gelernt hatte. »Ich bin zwischen den Welten gewandelt, habe dem Volk der
Unsichtbaren auf seinem eigenen Boden getrotzt. Ich habe diesen Raum vor der
Geburt abgeschirmt, und wenn hier etwas Unseliges eingedrungen wäre, sei es
während meines Schlafes, hätte ich es bemerkt.« Das glaubte sie wirklich, oder
besser

Weitere Kostenlose Bücher