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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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rasch, fasste sie am Arm und fragte: »Aber wohin? Du kannst nicht einfach
…«
    Doch sie riss
sich so los, dass es ihm die Sprache verschlug, stieß ihn zurück und rief:
»Nein! Keine Zeit mehr für Geschichten. Bloß das Buch zählt. Wenn ich es finde,
vielleicht …« Sie führte den Satz nicht zu Ende, machte sich nur daran, hastig
ihr Pferd zu satteln. Kellin versuchte nicht, sie aufzuhalten. Diese Heftigkeit
in ihrer Miene sagte ihm, dass er eine neuerliche Einmischung ja womöglich
nicht einmal mehr bereuen könnte! Erst als sie die Tür aufgestemmt hatte, tat
er den Mund auf: »Was stand in dem Buch?«
    Moija hielt
auf der Schwelle inne, und der Wind ließ ihr das Haar und den Umhangsaum
fliegen … »Die Wahrheit«, versetzte sie und ging in den Sturm hinaus.
     
    Kellin saß mit dem Rücken zum Feuer,
so nah bei den Flammen, dass ihm unter seinem Cape die Haut brannte. Eine
Stunde war die Frau schon fort. War sie denn überhaupt da gewesen? Die
Fußspuren im Staub und die weißen Schrammen, die die Hufeisen der Stute
hinterlassen hatten, waren Beweis genug. Und doch kam ihm alles wie ein langer
Traum vor.
    Der Sturm war
vorüber, nun sickerte goldenes Licht durch den Spalt zwischen der verzogenen
Tür und dem Rahmen: Der Morgen war endlich da. Kellin rappelte sich mühsam
hoch, ging etwas benommen zur Tür. Ein wenig frische Luft würde ihm gut tun!
Aber da zog ein metallisches Glänzen aus einem Laubhaufen im hintersten Eck
seinen Blick auf sich, und er ging geradewegs darauf zu. Déjà-vu. Eben das
hatte er doch tun wollen, bevor diese Fremde kam.
    Rasch kniete
der Ritter sich hin und scharrte totes Laub und alten Plunder beiseite, und da
kam unter seinen Händen altes Leder zum Vorschein – der Einband eines Buches
mit schweren Stahlschließen, aber ohne jede Beschriftung oder Verzierung.
Vorsichtig schlug er es vorn auf. Gelb vom Alter waren diese wenigen Seiten,
die es noch besaß, und die Ecken so brüchig, dass sie ihm beim Umblättern unter
den Fingern zerfielen. War das das Buch, nach dem die Fremde gesucht hatte?
Etwas darin bestärkte ihn in seiner Vermutung und Annahme.
    So nahm er den
Folianten, um ihn beim Feuerschein zu lesen. Mit all der Behutsamkeit, die der
delikate Zustand des Werks gebot, öffnete er es, beugte sich über den uralten
Text, der da in verblasster Tinte, aber immer noch gängiger Sprache geschrieben
stand. Und nach kurzem Räuspern las er laut:
    »So steht
geschrieben, Frieden herrsche unter den Menschen, alldieweil Frieden von allen
Schätzen der größte …«
    Da verstand er
auch, was sie mit ihrer Antwort, in dem Buch stehe die Wahrheit, gemeint hatte.
Frieden war das hohe Gut, der Schatz, für den die Wildleute getötet hatten. Und
darum lebten sie wohl auch nun so tief in den Wäldern: aus Scham, um ihre
Schande vor den Augen der Welt zu verbergen. Moija würde es aber nicht mehr
erfahren. Also schloss er sacht das Buch und hob zu weinen an.

LISA S.
SILVERTHORNE
     
    Lisa S. Silverthorne arbeitet als
Microcomputer-Managerin an einer Universitätsbibliothek des Mittleren Westens.
Sie hat gegen Arthritis und Karpaltunnel-Syndrom zu kämpfen, glaubt jedoch –
falls sie einmal nicht mehr mit der Hand schreiben könnte – mit Diktieren und
Spracherkennungssystem oder einer anderen Technik weiter ihre Geschichten
verfassen zu können. Sie hat bereits zwei Romane geschrieben und arbeitet
derzeit an ihrem dritten.
    Bei fünf
Katzen, etlichen Orandas (eine Art von Fischen) und Perlenstickerei als Hobby
stelle ich mir vor, dass sie sehr viel Willenskraft aufbringen muss, um noch
Zeit zu finden, Worte aufs Papier (oder den Bildschirm) zu bringen.
    Hier nun
schildert sie, was geschehen kann, wenn man mit Drohungen Macht und Einfluss zu
erlangen versucht. – MZB

LISA S.
SILVERTHORNE
     
    Die längste
Nacht
     
    Aus Angst, von Lord Cedric erneut
geschlagen zu werden, umklammerte Darina mit den geschundenen, schlimm
verbrannten Händen ihre Gebetsschnur aus Marmorperlen. Darauf sah sie zu dem
fernen Steinkreis zurück und kroch vom Lagerfeuer fort. In der arg
geschwollenen Wange pochte es schon.
    »Steh auf!«,
knurrte Cedric und holte wieder zum Hieb aus.
    Rasch wich sie
vor ihm zurück, die eine Hand vor dem Gesicht und die andere über ihrer
Gebetskette.
    »Ich tue, was
du von mir verlangst!«, rief sie.
    Als er darauf
die Hand fallen ließ, widmete sie sich wieder ihrer Gebetsschnur, ließ die
glatten Perlen nun zwischen den Fingern hindurchlaufen, dass sie gleich

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