Silberstern Sternentaenzers Sohn 04 - Familiengeheimnisse
jüngere, offenbar schwangere Frau und ein Mann stiegen aus. Annit lief auf sie zu. „Hallo! Entschuldigung! Ich suche Elena Demirel, wissen Sie zufällig, wo sie wohnt? Es ist dringend.“
Die Frau sah Annit an. „Mit der will ich nichts zu tun haben“, antwortete sie nicht gerade freundlich. Gleich darauf zog der Mann seine Frau weg und spuckte aus.
Mit großen Augen blickte Annit den beiden hinterher. „Was war das denn?“
Mannito kratzte sich am Kopf. „Keine Ahnung, warum die sich so seltsam verhalten“, erklärte er.
„Das wird ja immer besser!“ Annit war völlig perplex. „Wenn ich nur wüsste, was das soll?“ Aufgebracht rannte sie in den Werkzeugladen. An der Theke stand ein Mann mittleren Alters. Seine Hemdsärmel hatte er bis über die Ellbogen aufgekrempelt, um seinen Bauch spannte eine etwas zu eng gebundene Schürze.
„Guten Tag!“ Annit stemmte die Hände in die Hüften. „Ich würde gerne wissen, wo Elena Demirel wohnt. Können Sie mir das bitte sagen?“
Der Mann zögerte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. „Lass es gut sein, Mädchen!“ Er musterte Annit von oben bis unten. „Geh dorthin zurück, wo du hergekommen bist. Das ist besser für dich.“ Annit bemühte sich, ruhig zu bleiben. „Was soll das? Ich will doch nur wissen, wo sie wohnt! Was ist mit ihr? Warum krieg ich denn keine Antwort? Stimmt was nicht?“
Kopfschüttelnd deutete der Mann zur Tür. „Wenn du etwas bei mir kaufen willst, bist du herzlich willkommen, sonst geh jetzt bitte.“
Bebend vor Wut lief Annit hinaus auf die Straße zu Mannito. „Die sind alle voll bescheuert in diesem dämlichen Dorf!“ Erzürnt stampfte sie auf den Boden. „Und was machen wir jetzt?“
Etwas ratlos schob Mannito seine Basecap nach hinten. „Wir müssen weiterfragen, bis wir jemanden finden, der uns Auskunft gibt. Was anderes fällt mir nicht ein.“
„Zu blöd auch, dass ich mir von der Igoumeni nicht die Telefonnummer meiner Mutter hab geben lassen!“, wütete Annit weiter. „Aber was hier abgeht, sobald der Name mei ner Mutter fällt, konnte ja echt keiner ahnen!“
Schlagartig erhellte sich Mannitos Miene. „Stimmt! Aber du könntest die Igoumeni jetzt anrufen und sie nach der Nummer fragen“, schlug er vor.
„Das ist eine super Idee“, erwiderte Annit und wollte schon ihr Handy herauskramen. Doch gleich darauf verwarf sie den Gedanken wieder. Wegen ihres überstürzten nächtlichen Aufbruchs plagte sie immer noch das schlechte Gewissen. Mutlos schüttelte Annit den Kopf. „Nee, das kann ich nicht“, murmelte sie. „Nachdem wir uns nicht mal von ihr verabschiedet haben.“
Mannito nickte. Er verstand.
Sie saßen beide auf und ritten eine Weile wortlos die Straße entlang.
Annit betrachtete die Häuser, denen man die Armut schon von außen ansah. Sie seufzte. „Wir können doch nicht an jedem Haus in diesem Ort klingeln und sie suchen. Ich kenn sie ja nicht mal.“
„Wir werden sie schon irgendwie finden“, versuchte Mannito die Freundin zu trösten. „Dedeli ist ja schließlich nicht Istanbul.“
„Ganz bestimmt“, nickte Annit entschlossen. „Denn ich werde so lange hier bleiben, bis ich sie endlich getroffen habe.“
Mannito deutete auf eine ältere Frau, die schwer bepackt mit zwei Taschen die Straße entlangschlich. Er stoppte Ranja.
„Entschuldigung, wir suchen Elena Demirel. Sie ist die Mutter meiner Freundin, und wir müssen sie unbedingt finden. Können Sie uns bitte helfen?“
Die alte Frau blieb stehen. Blickte von Mannito zu Annit und wieder zurück. Dann nickte sie.
Aufgeregt krallte sich Annit an Silbersterns Zügel fest.
„Wo wohnt sie?“, drängelte Mannito.
Die ältere Frau zeigte geradeaus, dann erklärte sie Mannito den Weg.
„Und?“, fragte Annit nervös.
„Es ist ganz in der Nähe“, antwortete Mannito und bedeutete Annit mit einem aufmunternden Nicken ihm zu folgen.
Bereut Annit ihre Entscheidung?
Vor einem kleinen, sehr einfachen, flachen Bauernhaus mit binsengedecktem Dach und Mauern aus luftgetrockneten Lehmziegeln hielt Mannito Ranja an. „Das muss es sein“, sagte er.
Annit musterte das Haus. Es war nicht allzu groß. Die Fenster hatten Fensterläden, einige davon sahen uralt aus, ein paar hingen leicht schief. Es gab auch einen Gemüsegarten. Neben dem Haus befanden sich ein kleiner Stall und eine Scheune. Dahinter schloss sich eine weitläufige Wiese an, auf der zwischen
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