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Silicon Jungle

Silicon Jungle

Titel: Silicon Jungle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shumeet Baluja
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ihre Fittiche genommen hatte.
    Es war kein Geheimnis, was mit »Schnelligkeit des Informationsflusses im Internet« wirklich gemeint war. Staatsschutzbehörden interessierten sich nur deshalb für so ein Thema, weil es ihnen darum ging, den Einfluss, den Extremisten über ihre sozialen Netzwerke auf das Internet ausübten, zu überwachen und zu quantifizieren – Personen, denen sie Mails schickten, Personen, mit denen sie chatteten, Personen, mit denen sie online befreundet waren. Das alles war weit entfernt von Mollys Zielsetzung, Migranten in Afrika zu helfen.
    Nachdem Molly bei Gale angefangen hatte (und es ihr sogar gelungen war, den dualen Doktortitel wiederzubeleben, zumindest auf dem Papier), lenkte Gale sie beständig in Richtung Projektschwerpunkt, und Molly steuerte hartnäckig dagegen. Abgesehen davon, dass Molly es für ein uninteressantes Forschungsthema hielt, widersprach es ihrer politischen Einstellung, für ihre Dissertation Geld aus Mitteln zu beziehen, die der Staatsschutz bereitgestellt hatte. Aber sie war, sehr zu ihrem eigenen Entsetzen, auch Pragmatikerin. Die Finanzierung ermöglichte ihr überhaupt erst die Promotion, und so sehr es sie auch schmerzte, die Wirklichkeit hatte nun mal ihre eigenen Gesetze.
    Es war Gales Vorschlag zu untersuchen, wie Internet und Online-Foren das Bild der USA im Nahen Osten prägten. Ein Kompromiss. Mollys Arbeit würde sich nicht nur auf die Überprüfung extremistischer Personen beschränken, und sie sah darin eine Chance, die Ursachen von Falschinformation und Propaganda besser zu verstehen. Gale wiederum wusste, dass für ein solches Forschungsprojekt auch auf Dauer finanzielle Mittel fließen würden.
    Für den ersten Teil ihrer Forschungsarbeit wollte Molly nach Kalifornien, nicht nur, um etwas Abwechslung von Rhode Island zu finden, sondern auch, um sich in ein Umfeld von Technologen und »Internetleuten« zu begeben, wo sie hoffentlich jemanden finden würde, den sie für die Hintergrundkapitel ihrer Dissertation interviewen könnte.

DAS SPIEL IST ERÖFFNET
    17. Juli 2009.
     
    Das abgewirtschaftete Hotel war noch schlimmer, als Sebastin es sich vorgestellt hatte – die Fenster ließen sich nicht öffnen, die Klimaanlage war kaputt und die Luft stickig. Er saß auf dem muffigen Bett und wartete, reglos, während die sengende Sonne das kleine Zimmer in einen Backofen verwandelte. Der Geruch Hunderter klebriger, schmutziger Körper, die vor ihm in diesem Zimmer Quartier bezogen hatten, war für alle Zeit in die Wände eingezogen. Keine noch so gründliche Putzaktion, falls sie denn überhaupt mal in Betracht gezogen wurde, hätte den Gestank je vertreiben können.
    Unruhig ging Sebastin zu dem verrosteten Eisentisch aus einer längst vergangenen Ära und setzte sich schlaff auf den dazugehörigen ramponierten Stuhl. Er stellte sich die zahllosen Körper vor, die sich auf dem Bett gewunden oder sinnlos betrunken hatten. Jedes Bild war so deutlich und real wie sein fahles Gesicht in dem Spiegel vor ihm. Schweiß rann ihm über die Lippen. Die widerliche Luft, die ihn umhüllte, und der beklemmende Geschmack von Angst waren unerträglich. Die Hölle konnte schlimmer nicht sein.
    Als M. Mohammad hereinkam, befreite der Gedanke an das bevorstehende Gespräch Sebastin jäh von den Trugbildern. Mohammad trug einen dunklen Anzug ohne Krawatte und war amerikanischer, als ihn sich Sebastin nach den beiden Telefonaten vorgestellt hatte.
    Er wurde von zwei ganz in Weiß gekleideten Männern begleitet. Das Zimmer war auch so schon klein – mit diesem Trio wurde es klaustrophobisch eng.
    Sebastin blieb sitzen, strich, ohne es zu merken, mit den Händen an der Kante des klapprigen alten Tisches entlang. Mohammad nahm ihm gegenüber Platz. Die Männer in Weiß bezogen schweigend hinter ihm Position, direkt vor dem Fenster. Alle drei musterten Sebastin. Ein paar quälende Augenblicke lang wurde kein Wort gesprochen.
    »Erzählen Sie mir von Ihrer Liste, Sebastin.«
    Er konnte nicht, selbst wenn er gewollt hätte. Wer würde ihm denn glauben, wie er an die Bücherliste gekommen war? Nichts von alldem würde plausibel klingen. Nichts davon, so fürchtete er, würde dazu beitragen, dass er wohlbehalten aus diesem Zimmer rauskam. Stattdessen erzählte er Mohammad noch einmal, was er ihm schon zweimal am Telefon erzählt hatte.
    »Auf der Liste stehen fünftausend Namen. Das sind Leute, die auf Watch Lists geraten sind … Ich hab ein paar angerufen, um mich zu

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