Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silicon Jungle

Silicon Jungle

Titel: Silicon Jungle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shumeet Baluja
Vom Netzwerk:
»Wann reist ihr ab?«
    »Ein paar Tage nach deiner Abschlussfeier«, sagte sein Vater und lächelte ihn stolz an. »Deine Mom würde auf keinen Fall früher abreisen.«
    Zum ersten Mal seit Jahren, vielleicht seit er ihn zuletzt Raju genannt hatte, legte sein Vater Rajive einen Arm auf die Schulter. Er sprach leise, fast flüsternd: »Wenn wir nach Hause gehen, verlässt du Grand Forks, verlässt du North Dakota und machst etwas aus deinem Verstand. Es wird Zeit. Das alles hier«, sagte er und zeigte auf den einzigen Gang mit Currypulvern, Gewürzmischungen und getrockneten Daals , um dann mit einer abfälligen Handbewegung auf die anderen acht Gänge mit diversen landwirtschaftlichen Bedarfsartikeln zu deuten, die er, so lange Rajive zurückdenken konnte, jeden Tag systematisch sortiert und arrangiert hatte, »ist nichts für dich.«
     
     
    Mai 2005.
     
    Morgens um 5.30 Uhr erschien auf Rajives BlackBerry eine E -Mail. Er war schon seit einer Stunde auf und bereitete sich auf seine Präsentation vor.
     
    Von: [email protected]
    Betreff: Besprechung und Präsentation in Tysons Corner
     
    Denken Sie an den Starbucks-Kaffee. Bringen Sie auch was zu futtern mit.
     
    Kommen Sie frühzeitig. Ich hab Sie für die erste Präsentation des Tages eingeplant.
     
    – A
     
    Jahre zuvor, nach seinem Abschluss an der Universität von North Dakota, hatte Rajive ein Angebot vom FBI angenommen. Die Verlockungen einer größeren Stadt, die Chance, an einer Universität in Washington seinen Master zu machen, sowie die Tatsache, dass seine engsten Freunde ebenfalls in dasselbe Programm rekrutiert worden waren, stellten für ihn drei äußerst triftige Gründe dar, nicht Nein zu sagen. Anders als seine Kollegen, die zur selben Zeit beim FBI angefangen hatten, schloss er seinen Master erfolgreich ab. In seinem Job leistete er gute Arbeit, ohne sich von ihr auffressen zu lassen. Dann kam der 11. September 2001.
    Wie viele andere, die in einer nationalen Sicherheitsbehörde beschäftigt waren, musste er danach härter arbeiten. Plötzlich waren seine Sprachkenntnisse in Urdu und Hindi gefragter denn je, zumal in Verbindung mit seinem Informatikstudium. Ehe er sich’s versah, boten sich überall Möglichkeiten, sich hervorzutun.
    Als in dem neu gegründeten NCTC , dem National Counterterrorism Center, eine Stelle frei wurde, beantragte Rajive seine Versetzung. In derselben Woche wie er begann dort auch Alan Mayer, ein Deputy Senior Operations Officer, der dabei war, sich einen Namen zu machen. Er war einer der Besten, wenn es darum ging, den Informationsfluss durch die US -Geheimdienstbehörden nachzuvollziehen und zu steuern. Sein Auftrag war es, Informationen über internationale Terrorbedrohungen aus allen möglichen Geheimdienstquellen im In- und Ausland zu sammeln, zu analysieren und in komprimierter Form allen, die sie brauchten, zur Verfügung zu stellen.
    Auf der Besprechung in Tysons Corner, Virginia, einer von Alans zweimal im Monat anberaumten, bereichs- und abteilungsübergreifenden, unkonventionellen Außer-Haus-Veranstaltungen, war Rajive als erster Redner angesetzt. Es war das erste Mal, dass Alan dort einen seiner Untergebenen sprechen ließ. Normalerweise ließ er auf der Versammlung ausschließlich Leute zu Wort kommen, die sich auf derselben Karrierestufe oder lieber noch einer höheren befanden.
    Rajive stand am Kopfende des Tisches, in seinem besten Anzug und mit seiner konservativsten Krawatte, bereit, mit seiner Präsentation loszulegen. Doch Alan, der die Besprechung leitete, hatte es nicht eilig. Er genoss die Aufmerksamkeit.
    »Was liegt denn heute Besonderes an, Alan?«, fragte jemand in einem blauen Anzug von der anderen Seite des Tisches. »Kaffee, Quarkteilchen und Donuts? Was brauchen Sie diesmal von uns?«
    Rajive wartete geduldig, ging noch einmal im Geiste die ersten Folien durch. Er wollte insgesamt achtunddreißig zeigen. Hatte er die ersten paar gut hinter sich gebracht, würde alles wie von selbst laufen.
    Als die Kaffeetassen ein zweites Mal gefüllt worden waren und Alan zur Genüge den Gastgeber gespielt hatte, ergriff er das Wort.
    »Gentlemen, ich möchte Ihnen Rajive vorstellen. Er arbeitet vom ersten Tag an mit mir zusammen am NCTC . In den letzten sechzehn Monaten war er in meinem Auftrag mit einem Projekt befasst, in dem es darum ging, ungeklärte Probleme mit unseren externen Partnern zu dokumentieren.« Dann wandte Alan sich an Rajive. »Rajive, wir sind ein bisschen knapp in der

Weitere Kostenlose Bücher