Silo: Roman (German Edition)
Happen,
nicht weil er Hunger hatte, sondern weil er den heißen Löffel auf der Zunge
spüren wollte. Im Raum herrschte angespannte Stille. Das Flüstern und die
Spiele der Schatten vor der Tür waren leise zu hören.
»Ich habe den Jungs
von der Versorgung im Laufe der Jahre den einen oder anderen Gefallen getan«,
erklärte er. »Also habe ich eine Nachricht geschrieben und ihnen gesagt, dass
es an der Zeit sei, sich zu revanchieren.« Er schaute die versammelten Mechaniker
an und hörte, dass noch mehr Leute nachgekommen waren. Sie standen im Flur und
erkannten an den erstarrten Gesichtern, dass sie sich besser still verhielten.
»Als sie Jules
mitgenommen haben …« Walker machte eine Pause und wischte sich die Augen. »Als
ich das gehört habe, da habe ich in die Versorgung gekabelt, dass sie alles,
was die Arschlöcher aus der IT bestellen, durch
unsere Sachen ersetzen sollen. Nur vom Feinsten, die besten Elektronikteile und
Drähte. Aber so, dass die das nicht mitkriegen.«
»Du hast was ?«,
fragte Knox.
Walker nickte, und
es fühlte sich gut an, die Wahrheit herauszulassen. »Die Anzüge sind dafür
gemacht, dass sie kaputtgehen. Nicht, weil es da draußen nicht schlimm ist, das
glaube ich nicht. Aber sie wollen nicht, dass man außer Sichtweite geht, auf
gar keinen Fall.« Er rührte seinen Haferbrei um. »Sie wollen uns schön
hierbehalten, wo sie uns sehen können.«
»Dann geht es ihr
gut?«, fragte Shirly.
Walker runzelte die
Stirn und schüttelte langsam den Kopf.
»Sag ich doch«,
sagte jemand. »Sie hat längst keine Luft mehr.«
»Sie wäre so oder so
gestorben«, warf jemand anderes ein, und das Gespräch hob wieder an. »Was auch
nur wieder beweist, was für Arschlöcher das sind!«
Da musste Walker
zustimmen.
»Jetzt mal Ruhe
hier!«, brüllte Knox und war selbst am allerwenigsten ruhig. Jetzt, da die
Stille einmal durchbrochen war, wagten sich immer mehr Arbeiter herein. Sie
scharten sich mit besorgten Gesichtern um den Tisch.
»Jetzt ist es
passiert«, murmelte Walker vor sich hin, als er sah, was er angerichtet hatte.
Er beobachtete seine Freunde, seine Mitarbeiter, wie sie immer aufgeregter
wurden und lautstark und leidenschaftlich zu diskutieren begannen. »Jetzt ist
es passiert«, sagte er noch einmal, er spürte, wie der Ausbruch unmittelbar
bevorstand. »Jetzt … jetzt …«
Courtnee, die immer
noch in seiner Nähe stand, hielt ihm die Hand.
»Was ist passiert?«,
fragte sie. Sie bedeutete den anderen, still zu sein, damit sie ihn hören
konnte. Sie beugte sich zu Walker hinunter.
»Walk, sag schon,
was ist passiert? Was willst du sagen?«
»So fängt es an«,
flüsterte er, und es wurde wieder still. Er sah zu ihren Gesichtern auf, sah
die Wut darin, sah, dass die alten Tabus nicht mehr zählten und er sich zu
Recht Sorgen machte.
»Genau so fängt der
Aufstand an …«
38. KAPITEL
»Ihn hatte herbes Elend ausgemergelt […]
Auf dem Sims
Ein
bettelhafter Prunk von leeren Büchsen.«
Lukas
erreichte den vierunddreißigsten Stock. Er hielt den Karton an sich gepresst
und war vollkommen außer Atem, was allerdings weniger mit dem Aufstieg zu
seinem Arbeitsplatz zusammenhing als damit, dass er diverse Gesetze gebrochen
hatte. Er tastete an seiner Brust nach den Gegenständen, die er eingesteckt
hatte, und schmeckte noch immer den metallischen Nachgeschmack des Adrenalins
im Mund.
Nachdem er sich ein
bisschen abgeregt hatte, streckte er die Hand zur IT-Tür aus und hätte sich fast den Knöchel gebrochen, weil
die Tür in diesem Moment nach außen aufgestoßen wurde. Sammi, ein Techniker,
den er kannte, stürmte heraus. Lukas rief ihm hinterher, aber er war bereits
auf und davon, rannte die Treppe hinauf und außer Sichtweite.
In der Eingangshalle
war noch mehr Aufruhr, einer überschrie den anderen. Lukas trat zögernd ein und
fragte sich, was eigentlich los war. Er hielt mit dem Ellbogen die Tür auf und
schlüpfte in den Raum, den Karton unverändert vor der Brust.
Das größte Geschrei
kam von Bernard. Der IT-Chef stand vor der
Sicherheitsschleuse und brüllte einen Techniker nach dem anderen zusammen.
Nicht weit entfernt fiel Sims, der Chef der IT-Sicherheit, auf ähnliche Weise über drei Männer in grauen Overalls her.
Lukas blieb stocksteif stehen, eingeschüchtert von dem aggressiven Gespann an
der Tür.
Als Bernard ihn sah,
verstummte er und bahnte sich einen Weg durch die schweigenden Techniker, um
ihn zu begrüßen. Lukas machte den Mund auf, wollte
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