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Silicon Jungle

Silicon Jungle

Titel: Silicon Jungle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shumeet Baluja
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verstehe, dann weiß doch anscheinend niemand, welche Analysen wir bei der NSA durchführen«, meldete sich der Mann mit dem Kaffeefleck zu Wort. »Immerhin haben Sie noch vor einer Minute behauptet, dass mein Wissenschaftlerteam, oder zumindest elf von ihnen, selbst nicht weiß, was wir machen.«
    Ein Lachen ging durch den Raum. Alan blickte verärgert Richtung Rajive, der seine Möglichkeiten abwog. North Dakota erschien ihm auf einmal wie das Paradies.
    »Wir kaufen Software bei nur einer Handvoll von Firmen. Wenn diese Firmen Informationen weitergeben, worauf Sie wetten können, dann braucht jeder, der aus unseren Analyseverfahren schlau werden will, sie bloß zu fragen. Und ich habe vorhin nicht gemeint, dass Ihre Wissenschaftler nicht wissen, was sie tun. Sie wissen, was sie tun; sie tun bloß nicht das Richtige. Und damit kommen wir zum letzten Problem.« Du wirst begeistert sein, Alan . »Wir haben alles ausgelagert. Das Know-how, das wir intern entwickeln, fördern und pflegen sollten, um die beste Data-Mining- und Geheimdienst-Community zu schaffen, ist so gut wie tot.« Er blickte Alan nicht an, blickte niemanden direkt an. »Mit meinem Master in Betriebswirtschaft kann ich all den promovierten NSA -Mitarbeiter natürlich nicht das Wasser reichen. Aber ich kann Sie auf etwas hinweisen, das ich im Studium gelernt habe: Es nennt sich das Nicht-hier-erfunden-Syndrom. Niemand, erst recht nicht Techniker und Informatiker, hat Vertrauen in etwas, das ein anderer gebaut hat. Und als Manager, Abteilungsleiter, Ressortchef und dergleichen müssen Sie alle tagtäglich diesem Misstrauen begegnen. Nun haben wir aber unsere Kompetenzen ausgegliedert. Zweifellos arbeiten haufenweise Kryptografen daran, ihre eigenen Informationen zu sichern und die Sicherheitssysteme anderer zu knacken, um Zugriff auf verschlüsselte Daten zu bekommen. Aber sobald wir die Daten haben, was dann? Wir geben sie in ›Blackboxes‹ ein, die irgendeine Fremdfirma geliefert hat, und wie von Zauberhand kommt eine Antwort heraus. Aber eine Antwort auf was? So eine Blackbox hat einen gewissen Algorithmus, den irgendein Informatiker entwickelt hat, den wir nicht kennen, um eine Frage zu beantworten, die möglicherweise nicht mehr relevant ist. Was machen unsere eigenen Informatiker?«
    »Unsere Informatiker haben alle Hände voll zu tun. Wir haben uns um dringende Belange zu kümmern. Sollen wir die etwa vergessen?«, sagte der Mann von der NSA.
    Natürlich hatte er recht. Die begehrtesten Informatiker waren diejenigen, die in kurzer Zeit etwas schufen, das unmittelbar verwendbar war. Das gelang ihnen, indem sie externe Technologien integrierten und bewerteten, auf die Gefahr hin, dass ihre eigene Forschung zu kurz kam. Die wenigen, die sich entschieden hatten, ihre Projekte längerfristig anzulegen, wurden in kleine, relativ unbedeutende Gruppen abgeschoben, wo sie in der ständigen Angst vor Mittelkürzungen ihr Dasein fristeten. Das führte ohne Umschweife zu einem weiteren Problem: Wenn nur wenige Informatiker ihre Arbeit mit Begeisterung betrieben, konnte man auch keine neuen Starinformatiker rekrutieren. Die besten und cleversten Kandidaten gingen an Fremdfirmen verloren, die ihnen Fördermittel boten, Forschungsfreiheit und Gehälter in einer Größenordnung, die sich eine staatliche Behörde einfach nicht leisten konnte.
    Den nächsten Punkt würde Rajive ihnen auf einem Silbertablett servieren, damit sie auch morgen noch alle miteinander klarkamen.
    »Wir brauchen mehr. Wir brauchen mehr Informatiker. Wir brauchen mehr Leute, die nicht nur unsere aktuellen Bedürfnisse befriedigen, sondern auch vorausschauen und das Know-how intern wieder aufbauen.«
    Im Grunde wollte er sagen, dass sie jemanden brauchten, der den Mumm hatte, im Zuge einer langfristigen Planung Personal umzuverteilen und sich Gedanken darüber zu machen, wie intelligente Sicherheitsbehörden in fünf, zehn oder sogar zwanzig Jahren arbeiten könnten.
    Drei Minuten vor Ablauf der ihm gewährten zwanzig hatte Rajive alles gesagt, was er sagen musste. Der Vortrag über die potenziellen Ursachen von Informationslecks und die Darstellung der komplexen Verarbeitungsprozesse innerhalb der Sicherheitsbehörden waren in Vergessenheit geraten oder vermutlich gar nicht erst in den Köpfen angekommen. Angekommen war stattdessen der Ruf nach mehr Geld. So folgte der Besprechung allgemeines Händeschütteln, und sogar Alan hatte seinen Unmut abgelegt. Diese Leute hier brauchten

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