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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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dem Finger machte
er eine kreisende Bewegung über seinem Scheitel und deutete den langen Weg an, der
vor ihnen lag.
    »Noch nicht«, sagte
Juliette. »Erst essen wir auf der Farm. Dann müssen wir in der Versorgung noch
ein paar Sachen holen. Und dann muss ich im Serverraum eine Weile allein sein.
Bevor wir uns in der Werkstatt an die Arbeit machen, will ich einen Anruf
machen.«
    »Einen Anruf!« Solo
verzog das Gesicht. »Du hängst die ganze Zeit an diesem blöden Ding!«
    Juliette beachtete
ihn nicht, sie machte sich an den Aufstieg, schleppte sich den weiten Weg zur IT hinauf – zum fünften Mal in drei Wochen. Sie wusste,
dass Solo recht hatte, sie verbrachte zu viel Zeit mit den Anrufen, mit diesem
Headset auf dem Kopf. Sie wusste, dass es Wahnsinn war, dass sie allmählich
verrückt wurde. Doch wenn sie hinter dem leeren Serverschrank mit dem Mikro an
den Lippen saß und die Welt von den Kopfhörern über ihren Ohren zum Verstummen
gebracht wurde, wenn sie nur diesen Draht hatte, der sie aus einer toten Welt
mit einer Welt verband, in der es noch Leben gab, dann hatte sie zumindest
kurzzeitig das Gefühl, im Silo 17 noch bei Verstand zu sein.

57. KAPITEL
    Silo 18
    … wütete der Bürgerkrieg in den dreiunddreißig Bundesstaaten. In diesem Krieg wurden mehr Amerikaner getötet als in
allen späteren Konflikten zusammen, jeder Tote war ein Verlust für die gesamte
Nation. Vier Jahre lang wurde das Land verwüstet. Als sich der Rauch über den
Schlachtfeldern verzogen hatte, lagen dort Berge von Gefallenen. Über eine
halbe Million Menschenleben wurden ausgelöscht, einigen Schätzungen zufolge
sogar fast doppelt so viele. Krankheiten, Hunger und Leid beherrschten das
Leben der Menschen …
    Die
Seiten des Buches leuchteten blutrot auf, als Lukas zu den Schilderungen der
Schlachten kam. Er hielt im Lesen inne und blickte an die Deckenlampen. Ihr
gleichförmiges weißes Licht hatte sich in ein pulsierendes rotes Blinken
verwandelt – jemand hatte also den Serverraum über ihm betreten. Er klappte den
alten Band zu, steckte ihn vorsichtig in seinen Blechschuber, dann schob er ihn
in die Lücke auf dem Regal – und die große Wand voller silbriger Buchrücken war
wieder komplett. Er ging still durch den Raum, beugte sich über den Rechner und
bewegte die Maus, woraufhin sich der Monitor einschaltete.
    Ein Fenster mit
einem verzerrten Überwachungsbild des Serverraums öffnete sich. Das war eine
weitere Besonderheit dieses Raums, der vor Bildern überquoll – man konnte auch
ferne Orte beobachten. Lukas suchte die Bilder der verschiedenen Kameras ab,
überlegte, ob vielleicht Sammi oder ein anderer Techniker in den Serverraum
gekommen war, um etwas zu reparieren. Sein knurrender Magen hoffte vor allem,
es wäre jemand, der ihm das Mittagessen brachte.
    Auf Kamera vier
entdeckte er schließlich den Besucher – eine kleine Gestalt im grauen Overall
mit Brille und Schnauzbart. Er ging leicht gebeugt, er trug, zum Teil auf
seinem Bauch abgestützt, ein Tablett mit Geschirr, einem Glas Wasser und einem
abgedeckten Teller. Bernard blickte in die Kamera, als er vorbeiging, seine
Augen waren stechend, unter seinem Bart kräuselte sich ein dünnes Lächeln.
    Lukas stand vom Rechner
auf und eilte über den Flur, um die Luke für Bernard zu öffnen. Seine nackten
Sohlen machten ein leises Geräusch auf dem kalten, geriffelten Stahlboden.
Geübt und wendig stieg er die Leiter hinauf und schob den abgewetzten roten
Riegel zur Seite. Als er die Luke öffnete, fiel Bernards Schatten auf die
Leiter. Das Scheppern des Tabletts verklang.
    »Heute verwöhne ich
dich mal«, sagte Bernard. Er schnupperte und deckte den Teller auf. Ein
Dampfwölkchen quoll unter der Speiseglocke hervor, und zwei Reihen
Schweinerippchen kamen zum Vorschein.
    »Wow!« Schon beim
Anblick des Essens meldete sich Lukas’ Magen. Er kletterte durch die Luke nach
oben und setzte sich auf den Boden, seine Füße baumelten neben der Leiter. Er
nahm das Tablett auf den Schoß und das Besteck zur Hand. »Ich dachte, das Essen
wäre streng rationiert, zumindest bis der Aufstand vorbei ist.«
    Er schnitt ein Stück
Fleisch ab und steckte es sich in den Mund. »Aber ich will mich ja nicht
beklagen.«
    »Eigentlich sind die
Rationen noch nicht wieder vergrößert worden«, sagte Bernard. »Aber wir haben
eine Widerstandszelle oben im Marktbereich ausgehoben, und das arme Schwein ist
in den Kugelhagel geraten. Und ich wollte das Fleisch nicht vergeuden,

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