Silberstern Sternentaenzers Sohn 08 - Rueckkehr ins Ungewisse
Frage, die sie stellen musste. „Schon, aber könntest du dir vorstellen, dort für immer zu leben?“
Mannito schwieg, fischte nach einem Strohhalm und drehte ihn zwischen den Fingern.
„Sag schon?“, drängelte Annit mit einem kleinen ängstlichen Gefühl im Bauch.
„Keine Ahnung!“ Mannito runzelte die Stirn. „Aber wahrscheinlich eher nicht“, bekannte er dann, nach kurzem Nachdenken.
Annit fiel ein Stein vom Herzen. Aber es gab da noch etwas zu klären. Aber wie? Am liebsten hätte sie Mannito direkt auf Sabeth angesprochen, ihn gefragt, ob er das Beduinenmädchen vermisse. Vielleicht ist Sabeth ja doch der Grund, dass er manchmal so komisch drauf ist?
„Vermisst du eigentlich etwas?“ Oder jemanden?, fügte sie in Gedanken hinzu.
Mannito schwieg.
Annit holte tief Luft und fragte erneut. „Würdest du nach Syrien zurückwollen?“
Mannito drehte den Kopf so, dass er sie ansehen konnte. „Alles hat seine Zeit, und unsere Zeit in Syrien ist nun mal vorbei. Also lautet meine Antwort auf deine Frage: Nein, ich will nicht zurück, Annit!“ Er seufzte tief.
Annit öffnete den Mund. Und was ist mit Sabeth! Vermisst du sie? Willst du zurück zu ihr?, wollte sie fragen, aber das ging nicht.
Doch dann bekam sie eine Antwort, ohne ihre Fragen gestellt zu haben. „Ich will auch nicht zurück zu Sabeth“, sagte Mannito leise. „Sie ist ein nettes Mädchen, aber wir beide passen nicht zusammen. Sie ist eine Wüstenblume, fest verwurzelt in ihrer Welt und in ihren Traditionen. Ich bin ein Vagabund, das geht nicht.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Du bist viel eher wie ich, du liebst die Freiheit, du trägst die Sehnsucht nach der Ferne in dir. Wir beide sind uns sehr ähnlich.“
Annit jubilierte innerlich. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte ihn umarmt - so glücklich machte sie sein Bekenntnis. Annit wusste, dass sie diesen Augenblick, in dem sie deutlicher denn je fühlte, dass Mannito und sie zusammengehörten, niemals vergessen würde.
Nach einer Weile fuhr Mannito fort. „Auch nach Rumänien will ich nicht wirklich. Ich hab mich dort nie wirklich zu Hause gefühlt“, gestand er ehrlich.
Annit stutzte. Jetzt versteh ich bald gar nichts mehr. Ich dachte, deswegen war er oft so traurig?!
„Nur meine Eltern und meine kleine Anama, die vermisse ich natürlich sehr“, sprach Mannito weiter. „So sehr! Was würde ich dafür geben, sie bald wiederzusehen.“ Er hob den Arm und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel.
Annit streckte die Hand aus und tastete nach seiner. „Ach Mannito, ich bin ganz schön egoistisch! Während du schon ewig nicht mehr bei deinen Eltern warst, hab ich alle meine vier Elternteile gesehen.“
Mannito ergriff ihre Hand und drückte sie sanft. „Das ist schon okay, mach dir keine Gedanken. Es kommt der Tag, da werde ich nach Rumänien zurückkehren und sie besuchen.“ Mit seiner freien Hand wischte er sich erneut verstohlen über die Augen. „Viel wichtiger ist jetzt, dass wir diese Scheune gut bewachen.“
„Wie wär’s denn, wenn du deine Familie einladen würdest, nach Südholzen zu kommen? Platz genug haben wir hier.“
Mannito drückte Annits Hand noch einmal. „Das ist eine gute Idee. Mach ich. Wenn hier alles in Ordnung ist, werde ich ihnen das vorschlagen.“ Er gähnte. „Vielleicht fahr ich ja auch hin und hol sie ab.“
„Ja, mach das“, murmelte Annit schlaftrunken, kuschelte sich in ihren Schlafsack und fiel eine Minute später zufrieden in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Zickenalarm!
Einige Tage später rollte der Minibus mit zwei Lehrerinnen und dem Teil der Schulklasse an, der sich für die Projektwoche auf dem Bauernhof angemeldet hatte.
Annit, Mannito, Hannes und Ursula standen im Hof und warteten gespannt auf die Gäste. Aus dem Bus stiegen zehn Mädchen, alle waren etwa in Annits Alter und alle wirkten auf den ersten Blick sympathisch.
Während Hannes den Gästen die Unterkünfte zeigte, half Annit ihrer Adoptivmutter beim Tischdecken in der großen Bauernstube.
„Ich freu mich richtig drauf“, strahlte Ursula, während sie das Besteck auf dem Tisch verteilte. „Diese Mädchen machen alle einen netten Eindruck.“
„Ich glaub auch.“ Annit nickte. „Das wird bestimmt eine richtig tolle Woche.“ Doch da sollte sie sich wohl gewaltig täuschen.
Dann betrat auch schon die erste Schülerin die Bauernstube und setzte sich gleich an den großen Bauerntisch, der inzwischen reichlich
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