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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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noch, mit einem fröhlichen Funkeln in den Augen eine Anspielung auf
diesen Vorfall Anfang der Woche, der ihm das frostige Schweigen zweier allzu
hochnäsiger Frauen aus dem Dorf eingetragen hatte.
    Wieder sah sie
auf das blonde Lockenköpfchen ihrer jüngsten Tochter hinab. Mit der Zeit und
dem Alter würde sich das ja geben, dieses Interesse an allem, was die Mutter
tat, oder? So machte sie sich wieder an ihre Arbeit. Dies war der Tag, da sie
die Grenzen des Dorfes abgehen und ihre Schutzzauber ringsum stärken musste.
Und das tat sie denn auch, von ihrem winzigen Schatten gefolgt, dessen Werke
und Taten die ihren in klein waren: Kinderportionen, Kinderbewegungen …
    Sie war nun
schon seit zehn Jahren für die Schutzzauber des Dörfchens Feuerberg zuständig.
Feuerberg, am Fuß des Großen Gebirges, lag vor dem einzigen Pass zwischen den
fruchtbaren Triften Herlans und den Felsöden von Westkamm. Jahrhunderte hatte
Frieden geherrscht zwischen den beiden Reichen – seit zwölf Jahren aber lagen
sie im Krieg miteinander. Die Jäger waren Räuber geworden, und die Räuber waren
über die Grenze gekommen, um zu brennen und zu sengen, zu zerstören und zu
morden. Gerüchte sprachen von schwarzer Magie. Gerüchte sind oft falsch – aber
der Rat von Herlan hatte kein Risiko eingehen wollen. Darum war Mara nun hier.
Ihre Aufgabe war, das Dorf gegen Zauberei zu schützen, wie es die von Macsen
Starkarm und seinen Leuten war, den Pass gegen eine Invasion zu schützen.
Macsen und sie waren einmal ein Paar gewesen, drei Kinder hatten sie bekommen …
drei Mädchen … Macsen hatte nach der Ankündigung, auch das dritte sei ein
Mädchen, die Verbindung gelöst. Aber sie konnte ja diesem Kind nicht das
Verhalten seines Vaters vorwerfen … Für Macsen war sie nur eine einfache
Heilerin gewesen. Und sie hatte ihm, weil er sie nie danach fragte, auch nie
von dem erzählt, was sie außer dem schlichten Heilen so praktizierte. Ja, seit
ihrer Trennung musste sie ganz allein für ihre drei Kinder sorgen. Die zwei
älteren hatten schon Namen bekommen und gingen zur Schule. Aber das kleinste,
das war nun seit zwei Jahren ihr Schatten, die winzige Fortsetzung ihrer
selbst, mit dem Ernst einer Erwachsenen im Körper eines Kindes … Ihr wären der
Ulk und das Lachen, die Streiche und das Spiel eines Kindes lieber gewesen.
Aber es war das gute Recht ihrer Tochter, zu sein, wie sie war. Seit über einem
Jahr gingen sie zusammen allwöchentlich die Schutzzauber ab. Sie zählte stumm
die Wochen, die das waren: sechsundfünfzig bislang …
    Gegen Abend
gab es einen Aufruhr auf dem Dorfplatz. Macsens Männer kamen ins Dorf
galoppiert, mit Neuigkeiten von einer Schlacht. Macsen war nicht mit ihnen. Es
herrschte ein Chaos, Verletzte waren zu versorgen. Und die Männer erzählten
Mara wilde Geschichten, als sie sie da behandelte: erzählten von roten Blitzen,
von höllischem Lärm und einem Rauch, der wie Stein wurde und die Krieger
zermalmte. Macsen sei gefallen … Sie nahm die Nachricht gefasst auf. Ihre Hände
blieben ruhig und zitterten nicht. Sie hatte ihm niemals Böses gewünscht, und
sein Tod schmerzte sie. Aber das nur, da er der Vater ihrer Kinder war. Ihre
Gefühle für ihn, die waren mit den Jahren geschwunden und vergangen. Sie hatte
nie verstanden, dass er sich von seinen Kindern hatte abwenden können, und so
immer weniger für ihn empfunden. Doch nun riss ihr Patient sie mit einer
Bemerkung jäh aus ihren Gedanken: »Er hat nach dir gerufen, Mara, als er fiel.«
    Nach mir
gerufen? Meinen Namen genannt? Die eiskalte Furcht umschloss sie wie eine
Faust. Ihre Abwehrzauber, alle Arbeit der letzten zehn Jahre … wären gegen den,
der ihren Namen kannte, ein Nichts, weniger als ein Nichts!
    »Wie nahe sind
sie schon?«, flüsterte sie verzweifelt.
    »Wir haben
nichts zu befürchten, Mara. Der Rat hat gesagt, das Dorf sei gefeit.«
    »Wie nah?«
    Die Männer
blickten einander an. So erregt hatte Mara noch niemand gesehen, so nicht.
    »Sie waren
zwei Stunden hinter uns.«
    Zwei Stunden?
Mara war vor Angst wie gelähmt. Keine Zeit mehr für irgendwelche
Gegenmaßnahmen, nicht einmal die Zeit, sich auf ihr sicheres Ende
vorzubereiten. Sie erhob sich, drehte sich langsam Richtung Pass. Die Gelassenheit
der Macsenschen Gardisten, die das Dorf sicher wähnten, war ihr kein Trost. Da
rückte eine große Streitmacht heran, und an ihrer Spitze marschierte ein Hüne …
Sein Umhang, von seltsamen Lichtern erhellt, blitzte im Dunkel der Nacht.

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