Silberstern Sternentaenzers Sohn 08 - Rueckkehr ins Ungewisse
später dran.
„Können wir gleich los?“
Annit sah Denise fragend an.
„Du hast doch versprochen, dass wir heute zusammen ausreiten beziehungsweise ausgehen“, erklärte das Mädchen. „Ich freu mich so. Ich hab auch schon meine Reithose angezogen.“
„Ich bin auch schon voll gespannt, was so ein Bauer alles machen muss“, erzählte Leonie, die darauf wartete, dass Hannes aus der Stadt zurückkam und sie mit ihm aufs Feld fahren durfte.
„Sich um seinen Mist kümmern“, erwiderte Gracia trocken. „Was bitte soll daran so spannend sein?“ Sie saß mit verschränkten Armen am Fenster und gähnte demonstrativ. „Wenn diese Projektwoche nicht bald vorbei ist, sterbe ich vor Langeweile. In der Pampa. Auf diesem öden Hof.“
Annit ballte die Fäuste und biss sich auf die Lippen.
Denise rollte mit den Augen. „Du nervst langsam echt, Gracia. Dann fahr doch nach Hause, wenn du meinst. Hier wird dich bestimmt keiner vermissen.“
„Halt du doch die Klappe, du mit deinem Rumgeschleime nervst erst recht!“, giftete Gracia zurück. „Zieh doch her, wenn’s dir hier so gut gefällt! Aber du bist ja genauso langweilig. Öde Leute passen in eine öde Umgebung.“
Da kam Mannito in die Stube. Er war bei den Pferden im Stall gewesen. Seine blonden Haare standen in alle Richtungen. Er setzte sich an den Tisch, nahm sich hungrig eine dicke Scheibe Brot und biss hinein.
Gracia deutete mit dem Finger auf ihn. „Wo habt ihr den eigentlich aufgegabelt?“
Frechheit! Langsam reicht’s echt! Annit zog hörbar die Luft ein.
„Dieser Typ kommt doch nie im Leben aus Südholzen.“ Gracia wandte sich an Annit und sah sie mit einem provozierenden Grinsen an. „Den habt ihr adoptiert, oder?“
So, genug, jetzt reicht’s endgültig! Annit sprang auf und wollte sich auf Gracia stürzen.
Doch im letzten Moment packte Denise sie am Arm. „Nicht! Das ist sie nicht wert.“
„Komm doch, wenn du dich traust“, provozierte Gracia munter weiter. „Aber du traust dich nicht, weil mein Vater der Chef vom Tourismusverband ist und ihr es euch mit ihm nicht verderben wollt. Ich kann also sagen und tun, was ich will, haha!“
Nun war es auch für Denise zu viel. Aufgebracht baute sie sich vor Gracia auf, die Arme in die Hüften gestemmt. Ihre Augen blitzten zornig. „Gracia, halt endlich die Klappe! Du bist nur ein verwöhntes, arrogantes, zickiges Gör ohne jegliches Benehmen. Was bildest du dir eigentlich ein? Meckerst nur rum und schwafelst blödes Zeug! Verzieh dich besser, check deine Mails oder mach sonst was! Aber lass die Leute hier gefälligst in Ruhe!“
Gracia blieb das Lachen im Hals stecken. So wütend hatte sie Denise noch nie erlebt. Völlig irritiert starrte sie die Klassenkameradin an.
Auch Denise machte große Augen, offenbar war sie von ihrer impulsiven Reaktion selbst überrascht. Aber die Worte waren nur so aus ihrem Mund herausgesprudelt.
„Was fällt dir ein?!“, zischte Gracia dann gefährlich leise. Ihre Augen funkelten. „Das wirst du noch bereuen, das schwör ich dir.“ Wütend sprang sie auf und stürzte aus dem Zimmer.
Annit und Mannito wechselten schnelle Blicke. Dann schob Annit Denise sanft aus der Stube, nach draußen auf den Hof.
„Ich hab doch eigentlich nichts Falsches gesagt“, murmelte Denise. „So unmöglich, wie die sich immer aufführt.“
Annit drückte ihre Hand. „Es ist zwar voll nett von dir, dass du uns so verteidigst, aber nicht nötig.“ Schmunzelnd zwinkerte sie Denise zu. „Ich habe monatelang in der Wüste gelebt, ich bin schon mit ganz anderen Schlangen fertig geworden.“
„Echt?“ Denise sah sie mit großen Augen ehrfürchtig an. „Du hast in der Wüste gelebt? Wie kam das denn?“
„Das ist eine ziemlich lange Geschichte.“ Annit drückte die Tür auf und betrat den Stall. „Erzähl ich dir später.“ Sie lief in die Sattelkammer, holte Silbersterns Sattel und das Zaumzeug für Ilse.
„Boah, ist der toll!“ Staunend deutete Denise auf Silbersterns Sattel. „So einen traumhaft schönen Sattel hab ich ja noch nie gesehen.“
Ein etwas wehmütiges Lächeln huschte über Annits Gesicht. „Der Sattel war das Abschiedsgeschenk vom Stammesfürsten“, erklärte sie leise.
Denise’ Augen wurden immer größer. „Von wem?“
Versonnen strich Annit über den Sattel. Und urplötzlich - ohne jegliche Vorwarnung - überkam sie große Sehnsucht nach Syrien, nach dem Stammesfürsten, nach dem freien Leben unter der heißen Wüstensonne. Schon
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