Silo: Roman (German Edition)
normalerweise auf die Teile warteten, die sie bestellt
hatten und die neu hergestellt oder repariert worden waren. Die langen Gänge
dahinter verliefen sich in dämmriger Ferne, überall waren Regale mit Kisten und
Kästen zu sehen. Es war bemerkenswert still. Normalerweise schallte hier das mechanische
Wummern und Rasseln der Produktion durch die Gänge, oder die Arbeiter
plauderten miteinander, während sie die neuen Schrauben und Muttern in Kästchen
sortierten.
Jetzt herrschte
Schweigen. Knox stand mit seinen Leuten da, die ihre Lasten erschöpft und mit
Schweiß auf der Stirn zu Boden sinken ließen, während die Männer und Frauen aus
der Versorgung sie schweigend beobachteten.
Er hatte mit einer
etwas herzlicheren Begrüßung gerechnet. Die Mechanik und die Versorgung hatten
eine lange gemeinsame Geschichte. Sie betrieben zusammen die kleine Mine unter
den untersten Stockwerken der Mechanik, aus der die Erzvorräte des Silos
stammten.
Aber jetzt, als
McLain ihren Jungs hineinfolgte, warf sie Knox einen wütenden Blick zu.
»Was zum Teufel hat
das zu bedeuten?«
Er war verblüfft
über ihren strengen Ton, und dann auch noch vor seinen Leuten. Er hielt McLain
für ebenbürtig, aber jetzt wirkte sie so bissig wie einer der Wachhunde in der
Versorgung.
Ihr Blick wanderte
an der Reihe der erschöpften Mechaniker und Schatten entlang und dann zu Knox
zurück.
»Bevor wir
irgendetwas anderes diskutieren, will ich hören, was Sie mit den Angestellten
gemacht haben, die für diese Sache verantwortlich sind.« Ihr Blick durchbohrte
ihn. »Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie persönlich nichts damit zu
tun hatten, oder? Dass Sie hier sind, um sich zu entschuldigen?«
Shirly wollte etwas
sagen, aber Knox winkte ab. Es waren zu viele Leute anwesend, die nur darauf
warteten, dass der Streit eskalierte.
»Ja, ich
entschuldige mich«, sagte er und senkte den Kopf. »Und nein, ich habe auch erst
heute Morgen davon erfahren. Nachdem ich von der misslungenen Reinigung gehört
habe.«
»Dann ist euer
Elektriker also allein verantwortlich«, sagte McLain, die dünnen Arme eng über
der Brust verschränkt. »Ein einzelner Mann.«
»Stimmt. Aber …«
»Ich habe den
Leuten, die hier bei uns verantwortlich sind, ihre Strafe zukommen lassen, das
kann ich Ihnen versichern. Und ich nehme an, Sie müssen sich ihrerseits auch
ein bisschen mehr einfallen lassen, als den alten Knacker bloß in sein Kabuff
zu sperren.«
Hinter der Theke
wurde gelacht. Knox legte Shirly eine Hand auf die Schulter, damit sie ruhig
blieb. Er sah an McLain vorbei auf die Männer und Frauen hinter ihr.
»Sie sind gekommen
und haben eine unserer Arbeiterinnen mitgenommen«, sagte er. So schwer ihm das
Herz auch war, seine Stimme dröhnte noch immer. »Sie wissen, wie so was läuft.
Wenn sie ein Opfer für die Reinigung wollen, dann holen sie sich eines.«
Er klopfte sich auf die Brust. »Und ich habe sie gelassen . Ich bin ruhig
geblieben, weil ich dem System vertraut habe. Weil ich Angst hatte,
genau wie jeder hier im Raum.«
»Nun ja«, fing
McLain an, aber Knox unterbrach sie mit dieser Stimme, die es gewohnt war, über
den Lärm der Maschinen hinweg Anweisungen zu geben.
»Eine meiner
Arbeiterinnen ist weggebracht worden, und es war der Älteste und der Klügste
von uns, der ihretwegen eingegriffen hat. Es war der Schwächste und
Ängstlichste von uns, der seinen Kopf hingehalten hat. Und an wen auch immer er
sich hier in der Versorgung gewandt hat, damit er ihm hilft, ich schulde Ihnen
mein Leben.« Knox blinzelte und fuhr fort: »Jules hat die Möglichkeit bekommen,
über den Hügel zu gehen und in Frieden außer Sichtweite zu sterben. Und mir hat dieser Morgen die Augen geöffnet. Ich kann endlich durch den Lügenschleier
sehen, hinter dem wir hier alle leben.«
»Das reicht!«,
bellte McLain. »Man wird ja schon zur Reinigung geschickt, wenn man sich diesen
Unsinn auch nur anhört .«
»Das ist kein
Unsinn!«, schrie Marck von hinten. »Juliette ist tot, weil …«
»Sie ist tot, weil
sie die Gesetze gebrochen hat«, sagte McLain. »Und jetzt kommen Sie hier
hochmarschiert, um noch mehr Gesetze zu brechen? Auf meinem Stockwerk?«
»Wir wollen Köpfe
rollen sehen«, sagte Shirly.
»Lasst das«, sagte
Knox zu den beiden. Er sah die Wut in McLains Augen, aber er sah auch noch
etwas anderes: sporadisches Nicken und gerunzelte Stirnen in den Reihen hinter
ihr.
Ein Träger mit einem
leeren Sack in der Hand trat ein und sah sich
Weitere Kostenlose Bücher