der Zustrom zum Datenzentrum hat drastisch abgenommen. Dann können wir die Daten von ganz Indien problemlos zu anderen Datenzentren in Asien und Europa umleiten. Euch werden dafür sämtliche indischen Rechner zur Verfügung stehen. Macht damit, was ihr wollt. Die Daten stehen bereit. Ihr seht, ihr müsst bloß fragen, und wir geben euch, was ihr braucht.«
Diätpillen hin oder her, den vier Praktikanten war klar geworden, welche beeindruckenden Ausmaße das Ganze hatte. Sie würden Ubatoos gewaltige Computer-Wolke anzapfen und sämtliche Rechner, die untätig in Indien standen, wie einen einzigen gigantischen Computer benutzen, um User-Profile und all die anderen Informationen durchzukämmen, die über praktisch jeden Internetnutzer in den USA gesammelt worden waren. Woanders hätte es Monate gedauert, um zu den Ergebnissen zu kommen, die diese gewaltige Rechenmaschine in weniger als einer Minute bereitstellte.
Jaan war der Kopf hinter der Technologie, die das Touchpoints-Projekt antrieb. Von ihm stammte das Design dafür, wie die Billionen Informationsbröckchen, die Ubatoo sammelte, gespeichert und bei Bedarf bereitgestellt wurden, damit rasch auf sie zugegriffen werden konnte. Er hatte also ein begründetes Interesse daran, die Praktikanten in seine Arbeit einzubinden: Sie waren ein guter Testfall. Falls unerfahrene User das System effektiv nutzen konnten, wäre das eine Bestätigung dafür, dass er Touchpoints gut designt hatte.
Das Brainstorming verlief so, wie Jaan gehofft hatte. Wie bei allen Leuten, die Ubatoo einstellte, wurde auch bei den Praktikanten erst wenn sie mit der Arbeit loslegten ersichtlich, warum sie ausgewählt worden waren. Sie waren gut auf ihrem Gebiet – sogar ausgezeichnet. Sie näherten sich der Lösung, indem sie Ideen entwickelten, verwarfen und neue entwickelten. Ob die Analyse von E -Mails, Chat-Mitschriften, besuchten Websites, benutzten Suchbegriffen oder in letzter Zeit getätigten Einkäufen, alles konnte von Nutzen sein. Jede Einzelinformation – jedes »Informationssignal« – lieferte kleine, aber wichtige Hinweise darauf, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, dass eine bestimmte Person ein bestimmtes Produkt, zum Beispiel Diätpillen, kaufen würde. Finde die Leute, bei denen die richtigen Signale übereinstimmen, und zeige ihnen die richtige Werbung – und das Produkt geht weg wie, na ja, wie Schokoladenkuchen auf einem Weight-Watchers-Treffen. So einfach war das.
Es dauerte nicht lange, bis das Thema Diätpillen zu einer abstrakten Idee wurde, bloß einem weiteren Signal, das es zu prognostizieren galt. Dass sie dafür mehr Computerleistung, als die meisten Länder der Welt überhaupt zur Verfügung haben, nutzen konnten, würde bald als selbstverständlich betrachtet werden, falls dem nicht ohnehin schon so war.
Während die Puzzleteilchen sich eins nach dem anderen ineinanderfügten, vergingen die Stunden wie im Flug. Es war schon kurz vor halb vier, als Jaan zum ersten Mal von etwas anderem sprach als von der Aufgabe, mit der sie befasst waren. »Ihr müsst doch Hunger haben. Ich hab ganz vergessen, euch zu füttern.« Keiner traute sich, sofort zuzugeben, dass er halb verhungert war, (oder darauf hinzuweisen, dass sie weder Babys noch Haustiere waren). Aber die Bereitwilligkeit, mit der sie den Blick von ihren Computerbildschirmen lösten, war ein deutliches Zeichen dafür, dass sie etwas zu essen gebrauchen konnten. »Ich hol uns was. Geht doch schon mal raus auf die Terrasse. Ich komm dann nach.«
Sie suchten sich einen Weg durch das Labyrinth aus unbesetzten Arbeitszellen – leer, weil die übrigen Praktikanten noch den Orientierungskurs besuchten. Als sie nach draußen traten, blendete sie das gleißende Sonnenlicht. Desorientiert stolperten sie gegeneinander, während sie sich die Tränen von den Wangen wischten.
»Ich bin euch was schuldig, weil ich euch so lange hab hungern lassen«, sagte Jaan, als er einige Minuten später bei ihnen war. »Deshalb werden wir richtig schlemmen! Ich hab den Köchen gesagt, wir arbeiten an einem wichtigen Projekt für Atiq. Mehr war nicht erforderlich.«
Gespräche über ihre Aufgabe wurden zurückgestellt. Jaan erzählte ihnen, was er bestellt hatte (über eine E -Mail, die er mit dem Betreff »Essen benötigt, sofort« an
[email protected] geschickt hatte), und kurz darauf trafen drei Cateringrollwagen ein, die mit Essen für mindestens zehn Leute beladen waren. Die Appetizer waren köstlich, aber