Silicon Jungle
abschwächen.
»Ich muss zugeben, das klingt interessant – interessanter, als zielorientierte Werbung zu platzieren.« Er wusste nicht genau, warum er das sagte oder worauf er mit seiner Erwiderung hinauswollte.
»Unsere Wunderwaffe ist unser Zugang zu den Daten, über die Unternehmen wie Ubatoo und ein halbes Dutzend anderer Firmen im Valley verfügen und die sie uns bereitwillig geben, um unsere Mission zu unterstützen. Diese Daten hat keine staatliche Behörde, keine andere Organisation. Das Valley ist ein Mekka für Weltverbesserer, Stephen. Allen hier liegt der Schutz unserer Rechte am Herzen, unsere Meinungsfreiheit, und ich glaube, wir haben das richtige Team zusammengestellt, um etwas zu bewirken.«
Er sprach mit dem Selbstbewusstsein eines Mannes, der bereits etwas Bemerkenswertes im Valley auf die Beine gestellt hatte. Dennoch wäre es Stephen lieber gewesen, wenn sein Gegenüber die Stimme gesenkt hätte.
»Ich bin froh, dass es die ACCL gibt«, sagte Stephen. »Ich finde es bewundernswert, was ihr macht, ehrlich. Ich brauche nur noch ein bisschen Bedenkzeit. Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich das sage.«
Obwohl der Gedanke an weitere Werbekampagnen für Diät-Pillen ihm Kopfschmerzen bereitete und er auch nach wie vor an Yuris Jobangebot zu knabbern hatte, wollte Stephen diesmal wirklich über alles gründlich nachdenken. Er wollte nichts überstürzen.
»Hören Sie, alle sind empört über das, was um sie herum passiert. Aber Sie können sich glücklich schätzen: Sie haben die Möglichkeit, etwas dagegen zu tun. Mehr will ich dazu nicht sagen.«
Stephen entspannte sich zum ersten Mal, seit sie hier waren, und das Gespräch gestaltete sich einige Minuten lang weniger anstrengend. Dann schnitt Sebastin ein neues Thema an.
»Stephen, ich weiß nicht, ob Sie überhaupt an die Daten rankommen, aber können Sie mir sagen, welche von den fünftausend Leuten auf der Liste, die Sie mir gegeben haben, finanziell erfolgreich sind und welche nicht? Haben Sie vielleicht irgendeine Idee, wie sich das abschätzen lässt?«
Wie Stephen sich von Anfang an gedacht hatte, wollte Sebastin noch mehr Daten. Klar, dass er ihm vorher ein Jobangebot machte. Schmeicheleien ziehen immer. »Ich könnte das bestimmt herausfinden, aber wozu sollte das gut sein?«
»Vielleicht sind Leute umso leichter durch extremistische Gruppen zu verführen, je weniger Einkommen sie haben, erst recht, wenn sie bereits entsprechende Neigungen haben, wie diese Gruppe von fünftausend sie mutmaßlich hat. Falls es leicht erkennbare Muster gibt, können wir vielleicht eine Sammelklage einreichen, um nachzuweisen, dass niedrige Einkommensschichten unfairerweise ins Visier genommen werden. Das ist natürlich nur ein Schuss ins Blaue, aber können Sie sich vorstellen, wie viel öffentliche Aufmerksamkeit das erregen würde?«
»Ich kann die Informationen besorgen. Sehr viele Leute checken Aktien und Investmentfonds. Ich kann überprüfen, was sie sich so alles angesehen haben. Vielleicht kommen dabei ein paar Leute zusammen. Ich könnte auch feststellen, wie viel Geld Leute mit Ubatoo-Kreditkarten ausgeben. Und wenn das noch nicht reicht, könnte ich herausfinden, wer von ihnen nach Informationen über Zwangsvollstreckungen, Darlehen, Hypotheken, Konkurse und so weiter gesucht hat. Daraus können wir wahrscheinlich folgern, was wir wissen müssen.«
Ehe Sebastin antworten konnte, fügte Stephen hinzu: »Ach, übrigens, wir haben in der Data-Mining-Gruppe einen Praktikanten, der schon mal bei der NSA gearbeitet hat. Könnte sich lohnen, auch zu ihm Kontakt aufzunehmen. Vielleicht hat er ja ein paar gute Tipps.«
Ein verdutzter Ausdruck huschte über Sebastins Gesicht. »Wirklich? Sparen wir uns den lieber für später auf. Nicht, dass noch bei irgendwem die Alarmglocken läuten, ehe wir genug Informationen zusammen haben, damit die Klage eine Chance hat. Ich hoffe, das bringt Sie nicht in eine unangenehme Lage, aber wenn wir vor Gericht etwas erreichen wollen, ist es besser, wenn möglichst wenige Leute wissen, wonach wir suchen.«
»Ich halte ihn für vertrauenswürdig, aber Sie sind der Boss. Wenn Sie seinen Ratschlag brauchen, sagen Sie Bescheid. Es wäre mir ein Vergnügen, Sie mit ihm bekannt zu machen.«
»Danke, Stephen. Gut, ihn in Reserve zu haben. Es hört sich überhaupt alles toll an, was Sie gesagt haben. Eines noch, können Sie für mich auch die Leute rauspicken, die in letzter Zeit die größten finanziellen
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