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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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an.
    Dann waren die
Stiefel dran, die sie an den Knöcheln aufschnitt und dann seitlich
aufschlitzte, bis sie sie ganz ausziehen konnte, erst den einen, dann den
anderen.
    Bevor sie die
verbleibenden Fetzen entfernte, stand sie auf und stieg weiter die Treppe
hinunter, um mehr Abstand zwischen sich und die Luft von draußen zu bringen.
Sie hatte noch immer dieses Kratzen im Hals. Zwei Stockwerke weiter unten, im
grünlichen Licht der Treppenhausbeleuchtung, wurde ihr plötzlich bewusst, dass
sie lebte.
    Sie lebte.
    Wie lange noch, war
nicht klar, aber zunächst einmal waren das spektakuläre Neuigkeiten. Sie hatte
drei Tage damit verbracht, die Treppe im alten Silo hinaufzusteigen, und sich
dabei mit ihrem Schicksal im Grunde schon abgefunden. Einen weiteren Tag und
eine Nacht hatte sie in der Zelle gesessen und sich vorgestellt, wie sie am
folgenden Tag als Leiche draußen die Landschaft verzieren würde. Und dann das .
Sie hatte einen theoretisch unmöglichen Marsch bewältigt, hatte eine verbotene
Wildnis durchquert, hatte vollkommen unbekanntes Land betreten. Sie lebte!
    Was auch immer als
Nächstes passieren würde, in diesem Moment sprang Juliette erst einmal die
Treppe hinunter, barfuß, den kalten Stahl an ihren Fußsohlen, und die Luft
kratzte mit jedem Atemzug weniger im Hals, und der Gestank des Todes und die
Erinnerung daran blieben immer weiter hinter ihr zurück.
    * * *
    Im
sechsten Stock hielt sie inne und setzte sich hin, um die Reste ihres
Schutzanzugs zu entfernen. Vorsichtig schlitzte sie den schwarzen Unteranzug an
Schultern und Schlüsselbein auf, arbeitete sich um ihren Rumpf herum und riss
am Rücken die Teile des hitzebeständigen Klebebands ab, die dort noch immer
hingen. Als der Helmring erst einmal vom Stoff gelöst war, konnte sie ihn
endlich vom Hals ziehen. Sie ließ ihn zu Boden fallen, streifte dann den Rest
des Karbonfaserstoffs ab und ließ alles auf einem Haufen vor der Doppeltür zum
sechsten Stock liegen.
    Der sechste war
vermutlich ein Wohnungsstockwerk, fiel ihr ein. Sie spielte mit dem Gedanken,
hineinzugehen und um Hilfe zu rufen oder in den vielen Zimmern nach Kleidung
und Lebensmitteln zu suchen, aber der Impuls, weiter nach unten zu gehen, war
stärker. Der obere Bereich fühlte sich vergiftet an und war ihr noch zu nah.
Egal, ob sie sich das nur einbildete oder ob es mit den schlechten Erfahrungen
zusammenhing, die sie gerade erst mit dem Leben im oberen Teil ihres eigenen
Silos gemacht hatte – sie spürte eine körperliche Abneigung gegen diesen
Bereich. Unten war es sicherer. So war es ihr schon immer vorgekommen.
    Aus der oberen Küche
hatte sich ihr ein hoffnungsvolles Bild eingeprägt: reihenweise Konservendosen
und eingemachte Lebensmittel. Juliette ging davon aus, dass es in den unteren
Speisesälen noch weitere Vorräte gab. Und die Luft im Silo schien auch in
Ordnung zu sein. Der beißende Geschmack auf ihrer Zunge ließ nach, je tiefer
sie kam, auch das Stechen in ihrer Lunge wurde schwächer. Entweder es gab in
dem großen Silo noch ausreichend alte Luft, die von niemandem verbraucht wurde,
oder die Maschinen waren noch in Betrieb. Sie ließ ihre zerrissene Kleidung
liegen und ging nackt, nur mit einem großen Kochmesser bewaffnet, die
Wendeltreppe hinunter. Ihr Körper fühlte sich mit jedem Schritt lebendiger an,
und ihr Kopf war entschlossen, dass sich an diesem Zustand nichts ändern
sollte.
    * * *
    Im
dreizehnten Stock blieb sie stehen und schaute hinter die Türen. Es war
zumindest möglich, dass dieser Silo ganz anders aufgebaut war, die Stockwerke
anders angelegt. Ganz oben gab es nur wenige Bereiche, mit denen sie wirklich
vertraut war – bisher schien jedoch alles eine exakte Kopie des alten Silos
gewesen zu sein. Im Dreizehnten würde sie es genau wissen. Als sie die Tür
aufschob, hatte sie nicht das Gefühl, in einem anderen Silo zu sein, einem
verlassenen Geistersilo, sondern als würde sie ihre eigene Vergangenheit
betreten. Es war, als würde sie die Tür zu ihrer Jugend aufstoßen.
    Drinnen war es dunkel,
keine Notbeleuchtung oder sonst ein Licht war zu sehen. Es roch anders. Die
Luft war abgestanden und schmeckte faulig.
    Juliette rief in den
Flur: »Hallo?«
    Ihre Stimme hallte
von den Wänden zurück, schwächer und höher als ihre tatsächliche Stimme. Sie
stellte sich vor, sie wäre es selbst, die mit neun Jahren über diesen Flur
rannte und ihrem älteren Ich etwas zurief. Sie versuchte, sich ihre Mutter
vorzustellen, wie sie hinter

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